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Verkehrsmanagementsysteme

Erstellt am: 09.06.2015 | Stand des Wissens: 05.09.2023
Synthesebericht gehört zu:

Der Begriff Verkehrsmanagement beinhaltet Maßnahmen zur gezielten Beeinflussung des Verkehrs, welche vor allem der Erhöhung der Verkehrseffizienz dienen und damit auch indirekt zur Verbesserung der Energieeffizienz sowie der Wirtschaftlichkeit beitragen. Zu den Maßnahmen zählen neben der Verkehrsvermeidung insbesondere die räumliche, zeitliche oder modale Verlagerung sowie die Lenkung des Verkehrs [GöRe13].
Beginnend mit der starren Beschilderung und später mit Lichtsignalanlagen (LSA) wurde es prinzipiell möglich, Verkehrsströme zu beeinflussen. Die heute mögliche situationsabhängige Verkehrsbeeinflussung setzt eine entsprechende Sensorik voraus, die eine Rückkopplung zwischen aktuellem Zustand und der Steuergröße ermöglicht. Im Rahmen von Verkehrsmanagementsystemen werden hierzu Verkehrsdaten zentral gesammelt und zu Verkehrszustandsinformationen aufbereitet. Dabei gewinnen mobile Erfassungsmethoden über Floating Car Data (FCD) oder Floating Car Observer (FCO) [WoHe10] zukünftig gegenüber der stationären Verkehrsdatenerfassung, wie beispielsweise über Induktionsschleifen oder Verkehrskameras, an Bedeutung. Mit Bezug zum Anwendungsbereich werden gemäß Götze/Rehme [GöRe13] Verkehrsmanagementsysteme für rechnergestützte Betriebsleitsysteme (ITCS) des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), Lichtsignalanlagensteuerungen, Parkleitsysteme, Verkehrsleitzentralen und -beeinflussungsanlagen klassifiziert.
Für die generelle Funktionsfähigkeit sowie verkehrslenkende Wirkung der Verkehrsmanagementsysteme sind vor allem zwei Faktoren von großer Bedeutung. Einerseits gibt es Anforderungen an Güte und Informationsdichte der Eingangsdaten, welche maßgeblich von der Zahl vorhandener Sensoren, deren Anbindung an die digitale Infrastruktur und vom Ausbauzustand der digitalen Infrastruktur abhängen [BMVI14n]. Andererseits existieren bislang Verkehrsmanagementsysteme nur punktuell für begrenzte urbane Gebiete. So gibt es seit 2004 im städtischen Gebiet Dresdens ein operatives Verkehrsmanagementsystem (VAMOS), welches von der TU Dresden entwickelt und im Auftrag der Landeshauptstadt Dresden gewartet und weiterentwickelt wird [Krim14b]. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung neuartiger Dienste auf Basis der Nutzung der aktuellen Verkehrsinfrastrukturdaten [West13].
Das Potenzial für zukünftige Ausbaustufen des Verkehrsmanagements liegt in der Vernetzung der bisher isolierten Einzelsysteme, um somit eine übergreifende Verkehrslagesteuerung zu ermöglichen [Bmvb12a]. Die Grundlage dafür bildet ein entsprechender Ausbau der digitalen Infrastruktur, der Verkehrssensorik und der Beeinflussungsaktorik. Im Raum Leipzig/Halle wurde mit dem Projekt MOSAIQUE [BMWi09h] ein Verkehrsmanagementnetzwerk entwickelt, welches die Vorteile der überregional vernetzten Verkehrslagesteuerung demonstriert.
Weitere wichtige Aspekte für die Organisation und Umsetzung zukünftiger Verkehrsmanagementsysteme sind offene Systemstrukturen sowie deren Interoperabilität. Hier soll beispielsweise mit dem Open Traffic Systems (OTS) Standard die herstellerübergreifende Vernetzbarkeit ermöglicht werden, was heterogene Systemstrukturen erlaubt und gleichzeitig die Interoperabilität von Teilsystemen unterstützt [BMWI08b].
