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Interessengruppen bei der Realisierung von vernetzten Mobilitätsangeboten

Erstellt am: 26.01.2004 | Stand des Wissens: 18.02.2021
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
TU Dresden, Professur für Kommunikationswirtschaft, Prof. Dr. Ulrike Stopka

Zur Erstellung, Erweiterung oder Erneuerung der verschiedenen Angebotsformen von Parkierungsanlagen zur Vernetzung sowie von individualisierten Mobilitäts- und Taxiangeboten gehören üblicherweise viele Personen, Gruppen oder Institutionen, die durch die jeweiligen Aktivitäten der Unternehmung direkt oder indirekt betroffen sind. Diese Interessengruppen versuchen das Vorhaben in seinem gesamten Kontext zu erfassen und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Anspruchsgruppen in Einklang zu bringen. Zu den Hauptbeteiligten zählen die folgenden Akteure:
  • Der Bund unterstützt die Umsetzung des Vorhabens durch die Förderung und die anteilige Finanzierung von Forschungsvorhaben und Modellprojekten. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) übernimmt dabei den Dialogprozess und wirkt bei der Gestaltung der Maßnahmen im Handlungsfeld Politik und Planung mit. Zusätzlich unterstützt es die Akteure in nationalen und europäischen Gremien. In seinem Zuständigkeitsbereich (Bundesebene) sorgt das BMVI für eine nachhaltige Umsetzung der Ziele und Maßnahmen und unterstützt dies sowohl auf der gesetzgeberischen als auch auf der programmatischen Seite.
  • Die Länder beteiligen sich an der Umsetzung der Maßnahmen und stellen die Mitarbeit in Gremien sicher. Sie streben eine Verabschiedung von Vorhaben in übergeordneten Gremien an, prüfen Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten und achten besonders auf Anknüpfungspunkte zu laufenden Landesinitiativen. Sie sorgen für eine nachhaltige Umsetzung der Ziele und Maßnahmen in ihren Zuständigkeitsbereichen (ordnungspolitischer Rahmen, Programmebene) und unterstützen dies in ihrer Funktion als Gesetzgeber, Aufgabenträger und Genehmigungsbehörde.
  • Die Kommunen sowie deren Verbände unterstützen die Umsetzung von Maßnahmen und stellen personelle Ressourcen (gegebenenfalls über Delegationen) für die Mitarbeit in den Gremien des Vorhabens bereit. Im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten befördern sie eine nachhaltige Umsetzung der Ziele und Maßnahmen auf kommunaler Ebene, insbesondere durch Steuerungsmöglichkeiten der Aufgabenträger (zum Beispiel Nahverkehrspläne und Verkehrsverträge).
  • Die Verkehrsunternehmen und -verbünde beteiligen sich an der Umsetzung der Maßnahmen und stellen die Mitarbeit in den Gremien des Vorhabens sicher. Sie binden ihre eigenen Fachgremien in die Umsetzungsphase ein und streben eine Verabschiedung des Vorhabens in übergeordneten Gremien an. Sie beteiligen sich an der Finanzierung einzelner Maßnahmen. Darüber hinaus sorgen sie für eine nachhaltige Umsetzung der Ziele und Maßnahmen, insbesondere in Handlungsfeldern der Organisation und des Betriebs sowie der Technologie und Standardisierung.
  • Die Kunden/Fahrgäste sowie die Verbraucherzentrale Bundesverband und gegebenenfalls weitere Kundenvertreter beteiligen sich an der Umsetzung der Maßnahmen und stellen die Mitarbeit in den Gremien sicher. In die Entwicklung und Erprobung neuer technischer Lösungen werden Kunden und Kundenvertretungen frühzeitig eingebunden. Darüber hinaus beteiligen sie sich an einer gemeinsamen Kommunikation über das Vorhaben gegenüber der Fachöffentlichkeit und Öffentlichkeit.
  • Die Industrie beteiligt sich in Form von verschiedenen Branchenverbänden und -foren an der Umsetzung eines Vorhabens im Rahmen der festgelegten Maßnahmen und arbeitet in entsprechenden Gremien mit. Darüber hinaus beteiligen sich die Industrievertreter an der gemeinsamen Kommunikation zum Vorhaben gegenüber der eigenen Fachöffentlichkeit und der allgemeinen Öffentlichkeit.
  • Die Mobilitätsdienstleister beteiligen sich an der Umsetzung von Maßnahmen und stellen die Beteiligung ihrer Branche in den entsprechenden Gremien sicher. Über eine standardisierte Schnittstelle sollen die multi- und intermodalen Mobilitätsplattformen des ÖPNV zukünftig auf eine möglichst breite Auswahl an Mobilitätsdienstleistungen zugreifen können.
  • Die Wissenschaft, in Gestalt von Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen, beteiligt sich an Initiierung, Erarbeitung und inhaltlicher Umsetzung von Maßnahmen. Darüber hinaus übernimmt sie deren Evaluation und kontinuierliches Monitoring. [DVOV20, S. 54 f.]

