Monopolkommission über Wettbewerb im Kontext eines Deutschland-Taktes
Erstellt am: 29.07.2021 | Stand des Wissens: 29.07.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
In ihrem Sondergutachten zum Wettbewerb im Eisenbahnverkehr von 2017 beschäftigt sich die Monopolkommission unter anderem mit wettbewerbspolitischen Auswirkungen eines deutschlandweiten integralen Taktfahrplans (ITF).
In dem Gutachten wird die grundsätzliche Machbarkeit eines bundesweiten ITF in Frage gestellt. Neben einem Mangel an Schienenwegen würden in erster Linie die Gleise in den Knotenbahnhöfen einen entscheidenden Engpass zur Realisierung eines umfassenden Taktfahrplans darstellen. Die Monopolkommission spricht sich deshalb für eine Trennung der Takte, wie sie in der Machbarkeitsstudie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Anwendung findet, aus. Bei einem solchen Konzept kommt ein Teil der Züge zeitgleich, und ein weiterer Teil zeitversetzt um 15 oder 30 Minuten im Bahnhof an. In dem Gutachten wird zudem wie auch in der Machbarkeitsstudie ein rechtlicher Anpassungsbedarf für die Realisierung eines Deutschland-Taktes identifiziert. [MPK17, S.57ff]
Die Monopolkommission stellt fest, dass auch das aktuelle Open Access-Modell bereits zu abgestimmten Fahrplänen führen kann und führt, sofern gute Umsteigemöglichkeiten zu einer höheren Kundenzufriedenheit bezüglich der Reisezeit beitragen. Auch sei trotz der dominierenden Marktanteile der DB Fernverkehr AG durch das aktuelle Wettbewerbsmodell ein gewisser Druck auf die Eisenbahnverkehrsunternehmen gegeben, der Anreize zur Verbesserung des Angebots setze. Wenn ein bundesweit zentral geplanter ITF umgesetzt würde, würden wesentliche Wettbewerbsparameter wie Wege und Fahrzeiten von einer zentralen planerischen Instanz vorgegeben sein und die Wettbewerber könnten sich im Gegensatz zum jetzigen Open Access nur noch schwer voneinander abheben. [MPK17, S.60f]
Für die Umsetzung eines bundesweiten ITF schlägt die Monopolkommission folgende wettbewerbliche Ausgestaltungsformen vor: [MPK17, S.63ff]
- Top-Down-Ansatz: Zunächst wird ein ITF für den Fernverkehr gestaltet. Anknüpfend an den entwickelten Fernverkehrsfahrplan wird ein ITF für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) entwickelt, um eine gute Anknüpfung des Nahverkehrs zu gewährleisten. Um größere Konflikte zu vermeiden, sollen SPNV-Aufgabenträger bereits bei der Organisation des Fernverkehrs-ITF mitwirken.
- Unabhängiger zentraler Taktgeber: Die Monopolkommission lehnt es aufgrund der zu befürchtenden Wettbewerbsverzerrungen ab, dass einzelne Unternehmen wie die DB Fernverkehr AG oder die DB Netz AG die Aufgabe des Taktgebers übernehmen. Stattdessen solle ein unabhängiges Unternehmen oder der Bund die Aufgabe des Taktgebers übernehmen. So könne die Aufgabe des Taktgebers etwa dem BMVI übertragen werden.
- Ausschreiben der Fernverkehrsstrecken: Um ein Mindestmaß an Wettbewerb zu ermöglichen, empfiehlt die Monopolkommission die Ausschreibung der Trassen. Um auch unattraktive Zitronenstrecken versorgen zu können, kämen sowohl die Subvention einzelner Trassen als auch die Bündelung von Zitronenstrecken mit attraktiveren Rosinenstrecken in Frage.