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Nutzen und Herausforderungen der digitalen Vernetzung in Güterverkehr und Logistik

Erstellt am: 12.01.2018 | Stand des Wissens: 21.08.2023
Synthesebericht gehört zu:

Die Wettbewerbsfähigkeit des Logistikstandorts Deutschland ist unter anderem von der digitalen Steuerung und dem Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien im Güterverkehr abhängig [BMVI16j]. In diesem Sinne hat eine zukunftsfähige Logistik den Anspruch, unter Einbeziehung neuer Technologien und den Möglichkeiten der Digitalisierung einen reibungslosen Transport von Waren zu gewährleisten, in dem einzelne Verkehrsträger bestmöglich miteinander verknüpft sind und ihre spezifischen Stärken einbringen. Als Ziel gilt, trotz des ansteigenden Verkehrsaufkommens mehr Sicherheit und Effizienz im Güterverkehr zu gewährleisten [BMBF05d].

Die durch die Digitalisierung ermöglichte digitale Vernetzung in Güterverkehr und Logistik spielt hierbei ebenso in verkehrspolitischen, als auch in wirtschaftlichen und umweltpolitischen Interessens- und Anwendungsgebieten eine entscheidende Rolle.
So ist das automatisierte und vernetzte Fahren für die deutsche Automobilindustrie von großem wirtschaftlichen Interesse, da hierin eine Chance gesehen wird, die Innovationsführerschaft weiter zu stärken. Außerdem versprechen sich die angrenzenden Märkte der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie innovative digitale Dienstleistungen weiteres Wachstum und somit zahlreiche neue Arbeitsplätze [Hei17].

Auch im verkehrs- und umweltpolitischen Sinne kann dem im vernetzten kooperativen (Güter-)Verkehr momentan viel diskutierten und vielfach getesteten 'Automatisierten Fahren' eine besondere Bedeutung zugesprochen werden. Die Automatisierung von Fahraufgaben soll unter anderem Fahrfehler auffangen, die nach wie vor Hauptursache von Verkehrsunfällen sind. So waren im Jahr 2021 rund 91 Prozent der Unfälle mit Personenschaden auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen, während weniger als ein Prozent (0,9 Prozent) der Unfälle technische Mängel als Ursache hatten [Dest22s]. Des Weiteren gilt die Entlastung der Fahrer als Ziel des automatisierten Fahrens, wodurch sich für die Fahrer zusätzlich ein neues, produktives Zeitfenster ergeben würde [HeMo16]. Der vernetzte, kooperative Verkehr setzt zudem auf seine Vorhersehbarkeit, durch die Verkehrsflüsse verbessert sowie Staus und Unfälle vermieden werden sollen. Dies kann zu weniger Brems- und Beschleunigungsvorgängen und damit zu geringerem Kraftstoffverbrauch sowie Emissionswerten von Fahrzeugen führen [Frae17, FaKo15].

Das automatisierte Fahren wird zudem beim Transport schwerer Güter diskutiert, welcher aufgrund der gesonderten straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben sowie (straßen-)infrastrukturellen Bedingungen und Beschränkungen (wie beispielsweise Streckensperrungen für Lkw oder Restriktionen für Gefahrguttransporte) eine autonome Steuerung vorteilhaft erscheinen lässt. Weitere Lkw-spezifische Themen hinsichtlich der digitalen Vernetzung sind unter anderem die Bereitstellung von Informationen über freie Lkw-Parkplätze entlang des Autobahnnetzes, die Erfassung der Straßennutzungsgebühren in Europa sowie die effiziente Belegung von Ladezonen [BGL15].

Doch nicht nur auf der Straße spielt die Digitalisierung und die digitale Vernetzung eine Rolle. So kann ein Güterzug zum vernetzten Transportmittel werden, dessen Sensoren beispielsweise Informationen über die Position sowie den Zustand von Ladung und Wagen sammeln. Auch hier geht es um die Optimierung von Logistikprozessen und die Senkung von Transportkosten. Auf diese Weise soll unter anderem eine Zustandsüberwachung frühzeitig über Verschleiß von Komponenten informieren, sodass Ausfallzeiten reduziert, Ressourcen geschont und Kosten eingespart werden können. Zusätzlich wird eine erhöhte Sicherheit der Güter durch Geofencing-Funktionen und einen Einbruchsalarm angestrebt [KrBrEn11].

