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Gefahrguttransport auf der Schiene

Erstellt am: 01.12.2003 | Stand des Wissens: 05.03.2024
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) § 2 Absatz 1 wird Gefahrgut wie folgt definiert: "Gefährliche Güter sind Stoffe und Gegenstände, von denen auf Grund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere und Sachen ausgehen können" [GGBefG]. Nach Maßgabe ihrer spezifischen chemischen Reaktionseigenschaften wie Explosivität, Entzündbarkeit oder Giftigkeit werden die betreffenden Stoffe in neun Gefahrgutklassen und sieben Unterklassen gegliedert. Die Abbildung 1 zeigt einen Überblick der hinsichtlich des Eisenbahnverkehrs relevanten Gefahrgütergruppen sowie deren Transportaufkommensverteilung aus dem Jahr 2018.

Anteil der Gefahrgutklassen an der Gesamtgefahrenguttransportmenge der Eisenbahn in 2018 .pngAbb. 1: Anteil der Gefahrgutklassen an der Gesamtgefahrenguttransportmenge der Eisenbahn in 2018 (eigene Darstellung, basierend auf [StaB21a])
Im Jahr 2018 lag die Gefahrgutbeförderungsmenge über die Eisenbahn bei 25.006 Millionen Tonnenkilometern und machte somit über 20 Prozent der Gesamttransportleistung der Eisenbahn aus. [StaB21a]

Gefahrguttransporte auf der Schiene erfuhren u. a. durch die "Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID)" von 1890 eine detaillierte, europaweit einheitliche Regelung. Sie liegt seit dem 1. Januar 2007 in einer Neufassung vor und wurde zuletzt routinemäßig zum 1. Juli 2009 modifiziert. Im November 2022 kam es zur 23. RID-Änderungsverordnung [BGBl. 2023 II Nr. 249]. Die RID verpflichtet Verlader, Befüller, Beförderer, Empfänger oder gegebenenfalls Betreiber der Schieneninfrastruktur dazu, schwere Unfälle oder Zwischenfälle im Zusammenhang mit Gefahrguttransporten an die zuständige Behörde zu melden. Auf der Schiene kam es im Jahr 2013 zu 48 Unfällen bei Gefahrguttransporten, wobei in 67 Prozent der Fälle gefährliches Material freigesetzt wurde. [Euro17a]

Aufgrund einiger schwerer Gefahrguttransportunfälle Ende der 90er Jahre wurde seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) die Arbeitsgruppe "Tank- und Fahrzeugtechnik" ins Leben gerufen. Diese erarbeitete eine umfassende Prioritätenliste zur Verbesserung der Betriebssicherheit im Schienengüterverkehr. Darin diskutierte Maßnahmen beinhalten Überlegungen zur Umsetzbarkeit an Alt- und Neuwagen und berücksichtigen das jeweilige Kosten-Nutzen-Verhältnis. Schwerpunktbereiche entsprechender Ansätze sind:
  • Dom / Domdeckel,
  • Füll- und Entleereinrichtungen,
  • automatische Überwachungssysteme zur Bremsluftkontrolle,
  • Charakteristik und Form von Puffer / Pufferteller,
  • äußere Gestaltung des Tanks, insbesondere die Anbauten,
  • Crash-Elemente,
  • Schutzabstand zwischen Tankboden und Pufferbohle sowie
  • Sicherheitsniveau des Tanks (Arbeitsaufnahmevermögen).

[BMVBS02, S.4; Kell03]

Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Literatur
[BMVBS02] o.A. Abschlussbericht der Arbeitsgruppe "Tank- und Fahrzeugtechnik" , 2002/02
[EUKOM09h] u. A. Huggins, Dominic Panorama of Transport, 2009, ISBN/ISSN 1831-3280
[Euro17a] Eurostat (Hrsg.) Archive: Transport accident statistics, 2017
[Kell03] Kellerhaus, Hermann-Josef Crash-sicher in die Weiche, veröffentlicht in DVZ, Deutscher Verkehrs-Verlag GmbH Hamburg, 2003/03/08
[Reim09] Reim, Uwe Gütertransport 2007: Jede 12. transportierte Tonne war Gefahrgut, Wiesbaden, 2009/07/16
[Reim10] Reim, Uwe, Dipl.-Volkswirt Gefahrguttransporte 2008, Wiesbaden, 2010
[StaB21a] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Gefahrguttransporte: Ergebnisse der Gefahrgutschätzung 2018, 2021
[StBu12c] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Gefahrguttransporte 2010, Ausgabe/Auflage Fachserie 8 Reihe 1.4, 2012/11/06
Weiterführende Literatur
[BMVBS05] Projektgruppe "Lagebild Gefahrgut" 5. Lagebild Gefahrgut, Ausgabe/Auflage 5, 2005/07
[STIN04b] o. A. Stinnes Logistics - Erster Notfallworkshop bei Dow in Schkopau, Ausgabe/Auflage 04/01, 2004/08
[BGBl. 2023 II Nr. 249] Bundesgesetzblatt Teil II Nr. 249
[GGBefG] Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter - Gefahrgutbeförderungsgesetz
[RIDb] RID - Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter
Glossar
Schienengüterverkehr
Unter Schienengüterverkehr (SGV) wird der Transport von Gütern mit der Eisenbahn verstanden. Diese werden in Güterzügen unter Verwendung (spezieller) Güterwagen befördert. Diese Verkehre können entweder auf gesonderten Güterverkehrsstrecken oder im Mischverkehr, auf gemeinsam durch den Güter- und Personenverkehr genutzten Strecken, realisiert werden. Leistungen des Schienengüterverkehrs werden häufig als Teil einer Logistikkette in logistische Gesamtkonzepte eingebunden.
Verlader Der Verlader ist derjenige Teilnehmer in der Transportkette, der die Ladung/Transportgut erstmals aufgibt. Unter einem Verlader versteht man ein Unternehmen, das Logistikdienstleistungen (Transport, Verladen etc.) bei einem Logistikdienstleister in Auftrag gibt.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?67536

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 12:02:29