Kapazitätsausbau der Seehafen-Hinterlandanbindungen
Erstellt am: 14.04.2003 | Stand des Wissens: 20.10.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Die Vorhaltung leistungsfähiger Hinterlandanbindungen ist ein wichtiger Faktor im Hafenwettbewerb. An den Bedarf angepasste Straßen-, Schienen- und Binnenwasseranschlüsse sind erforderlich, um die im Terminal umgeschlagenen Container reibungslos an- und abtransportieren zu können [Brei93, S. 63 ff.]. Die Verkehrsträgerverteilung in einem Hafen wird überwiegend von der wirtschaftsgeografischen Lage bestimmt. Häfen mit einer hohen Loco-Quote haben meist einen höheren Anteil an Lkw-Verkehr, weil dieses Verkehrsmittel im Nahbereich fast konkurrenzlos ist. Im Hamburger Hafen wird beispielsweise die Großzahl der Container mit dem Lkw transportiert. Der Transport soll sich in Zukunft jedoch angesichts des erwarteten Mengenwachstums auf die Bahn verlagern, welche eine wirtschaftlichere und umweltfreundlichere Alternative darstellt [HPA12a, S. 24].
Probleme bei der Abfertigung immer größerer Containerschiffe bereitet vor allem die intervallartige Belastung der Straßen- und Schieneninfrastruktur [Poeh01]. Werden von einem 18.000-TEU-Schiff nur ein Viertel aller Container in einem Hafen entladen und gleich viele Container wieder geladen, so sind diese in einem relativ engen Zeitfenster vom Hafen aus in das Hinterland zu transportieren beziehungsweise im Hafen zulagern und bereitzustellen. Für diese im Rhythmus der Abfahrtsfrequenzen auftretenden Belastungen muss die Infrastruktur der Hinterlandanbindungen mindestens ausgelegt sein. Durch ein Slot-Verfahren für Bahn und Lkw wird versucht, Zeitfenster zu vergeben und die Fahrpläne der Züge und Lastwagen von der Hinterlandstrecke bist zum Umschlagterminal zu berücksichtigen. Wenn Raum für Ausbaumaßnahmen bereitsteht, können ebenfalls Vorbahnhöfe erweitert werden [Euro14a].
Während die Rheinmündungshäfen einen hohen Binnenschifffahrtsanteil im Hinterlandverkehr aufweisen, lassen dies die weniger breiten und tiefen Binnenwasserstraßenanbindungen der deutschen Seehäfen nicht zu. Die Elbe und der Elbe-Seitenkanal verbinden den Hamburger Hafen mit dem deutschen Binnenwasserstraßennetz. Der Anteil der Binnenschiffe für die Hinterlandanbindung auf Basis der TEU lag im Jahr 2022 bei 2,2 Prozent, im Gegensatz zu 50,5 Prozent der Bahn und 47,3 Prozent des Lkw [HHM22]. Für Bremerhaven sind die Zahlen ähnlich, wobei Schienen- und Straßenverkehr näher beieinander liegen: 3 Prozent entfallen auf die Binnenschifffahrt, 48 Prozent auf die Bahn und 49 Prozent auf den Lkw-Transport [BP22S.40]. Auch deutschlandweit gesehen ist die Straße der meist genutzte Verkehrsträger. So werden jährlich 85% aller Güterverkehre über die Straße abgewickelt [BMDV23e].
Abbildung 1: Modal Split des Transportaufkommens der Landverkehrsträger in Deutschland von 2013 - 2022 (eigene Darstellung nach [TCI16 S.30 und BMDV23e])