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Interessen der Hafen- und Terminalbetreiber an der Entwicklung des Containerverkehrs

Erstellt am: 14.04.2003 | Stand des Wissens: 20.10.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Das Interesse der Hafen- und Terminalbetreiber liegt in der Sicherung der eigenen Wettbewerbsposition. Terminalbetreiber generieren ihren Umsatz aus den Containerbewegungen über die Kaikante und verfolgen das Ziel, die Umschlagszahlen stetig zu steigern. Hafenbehörden profitieren von Gebühren für Schiffsanläufe und zum Teil von Mieteinnahmen für Flächen und Gebäude. Beide Parteien übernehmen gleichzeitig eine soziale Verantwortung in der Bereitstellung und Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Mit zunehmender Größe der Containerschiffe nimmt die Zahl der angelaufenen Häfen tendenziell ab, was zu einem verstärkten Hafenwettbewerb führen kann [Vren05, S.9]. Zugleich werden mit zunehmenden Schiffsgrößen die bestehenden Anlagen technisch obsolet und entwertet. Auch die Fahrwasser und Liegeplätze erfordern mit dem Wachsen der Schiffe ständige Ausbaumaßnahmen, weshalb Investitionen in den Ausbau der Infra- und Suprastruktur essentiell sind.
Zur Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit bemühen sich die Hafen- und Terminalbetreiber, qualitativ hochwertige Serviceleistungen zu niedrigen Preisen anzubieten und eine den Anforderungen der Reeder entsprechende Ausstattung der Infrastruktur und der Terminalanlagen vorzuhalten. Außerdem ist das Geschäft der Terminalbetreiber durch eine zunehmende Internationalisierung mit weltweit tätigen Großkonzernen geprägt. Die drei größten Terminalbetreiber sind China Ocean Shipping Company (COSCO), Port of Singapore International (PSA) und APM Terminals. Zusammen kümmern sie sich um 43,2 Prozent des weltweiten Containerverkehrs  [UNCTAD20]. Die zehn Terminalbetreiber mit dem weltweit größten Umschlagsvolumen im Jahr 2023 sind in Abbildung 1 aufgelistet. Angestrebt wird, den Reedern weltweit einen standardisierten Hafenservice mit gleicher Qualität zu bieten.
Top Terminalbetreiber.pngAbbildung 1: Top 10 globale Terminalbetreiber (eigene Darstellung nach [UNCTAD20, S. 59])
Des Weiteren können Reedereien Anteilseigner von Terminals werden. Bei diesen Dedicated Terminals schließt die Reederei eine vertragliche Abmachung, in der Vorrechte beispielsweise in der Nutzung der Anlagen, der Anlegezeiten und des Anlegeorts definiert werden. Dass eine Reederei ein Terminal exklusiv für sich nutzt, ist eher eine Ausnahme (siehe Maersk in Rotterdam oder Algeciras). Dedicated Terminals bieten für den Hafen die Gelegenheit Reedereien zu binden, die ebenfalls ein betriebswirtschaftliches Eigeninteresse daran haben, die Terminals auszulasten. Dennoch besteht dadurch gleichzeitig die Gefahr der Abhängigkeit eines Hafens von einer bestimmen Reederei.
Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht wird durch die EU die öffentliche Finanzierung von Hafeninfrastrukturmaßnahmen bemängelt. Diese Vorgehensweise ist auf die Verknüpfung von öffentlichen und privaten Interessen in Hafenbetrieben zurückzuführen. Laut EU würden die Beihilfen durch den Staat den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die EU strebt hier Änderungen in der Finanzierung an und befürwortet die Einführung von verursachungsgerechten Hafengebühren. Aus Sicht der deutschen Verkehrspolitik muss dies im Kontext der Bepreisung von Infrastruktur generell stehen. Da durch die Hafeninfrastrukturmaßnahmen aber auch regionalwirtschaftliche Interessen verfolgt werden, scheinen Änderungen hier nicht durchsetzbar.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Entwicklungen der Containerschifffahrt (Stand des Wissens: 20.10.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?38577
Literatur
[UNCTAD20] United Nations Conference on Trade and Development (Hrsg.) Review of Maritime Transport 2020, 2021/01/17, ISBN/ISSN 978-92-1-112993-9
[Vren05] Vrenken, H., Macharis, C., Wolters, P. Intermodal Transport in Europe, Brussels, 2005, ISBN/ISSN 9090199136
Weiterführende Literatur
[Brei93] Schönknecht, Rolf, Prof. Dr., Peters, Dirk, Biebig, Peter, Prof. Dr., Böhm, Christine, Hübner, Herbert, Jenssen, Bruno, Prof. Dr., Kuhlmann, Günther, Prof. Dr., Laue, Uwe, Prof. Dr., Linde, Horst, Prof. Dr., Lüsch, Jürgen, Prof. Dr.-Ing., Mencl, