Nutzen der Fahrgemeinschaften im Berufsverkehr für das Verkehrssystem
Erstellt am: 01.10.2003 | Stand des Wissens: 12.12.2019
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TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die Bildung von Fahrgemeinschaften kann erwünschte und unerwünschte Effekte im Verkehrssystem auslösen [DHHK98, S. 81 ff.]:
- Erwünschter Effekt ist eine Verminderung der Pkw-Fahrten durch Verzicht auf Alleinfahrten im Motorisierten Individualverkehr (MIV).
- Unerwünschte Effekte sind Abwanderungen vom Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder vom Fahrrad und induzierte Verkehre (das heißt Fahrten, die ohne die Fahrgemeinschaft von keinem der Beteiligten unternommen worden wären).
Die Organisation unterscheidet sich dabei je nach Länge der Strecke und Regelmäßigkeit der Fahrgemeinschaft. Für überregionale und spontane Mitfahrten gibt es bundesweite Mitfahrzentralen im Internet mit modernen Services wie Online Buchung, transparente Nutzerprofile, Bewertungssystem und sichere Bezahlmethoden.
Für regelmäßige Berufspendler unterstützen Arbeitgeber die Fahrgemeinschaften durch betriebsinterne Vermittlungsbörsen, extra bereitgestellte Parkplätze oder andere Vergünstigungen [UBA19m].
Für regelmäßige Berufspendler unterstützen Arbeitgeber die Fahrgemeinschaften durch betriebsinterne Vermittlungsbörsen, extra bereitgestellte Parkplätze oder andere Vergünstigungen [UBA19m].
Für jede Fahrt, die im Berufsverkehr anstelle des Fahrens mit dem eigenen Pkw als Mitfahrer unternommen wird, wird der fließende Verkehr um einen Pkw entlastet. Dies gilt allerdings nur, sofern mit dem Pkw eines Mitfahrers nicht stattdessen eine andere, neue Fahrt unternommen wird. Als Resultat steigen die Besetzungszahl pro Pkw und - vor allem im innerstädtischen Verkehr - die Reisegeschwindigkeiten im MIV. Eine Änderung des Pkw-Besetzungsgrades um 0,2 durch einen Umstieg der Alleinfahrer in andere Pkw entspräche einem Rückgang der Pkw-Verkehrsleistung (ohne induzierte Fahrten) von 11 Prozent [DHHK98, S. 10]. Je mehr Leute sich ein Verkehrsmittel teilen, desto geringer sind der spezifische Kraftstoffverbrauch und die entsprechenden Emissionen pro Person.
Für den morgendlichen Berufsverkehr in der Stadt München wurden Reisezeitwirkungen simuliert, die sich aus einer Erhöhung des Besetzungsgrades im Berufsverkehr ergeben. Dabei betrugen die bisherigen durchschnittlichen Reisezeiten im Straßenverkehrsnetz in München 44 Minuten. Die Reisezeitgewinne lagen bei einer Steigerung der Besetzungszahl von 1,06 auf 1,4 bei rund 8 Minuten, das heißt rund 18 Prozent für jeden Pkw. Dies ergibt sich aus einer Steigerung der Reisegeschwindigkeit von rund 21 km/h auf rund 26 km/h im MIV-Netz.
Bei einer Erhöhung des Besetzungsgrades von 1,06 auf 2,0 würde in München die mittlere Reisezeit um rund 12 Minuten sinken, das entspricht einem Zeitgewinn von 27 Prozent. Die Reisegeschwindigkeit steigt hier um 37 Prozent auf fast 29 km/h (vgl. Abb. 1) Die Steigerung des Besetzungsgrades ist damit eine sehr wirksame Maßnahme zur Verbesserung des Verkehrsablaufs [Halb02].
Bei einer Erhöhung des Besetzungsgrades von 1,06 auf 2,0 würde in München die mittlere Reisezeit um rund 12 Minuten sinken, das entspricht einem Zeitgewinn von 27 Prozent. Die Reisegeschwindigkeit steigt hier um 37 Prozent auf fast 29 km/h (vgl. Abb. 1) Die Steigerung des Besetzungsgrades ist damit eine sehr wirksame Maßnahme zur Verbesserung des Verkehrsablaufs [Halb02].
In einer Modellrechnung für das Stadtgebiet Bremen wurde herausgefunden, dass bei einer Teilnahmebereitschaft an Fahrgemeinschaftssystemen von 40 Prozent der autobesitzenden Personen eine Fahrleistungsreduktion von 27 Prozent in dieser Gruppe erreicht werden könnte [HaZe98].
Als wirksamste Maßnahme zur Erzielung eines höheren Besetzungsgrades gilt die Einrichtung von Fahrspuren für Fahrgemeinschaften [ICARO99]. Im Jahr 1998 wurde beispielsweise in der österreichischen Stadt Linz ein Busfahrstreifen für Fahrgemeinschaften geöffnet. Die Passagiere waren auf der nur 2,85 Kilometer langen Strecke 20 Minuten schneller unterwegs und sparten damit laut Experten insgesamt etwa 125 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr ein. Auch in den USA sind die Fahrgemeinschaftsspuren mittlerweile Tradition und wirken sich positiv auf den Verkehrsfluss aus [Geor18]. Trotz der positiven Beispiele sollte bei der Freigabe von Busspuren für Fahrgemeinschaften jedoch vor allem in Innenstadtbereichen die negativen Auswirkungen auf den ÖPNV berücksichtigt werden [BaKa01, IVBSNV94]. Deshalb sollten Fahrspuren für Fahrgemeinschaften möglichst innerhalb bestehender MIV-Fahrspuren ausgewiesen werden. In Düsseldorf wurde im Dezember 2019 die Umweltspur, auf der Busse, Fahrräder und Elektroautos fahren dürfen, für PKW mit mindestens drei Insassen freigegeben [Fromm19].