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Umweltentlastungen durch Carsharing

Erstellt am: 09.07.2013 | Stand des Wissens: 10.01.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Die umweltentlastenden Wirkungen von Carsharing zeigen sich im ruhenden und fließenden Verkehr, aber überwiegend erst im Zusammenspiel mit anderen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes (öffentlicher Personennahverkehr, Bahn, Rad- und Fußverkehr).

Ein Carsharing-Auto ersetzt durchschnittlich 15 Privat-Pkw (mit jeweils einer durchschnittlichen Standzeit von 23 Stunden pro Tag). Diese gewonnene Fläche (umgerechnet 99 Meter an sonst zugeparkten Straßenkanten) könnte für Anlagen des Fuß- oder Radverkehrs oder für Grünflächen und Kinderspielplätze alternativ genutzt werden [UBA17c, bcs16b, bcs16c]. In Parkfläche gerechnet sind dies bis zu 228 Quadratmeter [Bvcs21e]. 

Die intensivere Nutzung der Carsharing-Autos, bedingt durch mehrere Personen, erfordert eine permanente Erneuerung der Fahrzeugflotte. Die Fahrzeuge sind daher moderner als der restliche Pkw-Bestand im Land. Die energieeffizienten Carsharing-Fahrzeuge stoßen etwa 16 Prozent weniger klimaschädliches CO2 als private Neuwagen aus [UBA13b]. Die verschiedenen Carsharing-Unternehmen verfügen in ihren Flotten auch über immer mehr emissionsärmere Fahrzeuge wie Hybrid-, Elektro- und Kleinfahrzeuge [Shah12]. Der Anbieter cambio registriert für seine Fahrzeugflotte 102 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer, während der klassische Neuwagen laut dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) 132,8 Gramm aufweist. Die Ursache liegt in der modernen und energieeffizienteren Carsharing-Flotte [Bvcs21e]. Auch ist der Anteil an Elektro-Fahrzeugen in Carsharing-Flotten 15-mal höher als im nationalen Pkw-Bestand [BuCa21a, S. 6]. Bei Einhaltung von bestimmten ökologischen Kriterien können Carsharing-Anbieter das Umweltzeichen Blauer Engel für ihre Fahrzeugflotte beantragen [IZT17]. Die CO2-Emissionen können laut dem Umweltbundesamt um mehr als sechs Millionen Tonnen durch bessere Vernetzung von ÖPNV und Carsharing sinken [UBA15c].

