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Distributionslogistik im Handel

Erstellt am: 31.07.2014 | Stand des Wissens: 26.04.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Die Aufgabe der Distributionslogistik als Teilbereich der Handelslogistik ist die Zurverfügungstellung und Verteilung von verkaufsfähigen Waren [Koet18, S. 4f.]. Das Hauptziel der Distributionslogistik ist hierbei die Bereitstellung der richtigen Ware, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, in der richtigen Menge, in der bestmöglichen Qualität sowie mit dem bestmöglichen Verhältnis zwischen erbrachter Leistung und angefallenen Kosten [Koet18, S. 2f.]. Im Kontext der Handelslogistik bedeutet dies oftmals die Bereitstellung der Waren in den Verkaufsräumen der Einzelhändler. Die folgenden Punkte veranschaulichen die wichtigsten Prämissen der Distributionslogistik nach Grotemeier 2017 [Grot17]:
  • Verfügbarkeit: adäquater Produktzugang für Kunden
  • Kostenminimierung: möglichst geringe Kosten für den Betrieb inklusive Lager- und Transportkosten
  • Beeinflussung: Einflussnahme des Herstellers auf die Produktvermarktung
In Deutschland gelten hohe Anforderungen an die Distributionslogistik, da die verbrauchssynchrone Materialanlieferung und die vorgegebenen Verpackungsvorschriften eingehalten werden müssen [Schu13a]. Des Weiteren ist ein erheblicher Koordinations- und Planungsaufwand notwendig, dennoch muss weiterhin eine Flexibilitätsbereitschaft im Hinblick auf Kundenwünsche herrschen [Schu13a, S. 119]. Die Schwierigkeit liegt demnach in Aussagen über Zukunftsperspektiven, denn Marktinnovationen müssen identifiziert und bearbeitet werden, um weiterhin eine Verbesserung in der Entwicklung anstreben zu können [Schu13a].

Die Gestaltung der Distributionslogistik ist eng mit der Auswahl der Lagerstandorte verknüpft und hat durch die Auswahl der zu nutzenden Verkehrsmittel sowie der Frequenzen und Auslastungen der einzelnen Fahrten, Einfluss auf die Verkehrsinfrastruktur [Schu13a, S. 13, 60-63]. In den Städten machen diese Wirtschaftsverkehre rund 30 Prozent der städtischen Fahrleistung aus und sind demnach eine der wesentlichen Ursachen für die entstehende Lärmbelästigung und Luftverschmutzung. Ansätze zur Bündelung des städtischen Güterverkehrs und damit zur Minimierung der Anzahl von Fahrten bei maximaler Auslastung der Fahrzeuge werden unter dem Begriff City-Logistik zusammengefasst. Hierbei spielen Handelsunternehmen, auch vor dem Hintergrund eines erwarteten Wachstums der städtischen Güterverkehre um 70 Prozent bis 2025, eine zentrale Rolle [UBA12e]. In der Praxis scheitern entsprechende Ansätze häufig an mangelnder Kooperationsbereitschaft der Handelsunternehmen, was auch an fehlenden betriebswirtschaftlichen Zwängen liegt [Wolp13]. Eine Möglichkeit zur Entzerrung städtischer Güterverkehre ist die Belieferung von Einzelhandelsfilialen zur Nachtzeit zwischen 22 und 6 Uhr. Vor allem aus Gründen des Lärmschutzes ist diese Möglichkeit jedoch gesetzlich stark eingeschränkt [VR13]. Im Rahmen der Stadt- und Verkehrsplanung haben Kommunen eine Reihe von Möglichkeiten, um Einfluss auf die Gestaltung der Distributionslogistik zu nehmen. Dazu zählen beispielsweise restriktive Maßnahmen für Fahrzeuge mit starken Emissionen oder die Förderung emissionsarmer Fahrzeuge. Zusätzlich können auch bauliche Maßnahmen, wie die Einrichtung von Ladezonen, dabei unterstützen die Belastung durch städtische Güterverkehre zu verringern [VCD06b]. Ratsam ist es, dass städtische Güterverkehre bei Neubauvorhaben von Beginn der Planung an berücksichtigt werden. So wurde bei der Neugestaltung des Potsdamer Platzes in Berlin ein unterirdisches Ver- und Entsorgungszentrum angelegt, über das die Einzelhandelsfilialen mit Waren versorgt und gleichzeitig Abfälle entsorgt werden können. Täglich werden über das Zentrum etwa 180 Lkw-Fahrten abgewickelt, ohne dass sich diese Verkehre negativ auf das direkte Umfeld auswirken [Step14b].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Handelslogistik (Stand des Wissens: 27.04.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?415841
Literatur
[Grot17] Grotemeier, Christian Distributionslogistik , 2017
[Koet18] Koether, Reinhard Distributionslogistik: Effiziente Absicherung der Lieferfähigkeit, Ausgabe/Auflage 3.Auflage, Springer Gabler, Wiesbaden, 2018, Online-Referenz doi:10.1007/978-3-658-23049-4
[Schu13a] Günther Schuh, Volker Stich (Hrsg.) Logistikmanagement, Springer, 2013, ISBN/ISSN 978-3-642-28991-0
[Step14b] Lützen, Stephanie Heinzelmännchen im Untergrund, 2014/06
[UBA12e] Umweltbundesamt (Hrsg.) Städtischer Güterverkehr, 2012
[VCD06b] Verkehrsclub Deutschland, Umweltbundesamt (Hrsg.) Leitfaden Städtischer Güterverkehr, 2006
[VR13] VerkehrsRundschau (Hrsg.) Who is Who - Logistik 2013, 2013
[Wolp13] Stefan Wolpert City-Logistik: Bestandsaufnahme relevanter Projekte des nachhaltigen Wirtschaftsverkehrs in Zentraleuropa, Fraunhofer Verlag, 2013, ISBN/ISSN 978-3-8396-0524-0
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
City Der in der Stadtforschung und im allgemeinen Sprachgebrauch für die Kennzeichnung des Stadtzentrums meist größerer Städte verwendete Begriff City ist nicht eindeutig, da er im Englischen eine völlig andere Bedeutung hat. Im englischen Sprachgebrauch kann der Begriff City für drei verschiedene Varianten stehen:
  1. allgemein für eine Großstadt,
  2. für eine historische Stadt mit Bischofssitz und Kathedrale,
  3. für eine Stadt mit königlicher Urkunde und zeremoniellen Privilegien.
Der deutsch Begriff der City leitet sich aus der frühen Konzentration von Bürofunktionen in der historischen City of London ab, da sich dort bereits im 18. Jahrhundert mit dem aufkommenden und rasch entfaltenden Banken- und Versicherungswesen der neue Typ des Bürohauses herausbildete, der den Prozess der Citybildung enorm beschleunigte. In erster Linie ist City ein Funktionsbegriff. Die City ist der zentralst gelegene Teilraum einer größeren Stadt mit einer räumlichen Konzentration hochrangiger zentraler Funktionen des tertiären und quartären Sektors.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?434499

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 23:19:01