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Weitere Integrationsaspekte der Verkehrsentwicklungsplanung

Erstellt am: 12.08.2013 | Stand des Wissens: 24.05.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Neben der Integration politischer Entscheidungstragenden und der Öffentlichkeit bei der Erarbeitung, Umsetzung und Fortschreibung von Verkehrsentwicklungsplänen (VEP) zählen die vertikale und sektorale Integration, die horizontale Integration, die Maßnahmenintegration, die modale Integration, die Integration der Verkehrsursachen und der Wegezwecke, die zeitliche Integration sowie die soziale Integration zu den weiteren Integrationserfordernissen der Verkehrsentwicklungsplanung [FGSV13].
Im Folgenden soll ein Überblick über die oben genannten Integrationsaspekte der Verkehrsentwicklungsplanung nach [FGSV13, S. 11 ff.] gegeben werden:
Vertikale und sektorale Integration
Der sektorale Integrationsanspruch an die Verkehrsentwicklungsplanung meint die strategische Beachtung, Einbindung sowie Koordination von [FGSV13, S. 11 f.]:
  • gesetzlich vorgegebenen und inhaltlich festgelegten Fachplanungen
  • regelmäßig erarbeiteten informellen sowie freiwilligen Plänen
  • Planungen konkreter Projekte
Dabei sind die Ziele und Vorgaben der verkehrsrelevanten Fachplanungen, der Orts- und Stadtentwicklung, der Planungen zur Luftreinhaltung und Lärmminderung, sowie die sonstigen Randbedingungen der Finanz- und Investitionsplanung von der Verkehrsentwicklungsplanung zu verarbeitender Bestandteil [FGSV13, S. 11 f.].
Unter der vertikalen Integration wird die Berücksichtigung von Abhängigkeiten aus den über- und untergeordneten Planungsebenen verstanden [FGSV13, S. 11].
Abbildung 1 verdeutlicht den systematischen Zusammenhang zwischen der vertikalen Integration (bezogen auf die Planungsebenen) und der sektoralen Integration (bezogen auf die Fachplanungen).

Vertikale und sektorale Integration der VerkehrsentwicklungsplanungAbb. 1: Vertikale und sektorale Integration der Verkehrsentwicklungsplanung [FGSV13, S. 12]
Horizontale Integration
Unter der horizontalen Integration der Verkehrsentwicklungsplanung ist deren Einbindung in den städtischen oder auch regionalen Zusammenhang zu verstehen. Dies bedeutet einerseits die Beachtung benachbarter Planungsräume (Abhängigkeiten, Zusammenhänge, Ziele unter anderem) und gegebenenfalls. die Erstellung gemeinsamer Pläne und/oder Handlungskonzepte sowie darüber hinaus die Abstimmung mit den Fachplanungen der angrenzenden Planungsräume [FGSV13, S. 13].
So wurden beispielsweise bei der Erstellung des VEP 2025plus der Landeshauptstadt Dresden benachbarte Gebietskörperschaften und Institutionen der angrenzenden und der Landeshauptstadt Dresden in Kooperation stehenden Planungsräume in Form des "Runden Tisches Region/Nachbarn" integriert. Die hier vertretenen Gebietskörperschaften/Institutionen begleiteten die Erarbeitung des VEP fachlich aus benachbarter und überregionaler Sicht. Abbildung 2 verdeutlicht schematisch die Organisation und die horizontale Integration im Rahmen der Erarbeitung des VEP 2025plus in Dresden [LH DD13].

Organisationsstruktur VEP Dresden 2025plusAbb. 2: Organisationsstruktur VEP Dresden 2025plus [FGSV13, S. 57 (bearbeitet)]
Maßnahmenintegration
Für die Erstellung eines VEP ist ein ganzheitliches Handlungs- und Maßnahmenkonzept zu erstellen, welches zum Beispiel das integrierte Maßnahmenspektrum der Abbildung 3 umfasst [vgl. FGSV13, S. 13].