Als vierte Säule des Umweltverbundes entlastet das Konzept Carsharing die Umwelt [UBA13b]. Carsharing fördert multimodales Mobilitätsverhalten, ermöglicht eine flexible Wahl der Verkehrsmittel und verringert somit Pkw-Fahrten [bcs16c, bcs16b, Bvcs21e]. Nach Beginn einer Carsharing-Mitgliedschaft sprechen 40 Prozent der Carsharing-Kund*innen von einem sinkenden Gebrauch des Pkw. 19 Prozent fahren vermehrt mit Bus und Bahn und 14 Prozent nutzen mehr das Fahrrad. In Haushalten, wo die Personen aufgrund des Carsharings ihren eigenen Pkw abschaffen konnten, fahren 70 Prozent weniger Auto, 40 Prozent mehr Bus und Bahn und 32 Prozent häufiger mit dem Fahrrad [Bvcs21e].
Laut [ifmo16b, S. 76] finden über die Hälfte der Free-Floating-Fahrten in innerstädtischen Gebieten statt. Da Free-Floating Anbieter bisher nur in Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern operieren, ist anzunehmen, dass trotz hoher Takt- und Liniendichte auch Fahrten vom umweltfreundlichen öffentlichen Nahverkehr auf Carsharing-Fahrzeuge verlagert werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden: "Car-Sharing ist (...) Schlüssel für eine kombinierte Mobilität. Es setzt als eines der wenigen Maßnahmen direkt an einer der zentralen Stellschrauben für die Autonutzung an: dem Besitz eines eigenen Autos. Die Relevanz der Autohersteller verliert zugunsten von Dienstleistern an Gewicht und die Legitimation für restriktive umweltpolitische Maßnahmen gegenüber dem Autoverkehr wächst." [UBA17c].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Carsharing (Stand des Wissens: 20.02.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?56435
Literatur
[bcs16b] bcs - Bundesverband CarSharing e.V. (Hrsg.) Neue CarSharing-Studie belegt: Geteilte Autos können Innenstädte deutlich entlasten, 2016/06/21
[bcs16c] bcs - Bundesverband CarSharing e.V. (Hrsg.) Mehr Platz zum Leben - wie CarSharing Städte entlastet, 2016
[BuCa21a] bcs - Bundesverband CarSharing e.V. (Hrsg.) Nationaler Entwicklungsplan CarSharing 2021 - 2025, 2021
[Bvcs21e] bcs - Bundesverband CarSharing e.V. (Hrsg.) Ein CarSharing-Fahrzeug ersetzt bis zu 20 private Pkw, 2021
[ifmo16b] Institut für Mobilitätsforschung (Hrsg.) Carsharing 2025 Nische oder Mainstream?, 2016
[IZT17] Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung GmbH (Hrsg.) Car-Sharing - Fallstudie im Rahmen des Projekts Evolution2Green - Transformationspfade zu einer Green Economy , 2017/02
[Shah12] Shaheen, Susan, Cohen, Adam Carsharing and Personal Vehicle Services: Worldwide Market Developments and Emerging Trends
, veröffentlicht in International Journal of Sustainable Transportation, Ausgabe/Auflage Vol. 7, 2012/09/27
[UBA13b] Umweltbundesamt (Hrsg.) Car-Sharing, 2013/06/24
[UBA15c] Umweltbundesamt (Hrsg.) Carsharing könnte CO2-Emissionen um sechs Millionen Tonnen senken, 2015/09/15
[UBA17c] Umweltbundesamt (Hrsg.) Carsharing nutzen, 2017/09/20
Weiterführende Literatur
[UBA15d] Umweltbundesamt (Hrsg.) Engagiert mobil - Regionalisierung von Carsharing, 2015
[WiMobil15] Die Bayerische Motoren Werke AG (Hrsg.) WiMobil - Wirkung von E-Car Sharing Systemen auf Mobilität und Umwelt in urbanen Räumen, 2015
Glossar
Hybrid
Der Ausdruck Hybrid bedeutet "etwas Gebündeltes, Gekreuztes oder Gemischtes". Es stammt ab von dem lateinischen Fremdwort griechischen Ursprunges Hybrida. In der Technik wird ein hybrides System, aus zwei unterschiedlichen Technologien miteinander kombiniert.
Erneuerung Im Kontext der Straßenerhaltung bezeichnet der Begriff "Erneuerung" die vollständige Wiederherstellung einer Verkehrsflächenbefestigung oder von Teilen davon, sofern mehr als die Deckschicht betroffen ist. Bei der Bauwerkserhaltung beschreibt der Begriff den Ersatz von Bauteilen oder Bauteilgruppen.
Umweltverbund
Unter dem Begriff Umweltverbund wird die Kooperation der umweltfreundlichen Verkehrsmittel verstanden. Hierzu zählen die öffentlichen Verkehrsmittel (Bahn, Bus und Taxis), nicht motorisierte Verkehrsträger (Fußgänger und private oder öffentliche Fahrräder), sowie Carsharing und Mitfahrzentralen. Ziel ist es, Verkehrsteilnehmern zu ermöglichen, ihre Wege innerhalb des Umweltverbunds, anstatt mit dem eigenen Pkw, zurückzulegen. Zunehmend wird der Begriff Mobilitätsverbund genutzt.
Carsharing
Der Begriff CarSharing stammt aus dem Englischen (car= Auto, to share= teilen) und kann sinngemäß mit der Bedeutung "Auto teilen" übersetzt werden. Er beschreibt die organisierte, gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen, die meist von Unternehmen gegen Gebühr bereitgestellt werden.
Durch einen Rahmenvertrag oder eine Vereinsmitgliedschaft erhalten Kunden flexiblen Zugriff auf alle Kfz eines Anbieters. Die Fahrzeuge können über eine Webseite oder über eine Smartphone-App gebucht werden. Geöffnet werden sie in der Regel mit Hilfe von Chipkarten oder durch einen über die Smartphone-App vermittelten Zugangscode .
Bei dem System des stationsbasierten CarSharing stehen die Fahrzeuge auf reservierten Stellplätzen und werden nach der Nutzung auch wieder dorthin zurückgebracht. Ein anderes Modell ist das free-floating CarSharing. Hier stehen die Fahrzeuge in einem definierten Operationsgebiert verteilt. Sie können per Smartphone geortet werden und nach der Nutzung auf einem beliebigen Stellplatz innerhalb des Operationsgebiets zurückgegeben werden.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Blauer Engel Der Blaue Engel, 1978 vom Bundesminister des Inneren eingeführt, ist ein nationales Umweltzeichen, dass u.a. vom Bundesministerium für Umwelt und dem Umweltbundesamt für besonders umweltschonende Produkte und Dienstleistungen vergeben wird. Lebensmittel ausgenommen, können grundsätzlich alle Erzeugnisse für eine Auszeichnung vorgeschlagen werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?412175

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 11:35:20