Neben der Vernetzung von Fahrzeug zu Fahrzeug beziehungsweise vom Fahrzeug zur Infrastruktur, schließt die digitale Vernetzung im Güterverkehr ebenfalls die intermodale Vernetzung mit ein. Mithilfe von erweiterten Kommunikationstechnologien werden beispielsweise die Verkehrsträger Schiene und Straße in einer intermodalen Lieferkette miteinander vernetzt, um allen beteiligten Akteuren die wichtigsten Informationen in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Bei einer Verladung auf andere Transportmittel kann so durch entsprechende Informationen auf Verspätungen reagiert und die Lieferung dynamisch umgeleitet werden [NaIT14].

Aus der Digitalisierung des Güterverkehrs und der Logistik ergeben sich neben zahlreichen Potenzialen auch neue verkehrspolitische Herausforderungen. Der Zuwachs an Daten stellt neue Anforderungen an die Sicherheit von Fahrzeugen und Infrastruktur sowie den Schutz von Persönlichkeitsrechten. Es werden klare IT- Sicherheitsstandards und Vorgaben zum Datenschutz benötigt, die momentan jedoch noch nicht in dem benötigten Rahmen vorhanden sind [Han15].

Diese Wissenslandkarte dient der Darstellung der unterschiedlichen Herausforderungen sowie den Chancen, die sich aufgrund der digitalen Vernetzung in Güterverkehr und Logistik ergeben.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Nutzen und Herausforderungen der digitalen Vernetzung in Güterverkehr und Logistik (Stand des Wissens: 21.08.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?478030
Literatur
[BGL15] Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. (Hrsg.) Positionspapier 'Digitalisierung in der Logistik', Frankfurt am Main, 2015/05/23
[BMBF05d] k.A. INVENT "erfahren" - mobil mit 8 Sinnen (Ergebnisbericht), 2005
[BMVI16j] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Logistik - Güter clever transportieren, 2016
[Dest22s] Statistisches Bundesamt (Destatis) (Hrsg.) Verkehrsunfälle - Zeitreihen 2021, 2022/07/07
[FaKo15] Fagnant, Daniel J., Kockelman, Kara Preparing a nation for autonomous vehicles: Opportunities, barriers and policy recommendations., veröffentlicht in Transportation Research Part A: Policy and Practice, Ausgabe/Auflage 77, 2015
[Frae17] Eva Fraedrich, Lars Kröger, Francisco Bahamonde-Birke, Ina Frenzel, Gernot Liedtke, Stefan Trommer, Barbara Lenz, Dirk Heinrichs Automatisiertes Fahren im Personen- und Güterverkehr
Auswirkungen auf den Modal-Split, das Verkehrssystem und die Siedlungsstrukturen, Stuttgart, 2017
[Han15] Hansen, Marit Das Netz im Auto & das Auto im Netz. Herausforderungen für eine datenschutzgerechte Gestaltung vernetzter Fahrzeuge., veröffentlicht in Datenschutz und Datensicherheit DuD, Ausgabe/Auflage 39 / 6, 2015
[Hei17] Heider, Schallren, Schlegel, Stricker, An Autonomous Car Roadmap for Suppliers, 2017
[HeMo16] Hessen Mobil (Hrsg.) Kooperative Systeme. Sicherer und flüssiger Fahren, 2016
[KrBrEn11] Kreßel, Ulrich, Breuel, Gabi, Enzweiler, Markus Forschungsinitiative AKTIV. Adaptive und kooperative Technologien für den intelligenten Verkehr. Daimler AG - Schlussbericht., 2011
[NaIT14] Nationaler IT Gipfel, Arbeitsgruppe 8 (Hrsg.) Anforderungen an die digitale Infrastruktur für intelligente Mobilität, 2014/10
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?477985

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 18:47:31