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Deutsche Ostseehäfen

Erstellt am: 29.10.2003 | Stand des Wissens: 18.09.2023
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Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Die Häfen der deutschen Ostseeküste sind überwiegend durch den ostseeinternen Fähr- und Ro/Ro-Verkehr und den Umschlag von Massengütern geprägt. 13 Prozent des Welthandelsaufkommens (Import und Export) entfallen auf die Ostseeanrainerstaaten [IHKSH20, S. 7]. Anders als in den Nordseehäfen spielt der Containerverkehr hier eine untergeordnete Rolle. Die wichtigsten deutschen Ostseehäfen sind Rostock und Lübeck. Der Fährhafen Puttgarden bietet über die Ostsee die kürzeste Verbindung von Deutschland nach Dänemark, hat aber seit Öffnung der festen Querung des Großen Beltes und der Einstellung des Eisenbahngüterfährverkehrs an Bedeutung eingebüßt. Allerdings gilt Puttgarden als der größte norddeutsche Fährhafen bezogen auf die Anzahl beförderter Passagiere, 2020 wurden dort über 2,4 Millionen Passagiere befördert [IHKSH20, S. 12]. In Kiel ist der Fährverkehr mit Skandinavien das Kerngeschäft, es werden aber auch Massengüter umgeschlagen. In Sassnitz-Mukran dominiert der Fährverkehr mit Schweden und Litauen. Flensburg, Wismar, Stralsund, Wolgast und weitere kleine Häfen sind spezialisiert auf Massengüter beziehungsweise bestimmte Massenstückgüter und haben insbesondere regionale oder lokale Bedeutung.
Guterumschlag Ostseehaefen bis 2019.pngAbbildung 1: Güterumschlag deutscher Ostseehäfen 2010 bis 2021 (eigene Darstellung nach [ZDS20a, S.58])
Der Seehafen Rostock ist der größte Hafen an der deutschen Ostseeküste. Der Hafen bietet eine Fläche von 750 Hektar und eine Kailänge von 11 Kilometer mit 47 Schiffsliegeplätzen, von denen 25 Spezialliegeplätze sind [RoPo19]. Der Güterumschlag im Seehafen Rostock wird vom Fähr- und RoRo-Verkehr mit dem Ostseeraum geprägt. Wichtigster Korrespondenzhafen ist Trelleborg. Im Jahr 2022 wurden in Rostock 21,5 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Außerdem fuhren 2022 knapp 2,5 Millionen Schiffsreisende von oder nach Rostock, was Rostock zum zweitgrößten deutschen Fähr- und Kreuzfahrthafen macht [RoPo23]. Im Jahr 2018 wurde beschlossen, der Hafen solle in den nächsten fünf Jahren umfangreich ausgebaut werden, hierzu wurde eine Rekordsumme von 250 Millionen Euro festgelegt. Im Zuge des Ausbaus wird das Hafenbecken auf 14,5 Meter vertieft, damit Massengutschiffe bis 250 Meter Länge anlegen können. Weiterhin soll in Warnemünde ein neues Kreuzfahrtterminal gebaut werden, sowie das Hafenbecken 23 generalüberholt. Zuletzt wird ein 170 Meter hoher Verladekran errichtet [NDR18g]. 
Lübeck ist der zweitgrößte deutsche Ostseehafen und nach Hamburg und Bremen/Bremerhaven drittgrößter Universalhafen Deutschlands und in 2020 der umschlagsstärkste RoRo-Hafen der gesamten Ostsee [IHKSH20, S.10]. Er gliedert sich in 5 Hafenteile mit einer Gesamtfläche von 155 Hektar und 24 Schiffsanlegern. 2022 wurden 16,4 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Die Zahl der Passagiere im Reiseverkehr lag im Jahr 2022 bei knapp 437.730 [Dest23g]. Ein Großteil des Lübecker Hafenumschlags entfallen auf den Fähr- und RoRo-Verkehr. Über eine starke Position verfügt der Hafen im Import von Forstprodukten wie Papier und Zellulose. Wichtigster Hafenbereich ist der Skandinavienkai, der mit neun Anlegern, von denen drei über Gleisanschlüsse verfügen, der größte Fährhafen Europas ist. Pro Woche finden hier etwa 80 Abfahrten statt, von rund 120 Abfahrten, die der Lübecker Hafen insgesamt anbietet [BREM14a, S. 4]. Der Containerumschlag im Hafen Lübeck belief sich im Jahr 2018 auf 150.758 TEU [IHKSH20, S. 11].
