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Forschungs- bzw. Akteurslandschaft zur Batterietechnik in Deutschland

Erstellt am: 05.12.2019 | Stand des Wissens: 14.06.2023
Synthesebericht gehört zu:

"In der sozialen Marktwirtschaft ist es primar die Aufgabe privater Unternehmen, neue Technologien und damit auch eine industriell wettbewerbsfahige Batteriezellproduktion zu entwickeln, aufzubauen und marktfahig zu machen. Aufgabe des Staates ist es, hierfur notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen und zeitlich begrenzte Anschubhilfe zu leisten." [BMWi18d, S. 2]
Zwischen 2009 und 2018 flossen staatliche Fordermittel in Hohe von 2,2 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklung im Bereich Elektromobilitat, Vergleich [ISI18, S. 6], davon erhebliche Summen in die Forderung von Forschung zu Speichertechnologien. Federfuhrend bei der Mittelbereitstellung fur Batterieforschung sind die Bundesministerien für Bildung und Forschung (BMBF) und Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi).
Das BMBF ist insbesondere fur Grundlagenforschung zustandig und hat in den vergangenen Jahren600 Millionen Euro fur Batterieforschung aufgewandt. Bis 2019 wurden sechs Kompetenzzentren fur die Batteriematerialforschung gefordert. In mehreren Forschungsclustern werden Materialien zu Batteriezellen zusammengebaut, weiterentwickelt und getestet, in einer Forschungsproduktionslinie am Zentrum fur Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Ulm wird die Massenproduktionstauglichkeit dieser Batteriezellen ermittelt, Vergleich [BMBF19a]. Weiterhin unterstützt das BMBF auch die Forschung an Batteriematerialien. So fördert es Projekte im Rahmen des Kompetenzclusters für Festkörperbatterien, um grundlegendes Wissen zu Festkörperbatterien genauer zu durchdringen sowie für Anwendungen in der Zukunft weiterzuentwickeln. Im Jahr 2021 wurde hier die zweite Förderrund gestartet. Die Projekte besitzen Laufzeiten bis zum Ende des Jahres 2024 Vergleich [BuFi22]. Daruber hinaus hat das BMBF Ende 2018 beschlossen, die Forderung der Batterieforschung neu auszurichten: durch das Dachkonzept "Forschungsfabrik Batterie", Vergleich [BMBF19]. Es vereint alle bisherigen Fordermaßnahmen und -programme des Hauses zur Batterieforschung unter einem Dach und baut auf den bestehenden Kompetenzen etablierter Standorte in ganz Deutschland auf. In den kommenden vier Jahren werden im Rahmen dieses Konzepts weitere 500 Millionen Euro fur die Batterieforschung zur Verfugung gestellt, Vergleich [BMBF19a]. Insbesondere ist eine Forschungsfertigung Batteriezelle mit Standort in Munster geplant, die die bisherigen Forschungsanstrengungen zu Batteriezellen starker auf die Prozesse der fur eine Marktreife notigen industriellen Massenproduktion ausrichten soll.
Auch das BMWi engagiert sich in der Batterieforschung. Hier stehen gleichfalls Bemuhungen im Mittelpunkt, eine industrielle Fertigung von Batteriezellen fur mobile und stationare Energiespeicher in Deutschland und Europa zu ermöglichen. Im sogenannten Energie- und Klimafonds (EKF) der Bundesregierung wurden für die industrielle Fertigung von Batteriezellen für mobile und stationäre Energiespeicher etwa drei Milliarden Euro bereitgestellt [BMWi19d]. Damit soll die technologische Kompetenz zur Batteriezelle gebundelt und gestarkt und eine wettbewerbsfahige Produktion erstmalig etabliert werden, Vergleich [BMWi19d]. Ende 2019 befand sich das BMWi in Abstimmungen mit der Europaischen Kommission und weiteren EU-Mitgliedstaaten zur Errichtung zweier Großprojekte zur Batteriezellfertigung [BMWi19d]. Zusammen mit 12 weiteren europäischen Mitgliedsstaaten werden diese als sogenannte Important Projects of Common European Interest (IPCEI) realisiert. Die beiden Projekte heißen Summer IPCEI on Batteries und IPCEI on Batteries EuBatIn. [BMWi19d]
Daruber hinaus hat das BMWi den Forschungsschwerpunkt zur Batterietechnik im Bereich "Schnittstellen der Energieforschung zu Mobilitat und Verkehr" im 7. Energieforschungsprogramm gestarkt. Es werden jahrlich 16 Millionen Euro fur Forschungsvorhaben zu Zelltechnologien, Komponenten, Modulen, Batteriesystemen und zur Integration in Fahrzeuge bereitgestellt, Vergleich [BMWi21e].
