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Beispiele guter Praxis für Fahrgemeinschaften im Berufsverkehr

Erstellt am: 13.10.2003 | Stand des Wissens: 21.06.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

In diesem Abschnitt werden erwähnenswerte Beispiele guter Fahrgemeinschaftsbildung verschiedener Länder in Europa dargelegt.

Beispiel BASF, Ludwigshafen

BASF in Ludwigshafen mit rund 40.000 Beschäftigten ist eines der bekanntesten Beispiele in Deutschland für eine erfolgreiche Fahrgemeinschaftsinitiative. Im Jahr 1989 lag die Anzahl der Fahrgemeinschaften mit mindestens drei Teilnehmern bei 50 Fahrgemeinschaften. Dieser Wert konnte bis zum Jahr 1996 auf 1.300 Fahrgemeinschaften gesteigert werden.

Erreicht wurde dieser starke Anstieg in erster Linie durch die Reservierung eines nahe den Werkstoren günstig gelegenen Parkplatzes für Fahrgemeinschaften ab drei Personen, an dem Betriebsräder stehen und von dem die Werksbusse für die Verteilung zu den Arbeitsstätten auf dem 11 Quadratkilometer großen Firmengelände abfahren. Dies zeigt jedoch auch, dass es sich hierbei hinsichtlich der Größe des Betriebsgeländes beziehungsweise der Erreichbarkeit der Arbeitsstätten um einen Sonderfall handelt [Zotz10, ACE00].

Parallel hierzu wurde die Zulässigkeit der Benutzung von Rädern auf dem Werksgelände gestattet und das Firmenbussystem ausgebaut.

Im Ergebnis konnte der Neubau eines geplanten Parkhauses verworfen werden. Auch ging die Zahl der Unfälle am Gelände zwischen 1991 und 1994 um 44 Prozent zurück [VCD96]. Im Jahr 2006 wurde die BASF mit dem "Wirtschaft in Bewegung Award" für ihr Mobilitätskonzept ausgezeichnet, das inzwischen aus folgenden Komponenten besteht [Zotz10]:
  • 13.500 Fahrräder für den Werksverkehr und den Arbeitsweg,
  • Neubau von Radwegen (4.000 Mitarbeiter nutzen die Fahrräder für ihren Arbeitsweg),
  • Reservierung spezieller Parkplätze für Fahrgemeinschaften ab drei Personen,
  • Anbindung an das öffentliche Schienennetz über drei Bahnsteige,
  • neue öffentliche Busverbindungen zum BASF-Werk auf Initiative der BASF,
  • werksinternes Busnetz mit sechs Linien und 145 Bushaltestellen sowie
  • Integration öffentlicher Buslinien in das werksinterne Busnetz (15 Prozent der Mitarbeiter nutzen den ÖPNV für ihren Arbeitsweg).

Beispiel Nestlé, Noisiel, Frankreich

Der Nahrungsmittelhersteller Nestlé hat bei der Verlegung eines Standortes mit etwa 1.600 Beschäftigten in ein peripher gelegenes Gebiet in Frankreich im Zuge der internen Umweltschutzpolitik das Projekt "eco-voiturage" gestartet.

Dabei handelte es sich um eine Förderung von Fahrgemeinschaften mit den folgenden Elementen:
  • Werbekampagne,
  • Vermittlungsdienste via Intranet,
  • Frühstückstreffen, damit mögliche Fahrgemeinschaftspartner sich treffen können,
  • spezielle finanzielle Unterstützungen für Fahrgemeinschaften,
  • reservierte Parkplätze,
  • jährliche kostenlose technische Verkehrstauglichkeitsprüfung für die Fahrzeuge von Fahrgemeinschaften und Sonderbedingungen bei den örtlichen Reparaturwerkstätten
  • Heimfahrtgarantie bei von der Firma verschuldeten "Notfällen".
Nach einem Jahr waren 550 Anmeldungen für Fahrgemeinschaftsvermittlungsdienste erfolgt. Das entsprach rund 30 Prozent der Belegschaft. Insgesamt fuhren im Jahr 2000 rund 19 Prozent der Mitarbeiter in insgesamt 125 Fahrgemeinschaften, rund ein Drittel der Pkw-Pendler.
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Fahrgemeinschaften im Berufsverkehr (Stand des Wissens: 21.06.2019)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?56871
Literatur
[ACE00] Monz, Beate Hin & Her, Ausgabe/Auflage 1, Hermann G. Abmeyer, Stuttgart, 2000
[VCD96] Büro für Verkehrsökologie, Schäfer-Breede, Klaus Mobilitätsmanagement in Betrieb und Verwaltung, veröffentlicht in VCD Materialien, Ausgabe/Auflage 1. , Verkehrsclub Deutschland VCD e.V. Eifelstraße 2, 53119 Bonn, 1996
[Zotz10] Zotz, Rainer Gesamtmobilitätskonzept der BASF AG am Standort Ludwigshafen, Vertriebsbüro Manfred Grix Gartenstraße 37 69168 Wiesloch Telefon +49 6222 - 41 42 Fax +49 6222 - 41 47 Mobil +49 178 - 55 40 103
Weiterführende Literatur
[MRN10] o.A. BASF bringt Mitarbeiter in Fahrt, lu-aktiv.de/mrn-news.de Regionale Onlinezeitung lu-aktiv.de 67069 Ludwigshafen
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?60480

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 15:22:54