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Dimensionen politischer Zielsetzungen im Hinblick auf ein effizientes Angebot digitaler Dienste und digitaler Infrastrukturen

Erstellt am: 25.06.2015 | Stand des Wissens: 23.04.2020
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck

Die politischen Ziele im Hinblick auf ein effizientes Angebot digitaler Dienste und digitaler Infrastrukturen können ganz verschiedene Dimensionen betreffen. Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die Politik eine gesamtgesellschaftlich orientierte Perspektive verfolgt, bei der die Etablierung eines auf die Gesamtheit der individuellen Präferenzen möglichst gut passenden Angebots an Leistungen im Vordergrund steht. Im Einzelnen kann eine solche Perspektive unter anderem folgende Teilaspekte umfassen:
  • Digitale Dienste und digitale Infrastrukturen sollen bei den Nutzenden einen möglichst hohen Nutzen erzeugen. Dieser kann sich auf sachliche Eigenschaften (zum Beispiel Arten von Diensten, Funktionalitäten von Endgeräten, Übertragungsgeschwindigkeiten), räumliche Eigenschaften (zum Beispiel Breitbandabdeckung oder Verfügbarkeit von Diensten über Ländergrenzen hinweg) und zeitliche Eigenschaften (zeitliche Verfügbarkeit) beziehen.
  • Da Endnutzer über ein begrenztes Vermögen verfügen und eingespartes Geld weiteren nutzenstiftenden Verwendungen zugeführt werden kann, sollen die Güter zu einem möglichst niedrigen Preis angeboten werden.
  • Die Erstellung des Angebots soll unter (sonst) gleichen Umständen mit möglichst geringen (Produktions- und Transaktions-) Kosten einhergehen, was zum Beispiel die Bedeutung von Mitverlegung bei Infrastrukturen aufzeigt.
  • Das Angebot soll mit einer von der Gesellschaft als fair empfundenen Verteilung einhergehen (unter anderem räumliche Verteilung schneller Infrastrukturen und Zeitpunkte, ab denen diese verfügbar sind).
Die zentralen politischen Ziele der deutschen Bundesregierung im Hinblick auf das Angebot digitaler Dienste und digitaler Infrastrukturen können dem Koalitionsvertrag [Bund18] und der "Digitalen Agenda 2014 - 2017" [Bure14] und deren Nachfolger der "Digitalen Strategie 2025" [BMWI16a] entnommen werden. Im Ergebnis ergeben sich folgende zentrale Festlegungen:
  • Es wird ein flächendeckender Breitbandausbau mit einer Downloadgeschwindigkeit von mindesten 50 Megabits pro Sekunde bis 2018 angestrebt, eine explizite Vorgabe für die Uploadgeschwindigkeit erfolgte nicht [DigAg18].
  • Die Digitale Agenda sieht vor, dass die Erlöse aus der Mobilfunk-Frequenzversteigerung zur Finanzierung des Netzausbaus verwendet werden. Zudem sollen weitere staatliche Subventionen an die kommerziellen Netzbetreiber erfolgen. Der im Koalitionsvertrag noch genannte Breitband-Bürgerfonds ist in der Digitalen Agenda nicht mehr vorgesehen.
  • Die Digitale Agenda verweist im Hinblick auf die Netzneutralität auf einen zukünftigen "Fachdialog Netzneutralität". Der im Koalitionsvertrag vorgesehene diskriminierungsfreie Transport aller Datenpakete (Netzneutralität) sowie die ebenfalls geplante Netzneutralität bei Suchmaschinen tauchen nicht mehr auf.
  • Die Digitale Strategie sieht einen Ausbau des Gigabit-Glasfasernetzes und somit der Kapazität, der Verfügbarkeit und der Latenz dessen als einen wichtigen Baustein der Stärkung des digitalen Wirtschaftstandorts Deutschland.
  • Desweiteren soll die Datensicherheit und der Datenschutz gestärkt werden. Dies soll unter anderem durch die Entwicklung sicherheitsverbessernder Systeme und Anwendungen und durch die Anpassung der Rechtslage an aktuelle Bedürfnisse (angemessener Ausgleich zwischen Verbraucher-, Unternehmens- und staatlichen Sicherheitsinteressen) geschehen.
Ergänzend dazu ist 2017 das "Weißbuch Digitale Plattformen" erschienen, mit welchem der länderübergreifende, europaweite Digitalisierungsprozess weiter vorangetriebenwerden soll. Dieses verfolgt die folgenden Ziele [BMWI17f]: 
  • Vorantreiben einer durch Europa und Deutschland gesteuerten digitale Entwicklung
  • Förderung des Digitalisierungsprozesses durch den Staat (z. B. Ausbau des Breitbandnetzes), bei gleichzeitiger aktiver Teilhabe der Wirtschaft
  • Stärkung der Sicherheit in digitalen Räumen (z. B. durch den Aufbau von Instituten, welche die Funktion der Überwachung und der Strafverfolgung übernehmen)
  • Stärkung der digitalen Einheit Europas (z. B. durch einheitliche Regelwerke und Bestimmungen)
Die politischen Ziele auf europäischer Ebene ergeben sich aus der "Digitalen Agenda für Europa" der Europäischen Kommission, vergleiche [KOM(2010)245]. Diese beinhaltet unter anderem die folgenden zentralen Ziele:
  • Alle europäischen Haushalte sollen bis zum Jahr 2020 die Möglichkeit eines Breitbandzuganges erhalten, wobei mindestens die Hälfte von ihnen auf Bandbreiten von mehr als 100 Megabits pro Sekunde zugreifen können soll. Für die übrigen Haushalte soll die Übertragungsgeschwindigkeit bei mindestens 30 Megabits pro Sekunde liegen.
  • Der Fragmentierung und der fehlenden Interoperabilität (länder-)übergreifender Dienste im europäischen Binnenmarkt soll entgegengetreten werden.
Auf allen staatlichen Ebenen weisen die Ziele für die verschiedenen Bereiche (unter anderem Dienste versus Infrastrukturen) eine unterschiedliche Konkretheit auf. Klare politische Ziele sind allerdings eine notwendige Voraussetzung für die Positionierung der öffentlichen Hand im Kontext des Angebots von digitalen Diensten und Infrastrukturen. Daher erscheint es erforderlich, dass die politischen Zielsetzungen, zum Beispiel im Hinblick auf den Umgang mit der Konzentration von Daten oder der Ausdehnung der Tätigkeiten von Konzernen für Informationstechnologie, künftig weiter geschärft werden. Beim Einbezug von Interessenvertretern wird weiterhin ein Abwägung zwischen Informationsbeschaffung, im Kontext der sehr komplexen und dynamischen Anforderungen an das Wissen der öffentlichen Hand als zentraler "Gestalter" des Angebots, und interessengeleiteter Beeinflussung erforderlich sein.
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Literatur
[BMWI16a] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Digitale Strategie 2025, 2016/03
[BMWI17f] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Weißbuch Digitale Plattformen - Digitale Ordnungspolitik für Wachstum, Innovation, Wettbewerb und Teilhabe, 2017/03
[Bund18] CDU, CSU, SPD Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
19. Legislaturperiode, Berlin, 2018/03/12
[DigAg18] Bundesministerium des Innern, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Digitale Infrastrukturen, 2017
[KOM(2010)245] EU-Kommission (Hrsg.) Eine Digitale Agenda für Europa, 2010/05/19

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?452547

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