Akteure im Bereich Lange Güterzüge
Erstellt am: 01.09.2014 | Stand des Wissens: 12.12.2019
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Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Bei der Abwicklung von Gütertransporten mit langen Güterzügen spielen, wie auch beim konventionellen Schienengüterverkehr (SGV), Eisenbahnverkehrsunternehmen(EVU) eine zentrale Rolle. EVU sind "Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen", das heißt "Beförderungen von Personen oder Gütern auf einer Eisenbahninfrastruktur" durchführen [AEG § 2 Abs. 2]. Auf dem deutschen Schienennetz waren 2014 etwa 390 EVU tätig [DBAG14b, S. 3]. Eine dominierende Stellung nimmt dabei trotz sinkender Marktanteile weiterhin die DB Schenker Rail Deutschland AG mit einer Verkehrsleistung von rund 68 Milliarden Tonnenkilometern im Jahr 2016 ein [MoNeVe17, S. 112]. Im Gegensatz zum Schienenpersonen[fern]verkehr gibt es im SGV jedoch eine Vielzahl von leistungsfähigen, privaten EVU. Die vier größten sind:
- SBB Cargo International (6,8 Milliarden Tonnenkilometer)
- Captrain (6,1 Milliarden Tonnenkilometer)
- TX Logistik (5,5 Milliarden Tonnenkilometer)
- Rhein Cargo (4,1 Milliarden Tonnenkilometer)
Insgesamt kann also beim SGV in der Bundesrepublik Deutschland von einem Leistungswettbewerb gesprochen werden.
Weitere wesentliche Akteure im SGV sind die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU), die Betreiber der Schienennetze und weiterer, für den Betrieb notwendiger Infrastrukturanlagen (wie zum Beispiel des Bahnstromnetzes) sind. In Deutschland sind dies insbesondere die DB Netz AG, DB Energie GmbH und DB Station&Service AG sowie zahlreiche Betreiber kleinerer Eisenbahnteilnetze.
Leistungs- beziehnungsweise Zugbesteller im SGV sind in der Regel Verlader (Industrie- oder Handelsunternehmen), aber auch spezialisierte Speditionen und Logistikdienstleister. Diese schreiben den Transportauftrag, basierend auf entsprechende Kundenbedürfnisse, meist europaweit aus. Der Auftrag wird einem ausgewählten EVU nach der Wirtschaftlichkeit des Angebots und der gebotenen Transportzuverlässigkeit erteilt. Vom Einzelauftrag über einen Jahresvertrag bis hin zu einem Rahmenvertrag sind verschiedene Stufen der Bindung zwischen Besteller und EVU möglich.
Wird ein Transportkontrakt abgeschlossen, erfolgt eine Trassenbestellung durch das EVU beim zuständigen EIU. Die Trassenvergabe erfolgt nach europäischen Recht diskriminierungsfrei und wird in Deutschland durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen überwacht. Sie erfolgt gegen Zahlung einer Trassengebühr des EVU an das EIU. Bei der Zuteilung freier Trassen bestimmt das EIU auch die infrastrukturell bedingten Vorgaben wie die zulässige Achslast und die auf den spezifischen Strecken zulässige Zuglänge. Gegenwärtig spielt die Länge eines Zuges jedoch bei der Berechnung der Trassengebühren keine Rolle.
Neben der beschriebenen Klassifizierung der Hauptakteure im SGV verlangt die Abwicklung des eigentlichen Bahnbetriebs im Regelfall nach weiteren Spezialisten. So überwacht bei der Zugbildung der Wagenmeister die Einhaltung der für den konkreten Zug maßgebenden technischen Grenzwerte. Der Triebfahrzeugführer ist verantwortlich für die sichere Beförderung der Güter während der Zugfahrt (Zugverantwortlicher). Das Personal in Betriebsleitstellen und Stellwerken wiederum leitet den Zug nach dem gültigen Fahrplan durch das Eisenbahnnetz und trifft bei Unregelmäßigkeiten und Störungen Dispositionsentscheidungen.
Situation in Deutschland
Da [über]lange Güterzüge in Deutschland derzeit nur auf der Relation Padborg (Dänemark) - Rangierbahnhof Maschen und Padborg - Hafen Hamburg (Gesamtzuglänge bis zu 835 Meter) als "Regelverfahren" unter besonderen Beförderungsbedingungen gefahren werden [können], gibt es noch keinen standardisierten Regelbetriebsablauf beziehungsweise Marktmechanismen für das Produktsegment lange Güterzüge. [Hein13a, S. 7] Der gesamte Betrieb überlanger Güterzüge befindet sich sowohl in Deutschland als auch in Westeuropa noch im Test- bzw. Pilotstadium. In Deutschland untersucht derzeit die DB Systemtechnik zusammen mit dem niederländischen Infrastrukturbetreiber KeyRail und weiteren Partnern im Rahmen des Projekts GZ 1000 die Machbarkeit 1.000 Meter langer Güterzüge auf dem Güterverkehrskorridor Oberhausen - Rotterdam; das Projekt wird im "Aktionsplan Güterverkehr und Logistik" unter der Maßnahme 2c, "Längere Güterzüge ermöglichen", geführt und ihre Priorisierung wie folgt begründet:
- Notwendigkeit der Effizienzsteigerung im Schienengüterverkehr (SGV) aufgrund der prognostizierten Zuwächse im Güterverkehrsaufkommen der nächsten Jahre
- Praktikable Kapazitätssteigerung ohne nennenswerten Streckenneubau
Für Ertüchtigung und Anpassung der für die langen Güterzüge benötigten Infrastruktur sowie das für ihren Betrieb erforderliche Trassenmanagement ist in Deutschland die DB Netz AG verantwortlich. Gefördert werden die Forschungsprojekte vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). [BMVBS17, S. 19; DBAG09h, S. 17; DBAG14g]