    Aufgrund dessen ist es zur erfolgreichen Umsetzung verkehrspolitischer Ziele besonders wichtig, alle Akteure möglichst von Anfang an in die jeweiligen Entscheidungsprozesse einzubinden.
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Literatur
[DVOV20] Akteure des Dialog- und Stakeholderprozesses im Rahmen der Initiative "Digitale Vernetzung im Öffentlichen Personenverkehr" (Hrsg.) Digitale Vernetzung im Öffentlichen Personenverkehr - Roadmap 2.0 (Langfassung), 2020/12
Weiterführende Literatur
[TÜVRh16] TÜV Rheinland Consulting GmbH Digitale Vernetzung im öffentlichen Personenverkehr - Roadmap, 2016/07
[PaRi16] Parzinger, Gerhard, Rid, Wolfgang, Müller, Ulrich, Grausam, Michael, Elektromobilität im Carsharing - Status Quo, Potenziale und Erfolgsfaktoren, 2016/05
[INZELL09] Arbeitskreis Park & Ride regional (Hrsg.) P+R Anlagen - Planen, Bauen und Betreiben. Ein Praxis-Leitfaden der Inzell-Initiative, Ausgabe/Auflage 1. Auflage, München, 2009
[Moln16] Molnar, Akos Wettbewerbsrecht im Taxigewerbe, 2016/11
Glossar
Aufgabenträger
Aufgabenträger bestellen bei den Verkehrsunternehmen die im Rahmen der Daseinsvorsorge gewünschten Nahverkehrsleistungen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und dem straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Im SPNV sind seit Bahnreform und ÖPNV-Regionalisierung im Jahr 1995/96 anstelle des Bundes die Länder für die Planung, Organisierung und Finanzierung verantwortlich. In einigen Ländern sind die Aufgabenträger für das gesamte Land zuständig, wie in Bayern, in anderen betreuen sie regional abgegrenzte Gebiete, wie in Nordrhein-Westfalen. Teilweise wird die Aufgabenträgerschaft den Verkehrsverbünden zugewiesen, wie in Hessen.
Die Aufgabenträgerfunktion für den straßengebundenen ÖPNV ist den Landkreisen oder kreisfreien Städten zugeordnet.
Erneuerung Im Kontext der Straßenerhaltung bezeichnet der Begriff "Erneuerung" die vollständige Wiederherstellung einer Verkehrsflächenbefestigung oder von Teilen davon, sofern mehr als die Deckschicht betroffen ist. Bei der Bauwerkserhaltung beschreibt der Begriff den Ersatz von Bauteilen oder Bauteilgruppen.
Stakeholder Stakeholders sind alle internen und externen Personengruppen, die von den unternehmerischen Tätigkeiten gegenwärtig oder in Zukunft direkt oder indirekt betroffen sind. Gemäß Stakeholder-Ansatz wird ihnen - zusätzlich zu den Eigentümern (Shareholders) - das Recht zugesprochen, ihre Interessen gegenüber der Unternehmung geltend zu machen. Eine erfolgreiche Unternehmungsführung muss die Interessen aller Anspruchsgruppen bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?72116

Gedruckt am Samstag, 2. Dezember 2023 12:21:46