Bereits im November 2007 wurde eine Innovationsallianz Lithium-Ionen-Batterie gegrundet, die die deutschen Anstrengungen in der Forschung und Entwicklung an Lithium-Ionen-Batterien koordinierte und in den letzten Jahren im Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLIB) aufging, Vergleich [ISI18, S. 6]. Dieses Kompetenznetzwerk KLIB bildet einen wesentlichen Teil der Akteurslandschaft der Batterieforschung in Deutschland uber alle Produktions- beziehungsweise Wertschopfungsstufen ab, Vergleich Abbildung 1.
Mitglieder des Kompetenznetzwerks KLIBAbbildung 1: Mitglieder des Kompetenznetzwerks KLIB. Quelle: [KLiB19] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Im Kompetenznetzwerk haben sich Industrieunternehmen, anwendungsnahe Forschungsinstitute und offentliche Einrichtungen zusammengeschlossen. Das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien vernetzt und bundelt die Partner in system- und industrieubergreifenden Technologieansatzen entlang der Wertschopfungskette und bietet eine Kommunikations-, Wissens- und Partnerplattform fur die Mitglieder, Vergleich [KLiB19].
Besonders wichtige Akteure in der Forschungslandschaft zur Batterieproduktion sind die deutschen Automobilhersteller Volkswagen, Daimler und BMW. Fur die nachsten Jahre zeigt eine Reuters-Analyse sehr hohe kunftige Investitionsvolumina dieser Unternehmen in Elektromobilitat: 139,5 Milliarden US-Dollar (USD) von 300 Milliarden USD weltweit werden allein von den drei Herstellern eingeplant, Vergleich [Reu19]. Davon entfallen auf Investitionen in Batterieherstellung und -forschung bei VW 57 Milliarden USD, bei Daimler 30 Milliarden USD und bei BMW 4,5 Milliarden USD, Vergleich [Reu19].
Alle deutschen Fahrzeughersteller konfigurieren ihre Batterien selbst, um sie optimal an das eigene Fahrzeugdesign anzupassen. Hierfur ist jeweils Forschung auf den Gebieten der Produktionstechnologie und Automatisierung fur die Batterieherstellung unabdingbar. Da die vorgefertigten Batteriezellen fur die Batterieproduktion importiert werden mussen, betreiben auch alle deutschen Hersteller eine eigene Batteriezellenforschung, um mit den asiatischen Vertragspartnern / Herstellern von Zellen auf Augenhohe verhandeln sowie Standards und Anforderungen definieren zu konnen. So hat BMW Anfang 2019 200 Millionen Euro in sein Kompetenzzentrum Batteriezelle in Dingolfing investiert, um die konzerninterne Forschung zur gesamten Kette der Batteriezelltechnologie bis hin zur Produktion in Großserie zu bundeln, Vergleich [Boeh19; Maye19].
Investitionen in die Batteriezellproduktion selbst sind jedoch mit mindestens einer Milliarde Euro pro Anlage sehr kapitalintensiv, und die asiatischen Hersteller verfugen hier uber einen großen technologischen Vorsprung, Vergleich [ISI18]. Daimler, BMW und VW sehen die Gefahr einer strategischen Abhangigkeit von ihren Lieferanten und planen den Aufbau einer eigenen Zellenproduktion. Das Batteriewerk von Daimler in Jawor (Polen) nahm Ende 2020 den Betrieb auf [MeBe20] und BMW baute ein Pilotwerk zur Zellfertigung in der Nahe von Munchen, welches im Herbst des Jahres 2022 eröffnet, und Ende 2022 in Betrieb ging [BMWG22]. Der VW-Konzern hat 2019 am Standort Salzgitter eine Pilotanlage zur Akkuproduktion fur Kleinserien im Volumen von mehr als 100 Millionen Euro eroffnet, 2020 kam eine Pilotanlage fur das Recycling von Batterien hinzu [VWAG21].
