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Formen für eine Beteiligung der öffentlichen Hand an digitalen Übertragungsinfrastrukturen

Erstellt am: 25.06.2015 | Stand des Wissens: 23.04.2020
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Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck

Für eine Beteiligung der öffentlichen Hand am Angebot von Übertragungsinfrastrukturen kommen unterschiedliche Möglichkeiten in Frage. Die zentralen Möglichkeiten werden nachfolgend in einem Überblick dargestellt. Detailliertere Darstellungen, Analysen und Praxisbeispiele finden sich unter anderem bei [BMVI14r] und [BBB15].
Im Rahmen einer (I) zweckgebundenen Subvention (Finanzzuweisung) gewährt der Staat (Europa, Bund, Länder) den privaten Breitbandinvestoren direkte Finanzzuschüsse für den Bau, den Betrieb und die kommerzielle Nutzung eines Breitbandnetzes. Die meisten nationalen Breitbandstrategien der europäischen Länder sehen solche öffentliche Mittel vor, um die Breitbandabdeckung in Gebieten zu verbessern, in denen es für kommerzielle Betreiber keinen Anreiz gibt, in den Ausbau hochleistungsfähiger Zugangsnetze der nächsten Generation zu investieren und den Breitbandausbau zu beschleunigen [EU 2013/C 25/01]. Diese Art der Beteiligung macht daher derzeit die Mehrheit der von der Europäischen Kommission untersuchten Beihilfesachen aus [EU 2013/C 25/01]. Eine Übersicht über aktuelle, in Deutschland verfügbare Förderprogramme liefert zum Beispiel das Breitbandbüro des Bundes (BBB). Subventionen können auch indirekt in Form von Steuervergünstigungen, zinsvergünstigten Darlehen oder anderen vergünstigten Finanzierungskonditionen erfolgen.
Es kann auch ein (II) unmittelbares Angebot durch die öffentliche Hand erfolgen, indem sie sich an der Erstellung von (Vor- oder End-)Produkten beteiligt. Hierzu kommen vor allem folgende Optionen in Betracht:
Die öffentliche Hand kann den Bau eines Breitbandnetzes (so genannte "Sachleistung") finanzieren, welches dann privaten Akteuren zur Verfügung gestellt wird, die in elektronische Kommunikationsdienste investieren, vergleiche [EU 2013/C 25/01] (Baukosten und andere Investitionen in die passive Infrastruktur können bis zu 70 Prozent der Gesamtkosten eines Breitbandprojekts ausmachen). Am häufigsten stellt die öffentliche Hand passive Breitbandinfrastruktur bereit, indem sie (Straßen-)Bauarbeiten vornimmt, Leerrohre oder unbeschaltete Glasfaserleitungen verlegt.
Die öffentliche Hand kann zusätzlich als Betreiber des Breitbandnetzes auftreten. Der Betrieb des Netzes kann alternativ auch durch einen privaten Konzessionär erfolgen, der zum Beispiel im Rahmen einer Ausschreibung ermittelt werden kann.
Vor allem auf kommunaler Ebene kann auch eine Zusammenarbeit mehrerer Gebietskörperschaften im Hinblick auf das Angebot von Breitbandnetzen erfolgen, zum Beispiel in Form eines kommunalen Zweckverbunds. Details und Beispiele finden sich in [BBB15, S. 47]. Eine allgemeine Analyse zu Wirkungen von interkommunaler Zusammenarbeit findet sich zum Beispiel bei [BKZ12].
Eine Lizenz ist eine Erlaubnis bestimmte Handlungen vorzunehmen, die ohne diese Lizenz durch eine Regel verboten sind. Eine Lizenz kann mit bestimmten (III) Lizenzbedingungen verknüpft werden, die durch den Lizenznehmer einzuhalten sind. Solche Bedingungen können zum Beispiel die räumliche Abdeckung eines Gebiets mit Infrastrukturelementen innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder die Bepreisung gegenüber den Endkunden betreffen.
Die Formulierung von Bedingungen im Rahmen von Lizenzen hat den Vorteil, dass Rechte mitgenutzt werden können, die ohnehin bei der öffentlichen Hand liegen. Allerdings ist die Formulierung von Bedingungen damit auch zeitlich an die Vergabe von Lizenzen gebunden.
Beispielsweise formuliert § 61 Absatz 3 Telekommunikationsgesetz, dass im Rahmen einer Frequenzvergabe für Mobilfunk Bedingungen für fachliche und sachliche Mindestvoraussetzungen der Akteure sowie für den Versorgungsgrad bei der Frequenznutzung und seiner zeitlichen Umsetzung aufgestellt werden können [TKG]. Die Bundesnetzagentur [BK1-11/003] hat beispielsweise im Jahr 2015 Bedingungen im Rahmen der Lizenzvergabe für zusätzliche Frequenzen für öffentlichen Mobilfunk formuliert. Diese Bedingungen sehen Folgendes vor:
