Padborg - Maschen
Erstellt am: 28.08.2014 | Stand des Wissens: 12.12.2019
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Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Die erste Strecke auf dem Schienennetz der Bundesrepublik Deutschland, auf der Güterzüge verkehren dürfen, die die sonst übliche zulässige Gesamtzuglänge von 740 Meter überschreiten, verläuft zwischen Padborg (Dänemark, DB Netz AG-Grenze) und Maschen Rangierbahnhof (südlich von Hamburg). Sie ist Teil des zum Kernnetz des geplanten Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) gehörenden multimodalen Korridors "Skandinavien - Mittelmeer". Auf dieser Relation ist seit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2012 (Abbildung 1) der Betrieb dieser sogenannten "überlangen" beziehungsweise "längeren" Güterzüge mit einer Gesamtzuglänge von bis zu 835 Meter als "Regelverfahren" unter besonderen Beförderungsbedingungen möglich [DBAG12w, S. 2; Hein13a, S. 7; Wein13a, S. 627]. In Dänemark hingegen waren 835 Meter lange Güterzüge schon früher erlaubt, sodass eine Reduktion der Zuglänge vor der Grenze unvermeidlich war [Fisc12a, S. 12].

Um den Güterverkehr mit langen Güterzügen auf der rund 210 Kilometer langen Strecke zu realisieren, war eine weitreichende Abstimmung mit dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) erforderlich [DBAG12w, S. 2]. Es stimmte dem Betrieb unter der Auflage zu, dass "eine Betriebseinführungsphase durchzuführen ist, in der der Betrieb mit 835 Meter-Zügen besonders beobachtet und ausgewertet werden soll" [DBAG14g]. Darüber hinaus forderte es vor der Betriebsaufnahme einen Nachweis darüber, dass das Fahren mit langen Güterzügen mindestens das gleiche Sicherheitsniveau wie der konventionelle Betrieb gewährleistet. Dies bezieht sich nicht nur auf den langen Güterzug selbst, sondern auch auf andere am Verkehr beteiligte Fahrzeuge wie nachfolgende beziehungsweise. entgegenkommende Züge oder auch auf den Individualverkehr an den Bahnübergängen. Im Rahmen des Projekts "Überlange Güterzüge" wurden vor Aufnahme des Regelbetriebs seitens der DB Netz AG unter Begleitung des EBA der Nachweis mindestens gleicher Sicherheit erarbeitet sowie die Infrastrukturanpassungen identifiziert, die für den leistungsfähigen und sicheren Betrieb zwingend sind [Fisc12a, S. 13 ff.].
Anpassungsmaßnahmen
Im Zuge der infrastrukturellen Anpassungen wurden die nutzbaren Gleislängen - insbesondere bei Ausweich- und Kreuzungsgleisen - in den Bahnhöfen Flensburg-Weiche, Neumünster, Elmshorn, Hamburg-Eidelstedt sowie Hamburg-Barmbek angepasst, sowie der Austausch von Gleisfreimeldeanlagen, die Versetzung von Signalen und die Nachrüstung von 29 Bahnübergängen durchgeführt. Bei vielen Brücken musste überprüft werden, ob sie den höheren auftretenden Lasten standhalten können [HHM12a]. Auf der Strecke Padborg - Maschen wurden dabei von der DB Netz AG Streckenertüchtigungsmaßnahmen im Umfang von etwa 10 Millionen Euro vorgenommen [DBAG12w, S. 2].
Bei der Überprüfung der Brauchbarkeit etlicher Fahrzeugparameter hinsichtlich des Betriebs von Güterzügen mit über 740 Meter Gesamtzuglänge rückte auch die Schraubenkupplung in den Fokus. Durch die Verwendung von - im internationalen Vergleich - schwachen Kupplungen bleibt die Zughakenkraft, die beim Anfahren übertragen werden kann, relativ begrenzt, sodass das zulässige Gewicht der 835-Meter-Züge auf 2.300 Tonnen beschränkt werden musste. Daneben wurde auch eine Begrenzung der Anzahl der Wagenverbindungen (Kuppelstellen) je Zug auf 82 festgelegt [Bard13a; Hein13a, S. 8].
Der Betrieb mit überlangen Güterzügen auf dem deutschen Schienennetz weist auch im Hinblick auf die Zugbeeinflussungssysteme einige Besonderheiten auf. Die in den vergangenen Jahren fahrzeugseitig eingebauten Systeme der Linienförmigen Zugbeeinflussung (LZB) sind für eine Zuglänge von maximal 790 Meter ausgelegt; bei höheren Zuglängen ist das LZB-geführte Fahren daher nicht erlaubt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass überlange Züge beim Durchfahren von Langsamfahrstellen oder Weichenbereichen vorzeitig beschleunigen, solange der hintere Zugteil den betreffenden Bereich noch nicht vollständig durchfahren hat [Hein13a, S. 8].
Nach Abschluss der Erprobungen wurden in den Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) der DB Netz AG die genauen Abschnitte der betreffenden Strecken ergänzt sowie erweiterte betriebliche Regelungen aufgenommen, die im Falle überlanger Güterzüge zu beachten sind. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Sonderregelungen bei der Bremsberechnung sowie um den in einem langen Güterzug zulässigen Güterwagen [DBAG14e, S. 23].
Erfahrungswerte
Bis Februar 2014 verkehrten 500 überlange Güterzüge mit bis 835 Meter Länge auf der Relation zwischen Padborg und dem Rangierbahnhof in Maschen. Nach Informationen der DB Schenker Rail GmbH stieg die Auslastung der Züge um 22 Prozent, das Transportvolumen um 25 Prozent. Firmenangaben zufolge konnten dadurch zwischen Dezember 2012 und Februar 2014 insgesamt 200 Güterzugfahrten eingespart werden. Aufgrund der ökonomisch vielversprechenden Zahlen soll nun in einem Forschungsprojekt der Betrieb 1.500 Meter langer Güterzüge untersucht werden [DBAG14h].
Ausweitung der Relation
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 wurde die Transportrelation Padborg-Maschen mit 835 Meter langen Zügen auf den Hamburger Hafen (Hohe Schaar) ausgeweitet. Der Erweiterungsabschnitt zwischen der Relation Padborg - Maschen und Hohe Schaar wurde durch die DB Netz AG und die Hamburg Port Authority (HPA) gemeinsam auf die Eignung für 835 Meter lange Züge überprüft und für den Betrieb vorbereitet. Durch den Einsatz 835 Meter langer Züge ab dem Hamburger Hafen versprechen sich die DB Netz AG und die HPA eine Möglichkeit des effizienteren Ressourceneinsatzes für ihre Kunden.