Überpufferungsschutzeinrichtungen im Schienengüterverkehr
Erstellt am: 28.11.2003 | Stand des Wissens: 22.03.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Eine Begleiterscheinung von Unfällen im Schienengüterverkehr ist häufig ein Überpufferungsvorgang. Dabei gleiten die Puffer der zusammenstoßenden Waggons so übereinander, dass der reguläre Abstand der Wagen untereinander sowie zwischen deren Aufbauten nicht mehr eingehalten wird. Die Folge ist die Gefahr des sogenannten "Aufkletterns" der Wagen und deren gegenseitigen Beschädigung. Insbesondere können Bauteile des Fahrgestells und der Aufbauten mit geringen Querschnittsflächen (zum Beispiel Zughaken, Leiterteile etc.) die Aufbauten des anderen Wagen (zum Beispiel Tanks) durchstoßen und einen Ladegutaustritt herbeiführen. Unterstützend wirken dabei die hohen Massen der Fahrzeuge. [OTIF03, S. 2]
Überpufferungsschutzeinrichtungen sollen eine vollständige Überpufferung mit den beschriebenen Folgen verhindern. Wegen der festliegenden geometrischen Abmessungen (Vorbaulänge etc.) bei vorhandenem Wagenbestand werden derartige Einrichtungen überwiegend im Zuge von Fahrzeugneubauten berücksichtigt. So wurde 2002 die Umrüstung des vorhandenen Wagenparks von Seiten der durch das ehem. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe "Tank- und Fahrzeugtechnik" als wirtschaftlich nicht vertretbar angesehen. Dagegen hielten sich bei einer Umsetzung der Maßnahmen bei Neufahrzeugen die "Gewichts- und Kostenerhöhungen in betriebswirtschaftlich vertretbaren Grenzen" [BMVBS02, S. 13].
Zur Vermeidung von Schäden durch Überpufferung wurden verschiedene Alternativmaßnahmen vorgeschlagen:
- Erhöhung der Wanddicke von Tanks
- Verwendung alternativer Werkstoffe mit einem höheren Arbeitsaufnahmevermögen
- Sandwich-Cover an den Tankböden
- Schutzschild an jedem Wagenende (Abbildung 1)
[BMVBS02, S. 13].
Alternative Maßnahmen können jedoch lediglich der Eindämmung des Gesamtausmaßes eines Unfalls dienen.
Abb. 1: Chlorwagen mit Schutzschild [OTIF03, S. 2]
Bedeutend wichtiger ist es, die Überpufferung im Vorhinein zu verhindern. Beispielhaft hinsichtlich der Umsetzung diverser Sicherheitsmaßnahmen ist das sogenannte "Safe Tank Car" der Firma Wascosa AG zu nennen. Hierbei handelt es sich um einen modifizierten Kesselwagen mit diversen Sicherheitsausrüstungselementen (Abbildungen 2 und 3). Neben dem Überrollschutz, den Crash-Puffern und dem Entgleisungsdetektor wurde ein Überpufferungsschutz angebracht, welcher das Aufklettern in der Entstehung verhindert. Zur Gewichtseinsparung wurde der gesamte Wagen durch eine Leichtbauweise optimiert. Das Nachrüsten an bestehenden Wagen ist allerdings nicht ohne Weiteres möglich. [MaSc11] Das skizzierte Sicherheitspaket ist seit Sommer 2010 erfolgreich im Einsatz und übertrifft die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben [Wasc11].
Abb. 2: Safty-Tank-Car [Wasc11]
Abb. 3: Überpufferungsschutz [Wasc11]