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Grundlagen zur Kommunikation zwischen automatisierten Kraftfahrzeugen und Verkehrsteilnehmern

Erstellt am: 12.05.2021 | Stand des Wissens: 12.05.2021
Der heutige Straßenverkehr ist geprägt durch eine ständige Interaktion zwischen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern, um in geregelten oder ungeregelten Situationen einen reibungslosen Verkehrsablauf zu gewährleisten. Durch einen steigenden Anteil an automatisierten Fahrzeugen und Fahrfunktionen im Verkehrsgeschehen werden zwangsläufig auch die Interaktionen zwischen nicht-automatisierten Verkehrsteilnehmern und automatisierten Verkehrsteilnehmern unterschiedlicher Automatisierungsstufen sukzessive zunehmen.

Der vorliegende Forschungsbericht widmet sich der Frage, wie sich die heutige Kommunikation zwischen automatisierten und nichtautomatisierten Verkehrsteilnehmern unter Berücksichtigung einer zunehmenden Fahrzeugautomatisierung verändern wird und welche möglichen Folgen daraus auf die Verkehrssicherheit und Verkehrseffizienz erwartet werden müssen.

Im Mittelpunkt des Projekts stand eine Analyse, welche Kommunikationsmodelle zur Beschreibung der Interaktionen zwischen automatisierten und nichtautomatisierten Verkehrsteilnehmern geeignet sind. Dabei zeigte sich das SenderEmpfängerModell von SHANNON & WEAVER (1949) als geeignet, weil es den im Straßenverkehr üblicherweise kurzzeitigen und gerichteten Kommunikationsprozess durch seine klaren Elemente einfach beschreibbar macht. Zudem erscheint zielführend, die Perspektive und Kommunikationsmöglichkeit des aktiven PkwFahrers beziehungsweise die des automatisiert fahrenden Fahrzeugs einzunehmen.

Dem aktiven Fahrer eines herkömmlichen Pkw steht zur Informationsübermittlung an seine Umwelt eine Vielzahl von Kommunikationsmitteln zur Verfügung, da er sowohl auf die technischen Möglichkeiten seines Fahrzeugs als auch auf seine menschliche Zeichengebung zurückgreifen kann. Diese wurden nach der Modalität, der Formalität, der Intentionalität und der Selektivität klassifiziert.

Diese Klassifizierung erfolgte in einer umfangreichen Sammlung an Interaktionsszenarien, in denen (mindestens) zwei Verkehrsteilnehmer miteinander interagieren. Zudem wurde eine Relevanzbewertung der verschiedenen Interaktionsszenarien hinsichtlich ihres Einflusses auf die Verkehrssicherheit, den Verkehrsfluss und das Verkehrsklima durchgeführt. Aus theoretischen Überlegungen und empirischen Studien wurden mögliche Kriterien abgeleitet, mit deren Hilfe eine qualitative Bewertung der Kommunikationsmittel in Abhängigkeit von der vorliegenden Verkehrssituation und der zu übermittelnden Botschaft durchgeführt werden konnte.

Die Interaktionsszenarien wurden anschließend dahingehend geprüft, ob die bislang genutzten Kommunikationsmittel eines herkömmlichen Pkw auch durch einen automatisiert fahrenden Pkw im Mischverkehr angewendet werden können. Dabei traten insbesondere diejenigen Szenarien in den Mittelpunkt, die vom Regelfall nach StVO abweichen und die im heutigen Verkehrsgeschehen nicht durch geeignete technologiebasierte Kommunikationsmittel verhandelt werden können. Im Rahmen eines ExpertenWorkshops, unter anderem mit Vertretern aus den Bereichen der Arbeits-, Organisations- und Verkehrspsychologie mit Bezug zum automatisierten Fahren, wurde zudem eine Diskussion aus wissenschaftlicher Sicht angestoßen, welche neuen Kommunikationsmittel als Folge einer zunehmenden Fahrzeugautomatisierung möglich beziehungsweise nötig sind.

Die Konsolidierung der wissenschaftlichen Beiträge aus dem Workshop sowie deren Gegenüberstellung mit den eigenen Ergebnissen bildeten den Abschluss der Forschungsarbeit. Auf Basis dessen konnten Handlungsempfehlungen für künftige Forschungsfragen und Studienansätze für die Gestaltung und Evaluierung neuer Kommunikationsformen aus wissenschaftlicher Perspektive abgeleitet werden, die bei der weiteren Forschung zu Fragen der Fahrzeugautomatisierung Eingang finden sollen.
Ansprechpartner
Bundesanstalt für Straßenwesen
Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr, Professur Verkehrspsychologie, Technische Universität Dresden
Rapp Trans AG
Literatur
[ScYe21] Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr, Professur Verkehrspsychologie, Technische Universität Dresden, Rapp Trans AG, Erik Schaarschmidt , Robert Yen, Ralf Bosch , Lisa Zwicker , Jens Schade , Tibor Petzoldt Grundlagen zur Kommunikation zwischen automatisierten Kraftfahrzeugen und Verkehrsteilnehmern, Fachverlag NW in der Carl Ed. Schünemann KG, 2021/04/22, Online-Referenz https://bast.opus.hbz-nrw.de/frontdoor/index/index/docId/2497, ISBN/ISSN 978-3-95606-570-5
Glossar
Verkehrsfluss
Unter Verkehrsfluss versteht man die Anzahl der Fahrzeuge, die eine vordefinierte Verkehrs(quer)fläche pro Zeiteinheit durchfährt.
StVO Die Straßenverkehrsordnung  legt Regeln für sämtliche Straßenverkehrsteilnehmer fest und bildet somit eine Rechtsverordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Mischbetrieb
Als Mischbetrieb (auch: Mischverkehr, gemischter Verkehr) wird der Betrieb mit unterschiedlichen Fahrzeugen auf demselben Fahrweg bzw. im selben Verkehrsraum bezeichnet. Beispielhaft kann hier die gemeinsamen Nutzung von Eisenbahnstrecken durch Reise- und Güterzüge oder auch des Straßenraums durch Straßenbahnen und Kfz genannt werden.
Verkehrseffizienz
Beurteilungskriterium, welches beschreibt, inwieweit verkehrliche Maßnahmen, wie beispielsweise Ersparnisse in Fahrzeit, Spritverbrauch und Abgasausstoß, dass vorgegebene Ziel in einer bestimmten Art und Weise erfüllen
Szenarien Ein Szenario ist ein Bild der Zukunft, das sich aus einer bestimmten Kombination von relevanten Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen entwickelt. Das grundsätzliche Anliegen von Szenarien besteht darin, verschiedene Handlungsoptionen zu verdeutlichen und ihre Folgewirkungen transparent zu machen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?535663

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 12:39:32