  • Der Lizenzinhaber muss eine flächendeckende Breitbandversorgung der Bevölkerung mit mobilfunkgestützten Übertragungstechnologien sicherstellen, die eine Übertragungsrate von mindestens 50 Megabits pro Sekunde pro Antennensektor erreichen.
  • In einem Zeitraum von drei Jahren nach Zuteilung der Frequenzen muss jeder Zuteilungsinhaber eine Abdeckung von mindestens 97 Prozent der Haushalte in jedem Bundesland und 98 Prozent bundesweit erreichen.
  • Die Hauptverkehrswege (Bundesautobahnen und Intercity-Express-Strecken) müssen vollständig abgedeckt werden.
  • Abschwächungen existieren für Lizenzinhaber, die bislang noch nicht Betreiber eines bundesweiten Mobilfunknetzes sind. Sie werden lediglich verpflichtet einen Versorgungsgrad der Bevölkerung von mindestens 25 Prozent ab dem Jahr 2021 und von mindestens 50 Prozent ab dem Jahr 2023 zu erreichen.
Das Ziel einer (IV) Regulierung ist die Beeinflussung der Entscheidungsfällung eines privaten Anbieters, oder mehrerer Anbieter, im Sinne der spezifischen Ziele des Regulierers (zum Beispiel in Bezug auf räumliche Abdeckung, Netzzugang oder Bepreisung) unter der Nebenbedingung asymmetrisch verteilter Informationen. Dies impliziert, dass der private Anbieter ohne diese Regulierung voraussichtlich Entscheidungen treffen würde, die nicht den Zielen des Regulierers entsprechen.
Die Regulierung des Angebots von Übertragungsinfrastrukturen erfolgt in Europa durch die nationalen Regulierungsbehörden. Im Kontext des Ausbaus von Breitbandnetzen und insbesondere von Zugangsnetzen der nächsten Generation spielen die Behörden derzeit in Europa eine aktive Rolle [EU 2013/C 25/01].
Die Regulierung in Deutschland umfasst eine Regulierung im Festnetzbereich, welche sowohl Vorgaben zum Zugang zu Vorleistungsprodukten (Zugangsregulierung) als auch (kostenorientierte) Vorgaben zu den Preisen für die meisten Vorleistungsprodukte (Entgeltregulierung) umfasst, vergleiche [TKG]. Im Mobilfunkbereich existieren Vorgaben zu Höhe der Terminierungsentgelte und es werden Bedingungen im Kontext der Frequenzvergabe formuliert. Zudem sieht der Regelrahmen zum Beispiel im Mietleitungsmarkt die Verpflichtung für den Netzinhaber vor, die Rechnungsstellung und das Inkasso auch für Konkurrenten zu übernehmen, vergleiche [TKV]. Zudem ist die Portabilität von Rufnummern gesetzlich geregelt. Beides dient der Senkung von Transaktionskosten seitens der Anbieter und seitens der (End-)Nachfrager, vergleiche [TKG], §46.
Der Regelrahmen auf der europäischen Ebene umfasst unter anderem eine Regulierung der Roaming-Gebühren für Mobilfunkgespräche und Datenübertragung.
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Literatur
[BBB15] Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Bundesbreitbandbüro, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (Hrsg.) Leitfaden zum Breitbandausbau, 2015
[BKZ12] Beckers, Thorsten, Klatt, Jan Peter, Zimmermann, Tobias Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) - Eine (institutionen-)ökonomische Analyse, veröffentlicht in Renaissance öffentlicher Wirtschaft: Bestandsaufnahme, Kontexte, Perspektiven, Nomos / Baden-Baden, 2012
[BMVI14r] Ullrich, Marc, Schaff, Elmar, Freund, Matthias, Tippelt, Tobias, Laible, Oliver Erfolgreiche bzw. Erfolg versprechende Investitionsprojekte in Hochleistungsnetze in suburbanen und ländlichen Gebieten, 2014
Rechtsvorschriften
[BK1-11/003] Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur zur Frequenzvergabe
[EU 2013/C 25/01] Leitlinien der EU für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau
(2013/C 25/01)
[TKV] Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV)
Glossar
Breitbandbüro des Bundes Das Breitbandbüro des Bundes (BBB) wurde Ende 2010 eingerichtet. Ziel des Breitbandbüros des Bundes ist es, die Breitbandstrategie der Bundesregierung zu unterstützen. Dazu hält es Kontakt zu den Breitbandeinrichtungen der Länder, erarbeitet Leitfäden zu aktuellen Themen und organisiert Workshops und begleitet Dialogveranstaltungen. Das Breitbandbüro ergänzt somit die Beratungs- und Informationsangebote der Länder.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?452585

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 13:53:11