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Soziale Dimension von Mobilität und Verkehr

Erstellt am: 19.12.2019 | Stand des Wissens: 10.11.2023
Synthesebericht gehört zu:

Mobilität bezeichnet die Eigenschaft von Personen oder Gütern: entweder, diese Eigenschaft wird durch eine Ortsveränderung verwirklicht, dann entsteht Verkehr oder die Eigenschaft besteht als Potenzial, das in größerem oder geringeren Maße vorhanden ist und individuell oder gesellschaftspolitisch betrachtet werden kann [HOLZ09]. Menschen können zum Beispiel als mobil oder immobil gelten, unabhängig davon, ob sie sich tatsächlich in Bewegung befinden. Und auch der Begriff einer mobilen Gesellschaft meint nicht eine Gruppe von Menschen, die permanent unterwegs ist, sondern die Summe der Optionen, Chancen und Zwänge zur individuellen Ortsveränderung.
Die soziale Dimension von Mobilität bezieht sich auf das Individuum und wird sowohl von externen Faktoren als auch persönlichen Merkmalen beeinflusst. Zu den externen Faktoren gehören Rahmensetzungen wie Mobilitätskosten, die Verfügbarkeit und Qualität von Infrastruktur, Informationen und Service für verschiedene Arten der Fortbewegung (zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Auto oder dem Öffentlichen Verkehr) und räumliche Strukturen im Sinne von Distanzen zwischen einem Ausgangsort und einem (möglichen) Ziel. Persönliche Aspekte der Mobilität beinhalten Gesundheit, Einkommen, Geschlecht, Alter und die Verfügbarkeit von Mobilitätswerkzeugen (zum Beispiel Fahrrad, Führerschein oder die Möglichkeit der Autonutzung) sowie Bildungshintergrund, persönliche Werte, Wissen und Erfahrungen. Bei jedem dieser Teilaspekte können individuelle oder strukturelle Unterschiede die persönliche Mobilität sowohl positiv als auch negativ beeinflussen und somit zu Ungleichheit und in Folge Ungerechtigkeit bei gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten führen.
Die soziale Dimension von Verkehr hingegen betrifft die Auswirkungen von realisierter Mobilität auf andere. Dazu gehören klimaschädliche Gase, Lärm und Schadstoffemissionen, Unfälle und Konkurrenz um Flächennutzung. Auch Verkehrsstaus und Überfüllung in öffentlichen Verkehrsmitteln können dazu gerechnet werden, selbst wenn in diesen Fällen die Betroffenen zugleich Mitverursachende sind. Diese negativen Auswirkungen von Verkehr betreffen generell verschiedene Bevölkerungsgruppen in sehr unterschiedlichem Maße und das nicht nur, weil sie nicht gleichmäßig im Raum verteilt sind, sondern auch, weil die soziogeografische Verteilung der Bevölkerung sozioökonomisch schlechter gestellte Gruppen häufiger mit gravierenderen Belastungsmustern zusammenbringt. Dies wird als Mangel im Sinne der Umweltgerechtigkeit betrachtet.
Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit ist eingebettet in die ökologische Dimension, welche die Belastungsgrenzen des Systems Erde definiert. Die ökonomische Dimension wiederum wird als Teilmenge der sozialen gesehen. Im Bereich Verkehr gibt es standardisierte Verfahren, um sowohl die ökologischen als auch die ökonomischen Auswirkungen von Neuplanungen und Infrastrukturprojekten zu bewerten. Soziale Kriterien, die in dieser Wissenslandkarte erläutert werden, finden bei solchen Verfahren bislang jedoch noch wenig Beachtung [GBVW09].
Die Texte dieser Wissenslandkarte beschäftigen sich hauptsächlich mit der Mobilität von Personen. Selbstverständlich besitzt auch der Güterverkehr wichtige soziale und umweltbezogene Aspekte. Diese werden jedoch an anderen Stellen im Forschungsinformationssystem behandelt.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Soziale Dimension von Mobilität und Verkehr (Stand des Wissens: 24.06.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?507232
Literatur
[GBVW09] Geurs, Karst T., Boon, Wouter, van Wee, Bert Social Impacts of Transport: Literature Review and the State of the Practice of Transport Appraisal in the Netherlands and the United Kingdom, veröffentlicht in Transport Reviews: A Transnational Transdisciplinary Journal, Ausgabe/Auflage 29 (1), 2009
[HOLZ09] Holz-Rau, Christian Raum, Mobilität und Erreichbarkeit - (Infra-)Strukturen umgestalten?, veröffentlicht in Steigende Verkehrskosten - bezahlbare Mobilität, Ausgabe/Auflage (Informationen zur Raumentwicklung, 12.2009), BBSR - Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung, 2009
Weiterführende Literatur
[MABR11] Mackett, Robert L., Brown, Belinda Transport, Physical Activity and Health. Present knowledge and the way ahead. Scanning Study commissioned by the Department for Transport, London, Great Britain, 2011

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?507109

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 18:28:02