Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Potenziale und Optimierungsbedarf digitaler Infrastrukturen im Verkehrsbereich

Erstellt am: 12.06.2015 | Stand des Wissens: 05.09.2023
Synthesebericht gehört zu:

Der flächendeckende Ausbau digitaler Infrastrukturen und die Gewährleistung eines gesicherten Netzzugangs sind entscheidende Standortfaktoren der modernen Gesellschaft. Dies spiegelt sich auch in dem stark gewachsenen Bedarf von Privatpersonen und Unternehmen an schnellen Internetzugängen während der letzten Jahre wider [BMVI15c].
Im internationalen Vergleich ist der Ausbaugrad der digitalen Infrastruktur in Deutschland als unterdurchschnittlich anzusehen. Deutschland liegt hier im europäischen Vergleich beispielsweise mit einer Glasfaserquote von nur einem Prozent an letzter Stelle [BMVI15c]. Desgleichen ermöglichen aktuelle Technologien, wie beispielsweise das Vectoring, verhältnismäßig schnelle Geschwindigkeiten. Dies reicht aber aufgrund der privaten und gewerblichen Nachfragen mittel- bis langfristig nicht aus. Unternehmen können sich eine Ansiedlung im schlecht ausgebauten ländlichen Bereich, welcher keine flächendeckende, hochleistungsfähige Breitbandanbindung bietet, nicht mehr leisten. Dabei wird die Arbeitswelt, von der Wissensarbeit bis hin zur Produktion, immer stärker von digitalen Anwendungen und Technologien durchdrungen. Stand 2022 nutzen 84 Prozent der deutschen Unternehmen Cloud Computing [Stat22i]. Momentane technologische Megatrends wie beispielsweise das Cloud Computing, 3D Videostreams, Apps, Social Collaboration erfordern auch für den privaten Bereich einen erhöhten flächendeckenden Ausbau von digitalen Infrastrukturen [BMVI15c].
Abbildung 1 zeigt die Verfügbarkeit breitbandiger Anschlüsse nach verschiedenen Breitbandklassen für deutsche Haushalte, unabhängig von der verwendeten Technologie. Verfügbarkeit bedeutet hier jedoch nicht, dass all diese Haushalte auch entsprechende Anschlüsse nachfragen. Es ist ersichtlich, dass besonders die kleineren Breitbandklassen gut ausgebaut sind, hingegen Breitbandklassen mit höherer Datenübertragungsgeschwindigkeit noch Ausbaubedarf haben. Zu erwarten ist, dass aufgrund des steigenden Bandbreitenbedarfs durch die Anforderungen der privaten wie industriellen Nachfrage (Industrie 4.0, Internet der Dinge) in den kommenden Jahren Bandbreiten größer 50 Megabit pro Sekunde eine immer wichtigere Rolle spielen werden.
Die räumliche Verteilung der breitbandig angebundenen Anschlüsse ist regional unterschiedlich. Beispielsweise beträgt im ländlichen Raum die Anbindung an Breitbandanschlüsse von 30 Megabit pro Sekunde nur 39,1 Prozent, von 50 Megabit pro Sekunde sogar nur 23,3 Prozent [BBAtlas]. Doch die Anbindung an Breitbandanschlüsse im ländlichen Raum hat sich in den letzten Jahren sehr verbessert. Wo ende 2017 nur 43,8 Prozent des ländlichen Raums eine Anbindung zu Breitbandanschlüsse von 50 Megabit pro Sekunde hatte, ist diese Nummer Mitte 2021 auf 82,8 Prozent gestiegen [bmdv21o]. 
Des Weiteren haben digitale Netze eine besondere Bedeutung für den Verkehrsbereich. Diese sind unter anderem Voraussetzung für die Echtzeitdatenerfassung der Verkehrsströme und deren Lenkung/Optimierung mittels Verkehrsmanagementzentralen und Verkehrsanlagen. Dabei werden bereits heute und künftig in allen Regionen (urban, suburban und rural) große Datenmengen zu transportieren und im Verbund mit Daten anderer Quellen zu verarbeiten sein (Big Data).
Die verwendeten Technologien sind differenziert zu betrachten. Detailliertere Informationen zum jeweils aktuellen Breitbandausbau können dem Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) entnommen werden [BMVI15c].