Bis zum Jahreswechsel 2023/24 sollen in Salzgitter mehr als eine Milliarde Euro in eine Batteriezellfabrik mit einer Kapazitat von 16 Gigawattstunden investiert werden, Vergleich [SPON19]. Diese Kapazitat macht zwar nur circa 1/10 des prognostizierten Batteriebedarfs von Volkswagen in 2025 aus, Vergleich [MANA19]; aber es ist mit Lerneffekten auch im Maßstab der Großproduktion zu rechnen. Diese konnen zum einen zu einer besseren Verhandlungsposition mit Zulieferern von Batteriezellen fuhren und gegebenenfalls ein einfacheres Hochskalieren bei neuern Produktionsstatten fur Batteriezellen gewahrleisten.
Der Zulieferer Bosch hat dagegen 2018 beschlossen, nicht weiter in die Produktion von Lithium-Ionen- Batteriezellen zu investieren. Laut Bosch-Vorstand Rolf Bulander rechnete man mit Investitionen von etwa 20 Milliarden Euro, um bis 2030 einen Marktanteil von 20 Prozent zu erreichen. Deshalb wird sich Bosch kunftig vor allem in der Forschung und Entwicklung neuartiger Lithium-Luft-Akkus engagieren und eine Steigerung seiner Systemkompetenz bei der Elektromobilitat anstreben, Vergleich [Stei18].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Batterieforschung im Kontext der Elektromobilität (Stand des Wissens: 26.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?506185
Literatur
[BMBF19] Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) Batterieforschung und Transfer stärken - Innovationen beschleunigen
Dachkonzept "Forschungsfabrik Batterie", 2019/01
[BMBF19a] Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) Batterieforschung, 2019
[BMWG22] Martina Hatzel BMW Group eröffnet Kompetenzzentrum für Batteriezellfertigung im Herbst, 2022/05/23
[BMWi18d] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Thesen zur industriellen Batteriezellfertigung in Deutschland und Europa, 2018
[BMWi19d] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Batterien für die Mobilität von morgen, 2019
[BMWi19e] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Altmaier: "Erstes europäisches Großprojekt zur Batteriezellfertigung wird heute bei EU-Kommission eingereicht", 2019/10/09
[BMWi21e] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Batterien "made in Germany" - ein Beitrag zu nachhaltigem Wachstum und klimafreundlicher Mobilität, 2021
[Boeh19] Böhler, Tino BMW setzt auf Weiterentwicklung von Batteriezellen, 2019/06/23
[BuFi22] Bundesministeriums der Finanzen (Hrsg.) Bericht über die Tätigkeit des Energie- und Klimafonds im Jahr 2021 und über die im Jahr 2022 zu erwartende Einnahmen- und Ausgabenentwicklung, 2022
[ISI18] Axel Thielmann, Christoph Neef, Chiara Fenske, Martin Wietschel Energiespeicher-Monitoring 2018
Leitmarkt- und Leitanbieterstudie:
Lithium-Ionen-Batterien für die Elektromobilität, 2018/12
[KLiB19] Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLiB), 2019
[MANA19] Volkswagen baut eigene Batterien, 2019/05/14
[Maye19] Mayer, Bettina BMW eröffnet Kompetenzzentrum, 2019/11/19
[MeBe20] Mercedes-Benz Manufacturing Poland (Hrsg.) The factory in Jawor starts the production of electric batteries and employs 1000 employees, 2020/10/02
[Reu19] Thomson Reuters (Hrsg.) Charged: A Reuters Analysis, 2019/04/04
[SPON19] VW steigt in Fertigung von Batteriezellen ein, 2019/09/23
[Stei18] Steiner, Anna China ist Europa bei der Batterieproduktion überlegen, 2018/07/16
[t3n20] t3n (Hrsg.) Zellfertigung: BMW baut Batterie-Werk nahe München, 2020/08/02
[VWAG21] Volkswagen AG (Hrsg.) From old to new - Battery recycling in Salzgitter, 2021/01/29
Glossar
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMWK
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erarbeitet Rahmenbedingungen zur Stärkung der Robustheit und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland (bis 12/2013 BMWI, bis 12/2021 BMWi).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?506151

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 13:28:36