Begleitung und Umsetzung solcher zukünftigen Gestaltungsmaßnahmen sollten durch staatlich autorisierte Organisationen, wie die Verkehrsverwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen, etabliert werden [GöRe13].
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Digitale Infrastrukturen für verkehrsspezifische Anwendungen (Stand des Wissens: 05.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?451631
Literatur
[BMWI08b] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.) Verkehrsmanagement und Verkehrstechnologien
Mobile Zukunft mit intelligenten Verkehrssystemen, 2008
[GöRe13] Götze, U., Rehme, M. Intelligente Verkehrssysteme in der Neuen Mobilität: Formen, Entwicklungstrends und Wertschöpfungsnetze, Ausgabe/Auflage 1. Auflage, GUC-Verlag Gesellschaft für Unternehmensrechnung und Controlling, 2013/09/04, ISBN/ISSN 978-3863670245
Weiterführende Literatur
[BMVI18t] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in der Mobilität Aktionsplan, 2018/11
Glossar
Floating Car Observer Fahrzeug, das neben den eigenen Daten zur Fahrzeugbewegung (Floating Car Data, FCD) durch die Beobachtung der Fahrzeugumgebung, insbesondere des Gegenverkehrs, weitere Verkehrskenngrößen ermittelt und an eine entsprechende Datenplattform übermitteln kann. Dies kann mit Hilfe von Laser-Sensoren, durch Ultraschall-Messungen und infrarotbasierte Messsysteme erfolgen.
Floating Car Data
Bei Floating Car Data (FCD) geht es um das Messen und Auswerten der Fahrzeugbewegungen anhand von Daten, die direkt aus dem Fahrzeug kommen. Grundlage ist Global Positioning System (GPS) für die Positionsbestimmung im Fahrzeug und Global System for Mobile Communication (GSM)-Kommunikation für die Übertragung von Informationen zwischen Fahrzeug und Zentrale. Damit entsteht im Fahrzeug eine mitschwimmende Messstation für Verkehrsdaten.
In der Zentrale werden die eingehenden anonymisierten Meldungen temporär zwischengespeichert und deren Integrität geprüft. Mit Hilfe von digitalen Karten kann damit der Fahrweg und das Fahrprofil rekonstruiert werden. Die aufbereiteten Daten fließen in ein Rechnersystem zur Zustandsmodellierung der Verkehrslage. Daraus lassen sich aktuelle Verkehrsmeldungen, Verkehrsprognosen und Umfahrungsempfehlungen ableiten.
LSA Lichtsignalanlagen LSA (umgangssprachlich: Ampeln) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs, indem mittels Lichtsignalen ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer angeordnet wird.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
ITCS
Intermodal Transport Control System (ITCS) ist ein Rechnerverbund-System im ÖPNV, welches über einen zentralen Server alle anfallenden Betriebsdaten sammelt und mit den ursprünglichen Planungsdaten vergleicht. In gewissen Grenzen kann es daraufhin selbstständig auf die jeweilige Betriebssituation reagieren.
Im Jahr 2005 ersetzte der Begriff ITCS die Bezeichnung rechnergestütztes Betriebsleitsystem (RBL), worauf sich VDV und Industrie aufgrund von überholter Funktionalität einigten.
LSA Lichtsignalanlagen (LSA) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs. Sie ordnen für Verkehrsteilnehmer ein bestimmtes Verhalten an, indem sie gesteuerte Signale abgeben. Umgangssprachlich werden sie auch häufig Ampeln genannt.
Verkehrseffizienz
Beurteilungskriterium, welches beschreibt, inwieweit verkehrliche Maßnahmen, wie beispielsweise Ersparnisse in Fahrzeit, Spritverbrauch und Abgasausstoß, dass vorgegebene Ziel in einer bestimmten Art und Weise erfüllen

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?450188

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 15:16:44