Der Seehafen Kiel bietet eine Kailänge von 5.030 Metern mit 20 Liegeplätzen. Der größte Hafenbereich ist der Ostuferhafen, in dem RoRo-Verkehre mit den Staaten Osteuropas und Skandinaviens dominieren. Im Jahr 2022 wurden in Kiel 7,67 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. Das Passagieraufkommen im Fährverkehr belief sich 2022 auf 1,48 Millionen Passagiere [HaV22]. Kerngeschäft ist hier der Fährverkehr mit Skandinavien. Nachdem im Jahr 2019 der Güterumschlag des Seehafens leicht gesunken war, wird für die kommenden Jahre wieder ein Anstieg erwartet, durch die Fertigstellung des Ausbaus des Güterbahnhofs in Kiel-Meimersdorf mit einem Gleis von 700 Metern Länge statt bisher 550 Metern, aber auch durch den Einsatz eines neuen Frachtschiffes [SK20]. 
Der Fährhafen Sassnitz liegt an der Ostseite der Insel Rügen unmittelbar an der offenen See und ist Deutschlands größter Eisenbahnfährhafen und die kürzeste Seeverbindung von Deutschland nach Skandinavien und das Baltikum. Der maximale Tiefgang beträgt 10,5 Meter (Neuer Liegeplatz mit 12,5 Meter Tiefgang befindet sich im Bau). Auf einer Kailänge von knapp 3000 Meter sind 12 Liegeplätze verfügbar, darunter 6 für RoRo-, Passagier- und Eisenbahnfährverkehr sowie Kreuzfahrtschiffe, darunter zwei mit russischer Breitspur (1.524 mm). Es ist Europas einziger Hafenstandort mit Möglichkeiten zum Umschlag von Eisenbahnwaggons finnischer und russischer Breitspur. Hauptgeschäftsfelder sind Fähr-und RoRo-Verkehre und in den letzten Jahren zunehmend Offshore-Industrie (Pipeline-Bau, Windkraft). Insgesamt ist der Umschlag in Sassnitz allerdings stark rückläufig. 2021 wurden insgesamt 1,36 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen. 2005 waren es noch etwa 5 Millionen Tonnen, die großteils aus Röhren für den Pipelinebau von/nach Russland resultierten [THB16a]. 
Der Hafen Wismar verfügt auf einer Kailänge von 2,8 Kilometer über 17 Liegeplätze, darunter eine Ro-Ro-Rampe. Der maximale Tiefgang beträgt 8,50 Meter. Die Gesamtfläche beträgt 70,7 Hektar, davon 60,7 Hektar Landfläche. Gedeckte Lagerflächen von 90.500 Quadratmeter und offene von 115.000 Quadratmeter werden angeboten [SWG20], darunter befindet sich eine spezialisierte Anlage für Salz und Torf. Derzeit befindet sich eine Hafenerweiterung im Bau, die 2018 fertiggestellt sein soll. 2021 wurden im Kaiumschlag 2,7 Millionen Tonnen bewegt. Die Hafen-Fahrrinne soll in den kommenden Jahren auf 11,5 Meter vertieft werden. Zum Einen um das Anlegen von Schiffen der Panamax-Klasse zu ermöglichen, zum Anderen um Schwierigkeiten beim Manövrieren für die in Wismar gebauten Kreuzfahrtschiffe der Global-Class auszuräumen [NDR19b].
