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Finanzierung und Bereitstellung von Busbahnhöfen in Deutschland

Erstellt am: 01.07.2013 | Stand des Wissens: 18.01.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Als Fernbusterminals werden Haltestellen bezeichnet, die als Verknüpfungsanlage für den Buslinienfernverkehr und den Gelegenheitsreiseverkehr dienen. Die Fahrgäste bekommen mit dieser Knoteninfrastruktur die Möglichkeit, zwischen den einzelnen Buslinien und in andere Verkehrsmittel umzusteigen [MaAu12, S. 6].
Sowohl die Städte als auch die Busunternehmen und die Kunden profitieren von Fernbusterminals. Kunden finden gewöhnlich in Fernbusterminals wie auch in Bahnhöfen und Flughäfen beheizte Wartehallen, dynamische Reiseinformationen und stationäre Vertriebsstationen vor. Die Städte können mithilfe eines Fernbusterminals den Reiseverkehr innerhalb der Stadt koordinieren und die Busunternehmen erhalten eine Planungssicherheit, indem sie einen garantierten Slot für eine Haltestelle zugewiesen bekommen [Bang13].
Seit der Deregulierung des Buslinienfernverkehrs werden insbesondere zwischen Ballungsgebieten wie dem Rhein-Main-Gebiet, Ruhrgebiet, Berlin, München und Hamburg Buslinienfernverkehre angeboten. Allerdings gibt es auch von kleineren Städten Direktverbindungen in die Ballungsräume. In einigen Städten kommt es bereits heute aufgrund der für den Buslinienfernverkehr fehlenden Knoteninfrastruktur zu Stausituationen an den Haltestellen. Zur Vermeidung dieser Stausituation wurden im Ausland (zum Beispiel Birmingham, London, Oslo) spezielle Fernbusterminals eingerichtet. In Deutschland gibt es solche Fernbusterminals beispielsweise in Hamburg, Berlin, Leipzig, Mannheim, Frankfurt/Main und München. In Dresden soll der Bau des Fernbusterminals im Jahr 2022 beginnen [MDRF21]).

Die bestehenden Fernbusterminals befinden sich in Deutschland oft in der Nähe des Hauptbahnhofs. Beim Bau eines neuen Fernbusterminals kann der Standort eines Fernbusterminals entweder zentral oder dezentral gewählt werden. Die Vorteile einer zentralen Lage sind der gute Anschluss mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und der Bahn sowie die Nutzung der vorhandenen Infrastruktur. Die zusätzlichen Abgase und Lärmemissionen in der Innenstadt, die Zeitverluste zum Beispiel durch Stau und die relativ teuren innerstädtischen Flächen sprechen gegen eine zentrale Lage. Entsprechend hat eine dezentrale Lage den Vorteil geringer Zeitverluste und verfügbarer Flächen, kann jedoch schlechter an das ÖPNV-Netz angebunden und damit für den Kunden weniger gut erreichbar sein [Bang13].

Hinsichtlich der Finanzierung stellt sich die Frage, ob diese über Subventionen oder über eine reine Nutzerfinanzierung erfolgen sollte. Rein ökonomisch weist ein Fernbusterminal die Eigenschaften eines Clubgutes - und damit nicht die Eigenschaften eines öffentlichen Gutes auf. Die Finanzierung sollte daher aus volkswirtschaftlicher Sicht über die Nutzungseinnahme der Clubmitglieder, in diesem Fall also den Busunternehmen erfolgen [Bang13]. Trotz der Eigenschaften eines Clubgutes wurden die bestehenden Fernbusterminals in Hamburg, Hannover und München öffentlich subventioniert. Beispielsweise trug die Stadt Hamburg zwölf Millionen Euro der insgesamt 16 Millionen Euro Baukosten [MaAu12, S. 26] Die Stadt Hannover finanziert die gesamten Baukosten in Höhe von 4,3 Millionen Euro, weil sich kein privater Investor für das neue Fernbusterminal fand [Hubl13].

Das Eigentum, die Finanzierung, der Bau und der Betrieb eines Fernbusterminals kann auf unterschiedliche Art organisiert werden. Neben einem rein privaten oder einer rein staatlichen Organisation dieser Aufgaben ist eine öffentlich-private Partnerschaft in Form einer Dienstleistungskonzession oder eines Build-Operate-Transfer-Modells (BOT-Modell) oder eines Build-Own-Operate-Modells (BOO-Modell) denkbar [MaAu12, S. 19].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Buslinienfernverkehr (Stand des Wissens: 08.02.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?409383
Literatur
[Bang13] Bange, Cornelia Planung, Finanzierung und Betrieb von Fernbusterminals in Deutschland, veröffentlicht in Sonderausgabe InfrastrukturRecht, Ausgabe/Auflage November 2013, C.H.Beck, München, 2013/06/21, ISBN/ISSN 1612-7803
[Hubl13] Hublitz Sachstand zur Planung des neuen Zentralen Omnibusbahnhofes in Hannover im Bereich des Hbf einschließlich Betreiberkonzept/Betreibersuche, 2013
[MaAu12] Marahrens, W., Augustin, K., Christian, S., Deutsch, V., Donker van Heel, R., Gilmer, H., et al. Hinweise für die Planung von Fernbusterminals, FGSV Verlag, Köln, 2012, ISBN/ISSN 978-3-86446-015-9
[MDRF21] Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) (Hrsg.) Dresden bekommt einen Fernbusterminal, 2021/03/02
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?411705

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 14:42:46