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Mobilitätsberatung

Erstellt am: 09.09.2014 | Stand des Wissens: 25.10.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Mobilitätsberatung kann über Mobilitätszentralen oder Mobilitätsberater erfolgen.
Mit dem Ziel, multimodale Informationen und Dienstleistungen bereitzustellen, wurden Anfang der 1990er Jahre in Deutschland Mobilitätszentralen eingerichtet. Zielgruppe dieses Serviceangebotes sind grundsätzlich alle Bürgerinnen und Bürger. Durch eine Beratung und Information über Verkehrsmittelalternativen soll eine Verlagerung von Pkw-Fahrten auf den Umweltverbund angeregt werden [Lou13, S. 16]. Das Mobilitätsverhalten ist zunehmend multimodal und auch durch Elektromobilität geprägt, welches neuen Beratungsbedarf generiert und somit veränderte Konzepte im Mobilitätsmanagement erfordert [VDV17]. Eine persönliche Beratung erfolgt vor Ort, am Telefon oder im Internet.
Der Einsatz von Personen im Mobilitätsmanagement ist wichtig für eine persönliche Beratung im Dialog, bei der individuelle Fragestellungen zur grundsätzlichen Mobilitätsplanung eine Rolle spielen. Mobilitätsberater sind sowohl als Innen- wie auch als Außendienstmitarbeiter des Mobilitätsdienstleisters das persönliche Bindeglied zwischen dem Verkehrsunternehmen und den (potenziellen) KundInnen. Sie verfügen über umfassendes Fachwissen und sind in der Lage, individuell an die Kunden- beziehungsweise Bürgerwünsche angepasste Dienstleistungspakete zu entwickeln. Dabei erkennen sie wesentliche Punkte der Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden und leiten sie an die zuständigen Stellen weiter [MOMCHECK]. In dieser individualisierten und vor dem Hintergrund technologischer Innovationen und sich wandelnder Mobilitätserfordernisse angesiedelten Herangehensweise unterscheidet sich die Mobilitätsberatung von einer standardisierten Kundenberatung. Mobilitätsberater schaffen da Klarheit, wo KundInnen sich von der Vielfalt an Unternehmen und Angeboten überfordert sehen. [VDV17] Davon profitieren auch die Verkehrsunternehmen: Nutzende, die sich gut informiert, transparent beraten und sicher im Umgang mit dem Öffentlichen Nahverkehr fühlen, bleiben als Kundschaft erhalten oder werben sogar neue an.
Folgende Fähigkeiten müssen Mobilitätsberaterinnen und -berater beispielsweise besitzen:
  • Kenntnis und Anwendung geeigneter Gesprächs- und Fragetechniken
  • Erkennen von Optimierungspotenzialen bei der Nutzung von Mobilitätsangeboten
  • Kenntnis der lokalen und regionalen Mobilitätsangebote sowie deren Verknüpfungsmöglichkeiten,
  • Kenntnis zur technischen Abwicklung der Verknüpfung einzelner Mobilitätsformen (Verträge, Nutzungsbedingungen, Ansprechpersonen) kennen,
  • Kundengerechte Erläuterung von Mobilitätsangeboten
  • Erkennen von speziellen Problemlagen eines Standortes, einer Firma oder einer Organisation [IVV19].
Die Mobilitätsberatung ist eine wichtige Maßnahme des zielgruppen- und standortbezogenen Mobilitätsmanagements [Lou13]. Ihre Kosten setzen sich maßgeblich aus Personalkosten zusammen, die in erster Linie aus öffentlicher Hand finanziert werden. Aufgrund der wichtigen Rolle, die das Mobilitätsmanagement für die Handhabe berufsbedingter Verkehre spielt, sollten auch immer mehr Betriebe miteingebunden werden [EPOMM13]. In der Literatur wird häufig betont, dass das Mobilitätsmanagement im Vergleich zu den Kosten für Infrastrukturprojekte wesentlich günstiger und effizienter sei [StöBo05; EPOMM13]. Bei Mobilitätszentralen und Mobilitätsberatern sind kombinierte Trägerschaften aus
  • Kommune,
  • Verkehrsdienstleistern,
  • Verkehrsverbund,
  • Privaten und
  • Initiativen
die Regel. Von den drei wesentlichen Akteuren (Kommune, Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbund) ist meist mindestens einer federführend vertreten. Privatinvestoren und Initiativen sind dagegen eher selten beteiligt.