Die gesamte Umschlagleistung der deutschen Ostseehäfen (netto / ohne Eigengewicht der RoRo-Transportmittel) ist in den letzten Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben, auch wenn im Jahr 2020 ein Rückgang durch die Coronapandemie zu erkennen ist (dargestellt in Abbildung 1). Der Umschlag der deutschen Ostseehäfen wird vom Fähr- und Ro/Ro-Verkehr dominiert. Zu nennen sind hier insbesondere Lübeck und Rostock. Knapp 40 Prozent des Ro/Ro-Verkehrs wird über Lübeck abgewickelt [ZDS20a, S.60]. Die wichtigsten Verkehrsrelationen sind die mit Schweden und Finnland. In Sassnitz dominiert der unter unbegleitetem Verkehr erfasste Eisenbahnfährverkehr. Der Anteil des Massengutumschlags am Gesamtumschlag der deutschen Ostseehäfen ist im Vergleich zu den Nordseehäfen gering, er entwickelt sich schwächer als der Gesamtumschlag. Dominierender Umschlagplatz ist Rostock mit Flüssiggütern im Im- und Export, Getreideex- und -import sowie Kohleimport als Hauptgutarten.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Maritimer Ostseeverkehr (Stand des Wissens: 18.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?408577
Literatur
[BREM14a] bremenports GmbH & Co. KG, Gesamtverband Schleswig-Holsteinischer Häfen e.V., Hafen Hamburg Marketing e.V., Landesverband Hafenwirtschaft Mecklenburg-Vorpommern e.V., Seaports of Niedersachsen GmbH (Hrsg.) German Ports Guide, veröffentlicht in Wegweiser durch die maritimen Hafen- und Logistikzentren an Nord- und Ostsee, 2014/06
[Dest23g] Statistisches Bundesamt (Destatis) (Hrsg.) Verkehr aktuell Fachserie 8 Reihe 1.1, 2023/04
[HaV22] Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (Hrsg.) Hafen und Verkehr, 2022
[IHKSH20] IHK Schleswig-Holstein (Hrsg.) Verkehrsmarkt Ostsee: Aktuelle Zahlen und Daten für die Ostseeregion - Stukturdaten 2020, 2020
[NDR18g] Norddeutscher Rundfunk (Hrsg.) 250 Millionen Euro für den Rostocker Hafen, 2018/11/14
[NDR19b] Norddeutscher Rundfunk (Hrsg.) Wismar: Hafen-Fahrrinne soll vertieft werden, 2019/02/04
[RoPo19] ROSTOCK PORT GmbH (Hrsg.) Daten und Fakten zum Seehafen Rostock, 2019
[RoPo23] Rostock Port GmbH (Hrsg.) Rostock Port/ Statistiken, 2023
[SK20] SEEHAFEN KIEL GmbH & Co. KG (Hrsg.) Kieler Hafen - Umschlagsergebnisse, 2020
[SWG20] Seehafen Wismar GmbH (Hrsg.) Seehafen Wismar - Zahlen und Fakten, 2020
[THB16a] Täglicher Hafenbericht (Hrsg.) Deutsche Bahn: Rückzug aus Hafen Mukran, 2016/09/09
[ZDS20a] Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V. ZDS JAHRESBERICHT 2019/2020, 2020
Weiterführende Literatur
[BAG05a] Bundesamt für Logistik und Mobilität Marktbeobachtung Güterverkehr - Sonderbericht zum Seehafen-Hinterlandverkehr, 2005/04
Glossar
Twenty-foot equivalent unit Zwanzig-Fuß-Äquivalente-Einheit (Twenty-foot Equivalent Unit). Eine statistische Hilfsgröße auf der Basis eines 20-Fuß-ISO-Containers (6,10 m Länge) zur Beschreibung von Verkehrsströmen oder -kapazitäten. Ein genormter 40'-ISO-Container der Reihe 1 entspricht 2 TEUs.
Panamax Panamax wird ein Schiff genannt, dessen Parameter die Durchfahrt durch den Panama-Kanal ermöglichen: maximale Länge: 295 m, maximale Außenbreite: 32,25 m, maximaler Tiefgang: 13,50 m. Bulkcarrier haben dann Tragfähigkeiten von ca. 75 000 tdw. Als Post-Panamax-Schiffe wird eine Größenklasse von Containerschiffen bezeichnet, deren Parameter die Durchfahrt durch den Panama-Kanal nicht gestatten, i.d.R. mit ca. 6500 TEU Ladekapazität.
Universalhafen
Hafen, der nicht auf eine Umschlagsgutart spezialisiert ist. Neben z.B. dem Containerumschlag können in einem Universalhafen auch Saug-, Flüssig-, Greif- und Schüttgüter sowie Projektladung verladen werden. Ein Beispiel für einen Universalhafen ist der Hamburger Hafen.
Rollende Landstraße
Die Rollende Landstraße (RoLa) ist ein Produkt im Bereich des Schienengüterverkehrs. Sie stellt eine spezifische Form des begleiteten Kombinierten Verkehrs dar. Dabei werden Lastkraftwagen bzw. Sattelzüge mit Hilfe der Roll-On/Roll-Off-Technik auf einen Güterzug aus durchgehenden Niederflurwagen verladen und über eine bestimmte Strecke transportiert. Die Fahrer begleiten ihre Fahrzeuge i. d. R. in einem mitgeführten Reisezugwagen. In Europa wird die RoLa z. B. für alpenquerende Verkehre angeboten. Sie kann eine betriebswirtschaftliche und/oder ökologische Alternative zum Straßengütertransport sein.
Ro/Ro Abkürzung für "Roll on/Roll off" - beschreibt im Seeverkehr den rollenden Ladungsumschlag über schiffseigene und/oder landseitige Rampen; im Kombinierten Verkehr die horizontale Verladung rollender oder rollbar gemachter Ladeeinheiten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?63558

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 06:53:19