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Akteure des autonomen Fahrens

Erstellt am: 11.07.2017 | Stand des Wissens: 19.07.2023
Synthesebericht gehört zu:

Die Automobilhersteller müssen mit den Informationstechnikanbietern und Softwareherstellern sowie den Mobilfunk- und Telekommunikationsunternehmen auf internationaler Ebene zusammenarbeiten und Allianzen bilden, um die Vision des autonomen Fahrzeugs verwirklichen zu können. Diese Erkenntnis eint die Gründungsmitglieder der 5G Automotive Association (5GAA) [5GAA16]. Darin haben sich Audi, BMW und Daimler mit den Netzwerkanbietern Ericsson, Huawei und Nokia sowie den Chipherstellern Intel und Qualcomm am 27.Juli 2016 zusammengeschlossen, um durchgängige Lösungen für künftige Mobilitäts- und Verkehrsdienste auf Basis des neuen Mobilfunkstandards 5G zu entwickeln. Aus den acht Gründungsmitgliedern sind, Stand: April 2020, bereits über 130 geworden, die sich gemeinsam zum Ziel gesetzt haben, durch Standardisierung ein Höchstmaß an Sicherheit der eingesetzten Informations- und Kommunikationstechnologien und an Schutz personen- und fahrzeugbezogener Daten zu erreichen [5GAA23]. 
Die Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur, die gewöhnlich in der Verantwortung der öffentlichen Hand liegt, steigen mit dem Grad an Automatisierung der Fahrzeuge. Auch autonome Fahrzeuge brauchen in jedem Fall Infrastruktur. Entscheidend ist hier doch die informationstechnische Ausrüstung der Infrastruktur, wenn Daten zwischen Fahrzeug und Infrastruktureinrichtungen ausgetauscht werden. Das Straßennetz und die Infrastruktur müssen mit entsprechenden Sensoren und sicheren Kommunikationskanälen erweitert werden, die flächendeckend auch im ländlichen Raum stabil funktionieren [HSPf15a].
Die Autoindustrie und die Bundesregierung gehen davon aus, dass Fahrzeugnutzer nach und nach auf selbstfahrende Fahrzeuge umsteigen werden [Zeit15; Welt17]. Dem Optimismus der einen Seite steht die Skepsis vieler potenzieller Nutzer gegenüber. Diese sind optimistisch hinsichtlich der avisierten Vorteile verkehrssicheren Fahrens und der angepriesenen Komfortfunktionen wie "Chatten während der Fahrt", gleichzeitig aber auch besorgt im Hinblick auf die Speicherung personenbezogener Daten, misstrauisch gegenüber der Zuverlässigkeit des Gesamtsystems "autonomes Fahren" und kritisch gegenüber der voranschreitenden Entmündigung beim Fahren [BuKa15].
Auf dem Weg vom teilautomatisierten hin zum autonomen Fahren sind offene Fragen des Zulassungs- und Verhaltensrechts und andere rechtliche Rahmenbedingungen von der öffentlichen Hand zu klären. Die im März 2016 in Kraft getretene Anpassung des "Wiener Übereinkommen[s] über den Straßenverkehr" erlaubt das hoch automatisierte Fahren, wenn der Fahrer die entsprechenden Funktionen zu jeder Zeit abschalten oder übersteuern kann. Fahrerlose Fahrzeuge sind dagegen weiterhin nicht zulässig, weil auch das geänderte Abkommen einen Fahrer erfordert. Aus diesem Grund befasst sich eine Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen (UNECE) bereits mit einer weiteren Aktualisierung des Wiener Übereinkommens, um zukünftig auch fahrerlose Systeme zu ermöglichen [SchE23].
Bei der Frage der Haftung von Schäden beim automatisierten Fahren behält das über viele Jahrzehnte bewährte Dreisäulenmodell von Fahrer-, Halter- und Herstellerhaftung Bestand [Daim15] [MeBe23]. Beim autonomen Fahren muss in Zukunft aber zusätzlich berücksichtigt werden, wer das Auto zum Zeitpunkt eines Unfalls geführt hat und ob Schäden durch einen Produktfehler des Herstellers, durch fehlende Verbindung zum Mobilfunknetz, durch eine Falschmeldung der staatlichen Infrastruktur oder durch falsches Eingreifen vonseiten des Fahrers zustande gekommen ist.
Grundsätzlich ist ist beim automatisierten Fahren, wie auch beim manuellen Fahren der Halter haftungspflichtig, es sei denn er überlässt das Fahrzeug willentlich einer Drittperson, das Fahrzeug wird ohne Wissens der Halters genutzt oder in Fällen höherer Gewalt [StVG, §7]. Gemäß der Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) aus dem Jahr 2017 darf sich der Fahrzeugführer vom Verkehrsgeschehen abwenden, muss jedoch rechtzeitig eingreifen bzw. das Fahrzeug übernehmen können. Schafft der Fahrzeugführer dies nicht, ist dieser haftungspflichtig [StVG, §1b]. Über das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) kann der Hersteller für entstandene Schäden haftbar gemacht werden, wenn Fehler seitens des Produktes (also des Fahrzeugs) vorliegen. Mit zunehmender Automatisierung wird dies stärker in den Fokus rücken. Eine freiwillige Haftungsübernahme seitens des Herstellers zur Schaffung eines Kaufanreizes für Kunden wäre eine weitere Möglichkeit die Haftungsfrage zu beantworten [Behr17].
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Security Autonomes Fahren (Stand des Wissens: 27.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?475978
Literatur
[5GAA16] Telecommunications and automotive players form
global cross-industry 5G Automotive Association, 2016/09/27
[5GAA23] 5GAA Automotive Association (Hrsg.) Join the 5GAA, 2023
[Behr17] Philipp Behrendt Der Verkehrsunfall der Zukunft: Wer haftet beim autonomen Fahren?, 2017/09/04
[BuKa15] Autonomes Fahren durch selbstfahrende Autos, 2015
[Daim15] Rechtliche Rahmen: Autonomes Fahren, 2015
[HSPf15a] Autonomes Fahren Teil 9/10: Hürden auf dem Weg zur Mobilität von Übermorgen, 2015/03/21
[MeBe23] Mercedes-Benz Group (Hrsg.) Automatisiertes und autonomes Fahren: Rechtlicher Rahmen , 2023
[SchE23] Schweizerische Eidgenossenschaft (Hrsg.) Automatisiertes Fahren: Wiener Abkommen über den Strassenverkehr angepasst, 2021/11/03
[Welt17] Bellberg, G. Wer möchte eigentlich autonome Autos?, WeltN24 GmbH, Berlin, 2017/02/02
[Zeit15] Breitinger, M. Der Nutzer wird es schon annehmen, Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Hamburg, 2015/09/21
Rechtsvorschriften
[StVG] Straßenverkehrsgesetz (StVG)
Glossar
5G Als 5G wird die fünfte Generation von Mobilfunknetzen nach LTE (4G), UMTS (3G), GSM (2G) und dem analogen Mobilfunknetz bezeichnet, an der gegenwärtig geforscht wird. Innerhalb dieser Netze werden Mobilfunkgeräte innerhalb einer Funkzelle direkt miteinander kommunizieren und so die jeweilige Basisstation entlasten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?472548

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 15:55:36