Breitbandverfuegbarkeit_Deutschland.jpgAbb. 1: Breitbandverfügbarkeit in Deutschland (Stand Mitte 2018) [nach BBAtlas] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Öffentliche digitale Netze sind angesichts ihrer grundlegenden Architektur nur schwer zu kontrollieren und vor Cyber-Kriminalität (Internet-Kriminalität) zu schützen. Die schnelle technologische Entwicklung und der voranschreitende Netzausbau verkomplizieren die Situation, sodass die hundertprozentige Gewährleistung eines umfassenden Datenschutzes nahezu unmöglich wird. Des Weiteren bringt die meist internationale Nutzung größerer Internetplattformen sowie die weltweite Verteilung der Serverstandorte eine Datenspeicherung in Drittländern mit sich und somit die Problematik voneinander abweichender nationaler Gesetzgebungen und Normen. Dies gilt sowohl für Privatpersonen als auch für national und international agierende Unternehmen [Borb13].
Ähnlich der wachsenden Daten- und Informationsmengen steigt der physische Mobilitätsbedarf von Personen und Gütern. Dieser erfordert informationstechnische und telematische Lösungen, die eine ausgebaute digitale Infrastruktur voraussetzen. Dazu zählen Dienste wie beispielsweise: Fahrgastinformationen, Fahrzeugortungen, Störfallmanagement oder Betriebsleitzentralen zur Betriebsüberwachung und Qualitätssicherung. In den letzten Jahren sind deshalb eine Vielzahl an digitalen Infrastrukturen in den Verkehrssektor integriert worden. Ohne diese digitalen Infrastrukturen wären zum Beispiel Verkehrsleitzentralen wie in Stuttgart, Dresden, Köln oder München nicht möglich [SaRie14]. Voraussetzung für den reibungslosen Datenaustausch, beispielsweise zur Steuerung der Verkehrsströme, sind kontinuierlich und verlässlich funktionierende und gesicherte Verbindungen [Rusc09].
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Digitale Infrastrukturen für verkehrsspezifische Anwendungen (Stand des Wissens: 05.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?451631
Literatur
[bmdv21o] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Bericht zum Breitbandatlas Teil 1: Ergebnisse, 2021
[Rusc09] Ruscher, G. Funklösungen für den ÖPNV
Spezifische Anforderungen, aktueller Stand & Perspektiven, 2009/04
[SaRie14] Sandrock, M., Riegelhuth, G. Verkehrsmanagementzentralen in Kommunen - Eine vergleichende Darstellung, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2014, ISBN/ISSN 978-3-658-04390-2
[Stat22i] Statistika (Hrsg.) Nutzung von Cloud Computing in Unternehmen in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2022, 2022/06
Weiterführende Literatur
[Börn12] Börnsen, A. Breitbandversorgung 2020. Entwicklungen, Ziele und Förderinstrumente, 2012/05, ISBN/ISSN 978-3-86498-121-0
Glossar
Vectoring
Vectoring ist eine Netztechnologie, die zur Erhöhung der Datenraten in Kupferkabelleitungen Anwendung findet. Die Vectoring-Technologie kann die zum Teil erheblichen elektromagnetischen Störungen, die durch Fremd- und Störsignale, durch Interferenzen, Übersprechen und Nahnebensprechen auf den Teilnehmeranschlussleitungen entstehen, verringern und kompensieren. Damit werden höhere Datenraten ermöglicht.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
Social Collaboration
Unter Social Collaboration ist die gemeinsame vernetze Zusammenarbeit im Unternehmenskontext zu verstehen. Damit wird die Zusammenarbeit zwischen Menschen in Projekten, Gruppen oder auch Teams mit Hilfe des Internets und elektronischer Medien bezeichnet. Verschiedene Kommunikationswege und -anwendungen stehen dafür zur Verfügung, wie zum Beispiel Videokonferenzen, firmeninternes Intranet oder aber auch die Verständigung mittels E-Mails.
Cloud In der Informations- und Kommunikationsiwrtschaft wird das Internet oftmals als Wolke (Cloud) dargestellt. Von der Cloud oder dem Cloud-Computing wird daher gesprochen, wenn Daten und Anwendungen in entfernten Rechenzentren gespeichert werden, die nicht auf dem lokalen Arbeitsplatzcomputer oder Server installiert sind. Der Nutzer kann bei Bedarf jederzeit und von überall aus über ein Telekommunikationsnetz  beziehungsweise das Internet auf Daten zugreifen, das diese konfigurierbaren Rechnerressourcen, wie Netze, Server, Speichersysteme, Anwendungen und Dienste mit entsprechenden Zugriffsrechten bereitstellt.
Glasfaserquote Prozentuales Verhältnis der ausgebauten Glasfaseranschlüsse im Verhältnis zu anderen konventionellen Anschlüssen für kabelgebundene Telekommunikation.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?450770

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 16:27:59