Integrierte Maßnahmenpalette der VerkehrsentwicklungsplanungAbb. 3: Integrierte Maßnahmenpalette der Verkehrsentwicklungsplanung [FGSV13, S. 14] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Weiterhin sollte bei der Maßnahmenfindung die "[...] Entwicklung und Förderung einer kommunalen und regionalen Mobilitätskultur, die [die] gegenseitige Rücksichtnahme und das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer in den Mittelpunkt stellt" [FGSV13, S. 13] berücksichtigt werden.
Modale Integration
Unter der modalen Integration ist die Behandlung aller Verkehrsmittel in gegenseitiger Abhängigkeit, das heißt die Verknüpfung aller Teilverkehrssysteme, zu verstehen: Hierzu zählen der Motorisierte Individualverkehr (MIV), der Öffentliche Verkehr (ÖV), der Rad- und Fußverkehr, intermodale Verkehre sowie der Güterverkehr. Dies dient auch dazu, um sektorale Maßnahmenkonzepte (zum Beispiel Nahverkehrsplan) abzustimmen und aus dem Gesamtkonzept heraus zu konkretisieren [FGSV13, S. 13].
Integration der Verkehrsursachen und der Wegezwecke
Bestandteil eines VEP ist die differenzierte Betrachtung der verschiedenen Wegezwecke im Personen- und Güterverkehr sowie deren Ursachen. Darüber hinaus sind die Einflussgrößen Mobilitätsverhalten, Demographie, Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung sowie gegebenenfalls auftretende verkehrsrelevante Änderungen der Rahmenbedingungen im Zuge der Verkehrsentwicklungsplanung zu berücksichtigen [FGSV13, S. 13].
Zeitliche Integration
Der zeitliche Integrationsanspruch betrifft verschiedene Bearbeitungsebenen/-bereiche der Verkehrsentwicklungsplanung. Diese sind kontinuierlich beziehungsweise in periodischen Zeitabständen durchzuführen oder zu überprüfen und betreffen [FGSV13, S. 13]:
  • die Datenbeschaffung und -pflege (Aktualisierung von Modellparametern/-elementen),
  • das Qualitätsmanagement und die Evaluation sowohl von Arbeitsprozessen als auch von Maßnahmenwirkungen,
  • die (Teil-)Fortschreibung des VEP bei erheblichen Veränderungen (Änderung der Ziele, verkehrliche oder strukturelle Änderungen unter anderem) sowie
  • die Notwendigkeit zur Fortschreibung oder Weiterentwicklung von Strategien und Rahmenplänen.
Soziale Integration
Der soziale Integrationsaspekt fordert, unabhängig von der Altersgruppe, der ethnischen oder einer sonstigen sozialen Gruppierung, die "Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe an Aktivitäten und öffentlichem Leben [...]" [FGSV13, S. 14]. Darüber hinaus sollten bei allen Handlungskonzepten des zu entwickelnden VEP die Belange der Barrierefreiheit und der Geschlechterneutralität (Gender-Mainstreaming) Berücksichtigung finden [FGSV13, S. 14].
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrsentwicklungsplanung (Stand des Wissens: 24.05.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?415029
Literatur
[FGSV13] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. , Ahrens, G.-A., Beckmann, K. J., Fleischer, A., Gertz, C., Hubrich, S., Jansen, U., Kemming, H., Kleinwächter, E., Koch, M., Koppen, G.-F., Lorenz, K., Meißner, A., Noßwitz, U., Ohm, D., Ott, R., Polzin, G., Schnüll, R., Thiemann-Linden, J., Wagner, V., Waßmuth, V., Hinweise zur Verkehrsentwicklungsplanung, Ausgabe/Auflage 2013, FGSV-Nr. 162, FGSV Verlag, Köln, 2013, ISBN/ISSN 978-3-86446-058-6
[LH DD13] Landeshauptstadt Dresden (LH DD) (Hrsg.) Zuständige Gremien bei der Erarbeitung des VEP 2025plus der Landeshauptstadt Dresden, 2013/02/26
Weiterführende Literatur
[FGSV18b] FGSV-Arbeitsausschuss 1.1 "Grundsatzfragen der Verkehrsplanung" (Hrsg.) Empfehlungen für Verkehrsplanungsprozesse, 2018, ISBN/ISSN 978-3-86446-208-5
[FGSV12a] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. Hinweise zur Beteiligung und Kooperation in der Verkehrsplanung, Ausgabe/Auflage Ausgabe 2012, FGSV Verlag, Köln, 2012, ISBN/ISSN 978-3-86446-018-0
[Ahrens08] Ahrens, G.-A. Integrierte VEP - Anspruch und Wirklichkeit, veröffentlicht in Jubiläumsband "100 Jahre DVWG 1908 bis 2008, Sonderheft der Zeitschrift Internationales Verkehrswesen, DVV Media Group, Berlin, 2008
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Intermodaler Verkehr Transport von Gütern in ein und derselben Ladeeinheit oder demselben Straßenfahrzeug mit zwei oder mehreren Verkehrsträgern, wobei ein Wechsel der Ladeeinheit, aber kein Umschlag der transportierten Güter selbst erfolgt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?414716

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 06:07:32