Bei Neueinrichtungen eignet sich vorher eine Prüfung bestehender Informations- und Beratungsangebote unter anderem von Verkehrsunternehmen, Tourismusämtern, IHK-Beratungsstellen oder Verkehrsinitiativen und deren Aufgabenzusammenführung [BiKe01, VDV01c]. Ein Teil der Ausgaben kann bei Trägerschaft von Verkehrsdienstleistern dabei direkt aus Ticketverkäufen abgedeckt werden. Ein wesentlicher Teil der Ausgaben kann jedoch nur eher indirekt refinanziert werden und bedarf deshalb einer schlüssigen Begründung. Dazu zählt zum Beispiel eine Attraktivitätssteigerung der Stadt oder eine höhere Zufriedenheit im öffentlichen Personennahverkehr.
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Mobilitätsmanagement (Stand des Wissens: 25.10.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?20082
Literatur
[BiKe01] Beuchel, Petra, Bickenbach, Dieter , Braun, Gerhard, Fahle, Heinz-Werner , Kießlich, Heike, Kolks, Wilhelm , Kraft-Kettermann, Helga , Rabe, Sebastian, Sieverding, Udo , Wimmer, Rolf, Bihn, Friedhelm, Kemming, Herbert, Müller, Guido Qualitätsgeprüft: Standards für Mobilitätszentralen (ILS 178), veröffentlicht in ILS-Schriften, Ausgabe/Auflage 1. , 2001, ISBN/ISSN 3-8176-6178-9
[EPOMM13] European Platform on Mobility Management (Hrsg.) Mobility management: The smart way to sustainable mobility in European countries, regions and cities, 2013/09
[IVV19] IVV-Ingenieurgruppe für Verkehrswesen und Verfahrensentwicklung, IVV Aachen (Hrsg.) Erfolgsfaktoren für Mobilitätsberater, 2019
[Lou13] Conny Louen Wirkungsabschätzung von Mobilitätsmanagement
Ansatzpunkte zur Modellierung & Ableitung von Potentialen und Wirkungen am Beispiel des betrieblichen Mobilitätsmanagements, 2013/11, ISBN/ISSN 978-3-88354-166-2
[MOMCHECK] Fiedler, Joachim, und andere Mobilitätsmanagement - Checklisten Sammlung -, 2001
[StöBo05] TRANSVER GmbH, Dr.-Ing. K. Bogenberger, Christoph Stöberl, Rupert Bobinger Wirkungen des Mobilitätsmanagements - Strukturierte Recherche bisheriger Forschungsergebnisse, 2005/04
[VDV01c] Bihn, Friedhelm Die Mobilitätsberatung im ÖPNV - ein integraler Bestandteil des Mobilitätsmanagements, Ausgabe/Auflage 1, Vertrieb: beka Einkaufs- und Wirtschaftsgesellschaft für Verkehrsbetriebe mbH / Köln, 2001
[VDV17] VDV Akademie e.V. (Hrsg.) Professionelle Mobilitätsberatung in Zeiten von Multimodalität und Elektromobilität - Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen aus dem Projekt ProMobiE, 2017/01
Glossar
Umweltverbund
Unter dem Begriff Umweltverbund wird die Kooperation der umweltfreundlichen Verkehrsmittel verstanden. Hierzu zählen die öffentlichen Verkehrsmittel (Bahn, Bus und Taxis), nicht motorisierte Verkehrsträger (Fußgänger und private oder öffentliche Fahrräder), sowie Carsharing und Mitfahrzentralen. Ziel ist es, Verkehrsteilnehmern zu ermöglichen, ihre Wege innerhalb des Umweltverbunds, anstatt mit dem eigenen Pkw, zurückzulegen. Zunehmend wird der Begriff Mobilitätsverbund genutzt.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Elektromobilität
Die Elektrifizierung der Antriebe durch Batterie- und Brennstoffzellentechnologien. Im Kontext des "Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität" wird der Begriff auf den Straßenverkehr begrenzt. Hierbei handelt es sich insbesondere um Personenkraftwagen (Pkw) und leichte Nutzfahrzeuge, ebenso werden aber auch Zweiräder (Elektroroller, Elektrofahrräder) und Leichtfahrzeuge einbezogen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?437194

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 17:07:42