EU-Forschungsprojekt "MARATHON"
Erstellt am: 29.08.2014 | Stand des Wissens: 12.12.2019
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Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Das Forschungsprojekt "Make Rail The Hope for protecting Nature" (MARATHON, "Macht die Schiene zum Hoffnungsträger für den Umweltschutz") wurde im Rahmen des von 2007 bis 2013 laufenden "Seventh Framework Programme" (FP7; Siebtes Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung, kurz RP7) der Europäischen Union seit dem 01. April 2011 36 Monate lang mit rund 2,7 Millionen Euro gefördert [EUKOM07a; EUKOM11k]. Auf Basis der spezifischen europäischen Verkehrspolitik und technologischen Entwicklung verfolgte das RP7 im Programm "Zusammenarbeit" für das Forschungsthema "Verkehr" (engl. FP7-TRANSPORT) dieses Ziel: "Entwicklung von integrierten, sichereren, umweltfreundlicheren und intelligenteren gesamteuropäischen Verkehrssystemen [], - Schonung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen, - Sicherung und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie auf dem Weltmarkt" [EUKOM07a]. Dabei wurden unter "Nachhaltiger Land- und Schiffsverkehr (Schiene, Straße und Schifffahrt)" unter anderem folgende Forschungsaspekte unterstützt:
- Umweltfreundlicher Landverkehr
- Verkehrsverlagerung und Staubvermeidung auf Verkehrskorridoren
- Verbesserung der Sicherheit und Gefahrenabwehr
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
- Intermodale, regionale und nationale Transportmöglichkeiten
- Aufbau von Infrastruktur und Wartung
Projektpartner im MARATHON-Projekt waren zum einen Eisenbahnverkehrsunternehmen wie die Société Nationale des Chemins de fer Francais (SNCF) und die Société Nationale des Chemins de fer Belges (SNCB), aber auch der französische Infrastrukturbetreiber (RFF, "Réseau ferré de France") und die Union of European Railway Industries (UNIFE, Verband der europäischen Eisenbahnindustrie). Beteiligt sind außerdem Vertreter der Bahnindustrie wie Alstom und Vossloh; auch die Union Internationale des Chemins de fer (UIC, Internationaler Eisenbahnverband) gehört zu den Projektpartnern [EUKOM11k].
MARATHON basiert auf Ergebnissen des EU-Forschungsprojekts "NEW OPERA", das im Zusammenhang mit dem "Sixth Framework Programme" (FP6) der EU finanziert wurde. Basierend auf der Erkenntnis, dass die Rückverlagerung von Frachttransporten von der Straße auf die Schiene unter den gegebenen Ressourcen (Streckennetz, Fahrzeuge und weiteren) nur durch eine Erhöhung des Transportvolumens erreicht werden kann, wurden, um diese Annahme zu verifizieren, im Rahmen eines Work Package (WP, Arbeitspaket) von NEW OPERA wissenschaftliche Studien an verschiedenen Universitäten durchgeführt. Ergebnis dieser Studien war, dass eine Verlagerung von Lkw-Verkehren nur durch den Einsatz von mehr, schnelleren und schwereren Zügen auf der bestehenden Infrastruktur gelingen kann [ToGu11, S. 2].
Ziel des RP7-Forschungsprojekts MARATHON ist daher die Erhöhung der Effizienz und Produktivität des Schienengüterverkehrs (SGV) im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten, basierend auf den folgenden vier Säulen:
- Erhöhung der Kapazität des Schienennetzes
- Erhöhung der Transportgeschwindigkeit, um die Angebotsqualität zu verbessern
- Größenvorteile (Massentransporte) durch Verkehrsbündelung ausnutzen
- Reduktion von Betriebskosten
[UNIFE11a]
Zur Umsetzung der MARATHON-Ziele in die Praxis konzentrierte man sich auf die Untersuchung und den Betrieb von überlangen, schwereren und schnelleren Güterzügen. Durch die Erhöhung der zulässigen Zuglänge und des Gesamtgewichts sowie der Transportgeschwindigkeit - in Kombination mit der intermodalen Bündelung des Frachtvolumens über die Hauptfracht-Korridorverbindungen hinweg - sollte das für einen wirtschaftlichen Gütertransport notwendige, kritische Transportvolumen erzielt werden [ToGu11, S. 3 f.]. Man erwartet von diesem Versuch eine Einsparung von etwa 5 Prozent in Bezug auf den Energieverbrauch. Das Kosteneinsparungspotenzial soll im Vergleich zu konventionellen Güterzügen bis zu 30 Prozent betragen [UNIFE13].
Im Zuge des Forschungsvorhabens wurden unter anderem folgende erfolgreiche Versuchsfahrten durchgeführt und ausgewertet:
- 18.01.2014: 1.476 Meter Länge, 3.309 Tonnen Gewicht, 63 Waggons, 2 Prima-E-Lokomotiven BB 3700 (Alstom)
- 12.04.2014: 1.524 Meter Länge, 4.020 Tonnen Gewicht, 72 Waggons, 2 Diesellokomotiven Euro 4000 (Vossloh)
Die Testläufe verliefen ohne Zwischenfälle und bestätigten grundsätzlich die Realisierbarkeit des Betriebs überlanger Züge mit einer Länge von bis zu 1.500 m. Auch die Kontrolle der unbemannten Mittellok mittels Funkfernsteuerung durch die Spitzenlok konnte umfangreich getestet werden. Nach Angaben von RFF ist bei den 1,5 Kilometer langen Güterzügen eine Verdoppelung der Transportkapazität möglich - bei nur 20 Prozent Mehraufwand für die Strecken[ertüchtigung] und entsprechender Anpassung der eingesetzten Zug-, Leit- und Sicherungstechnik [Meil14, S. 139; Rich14, S. 9].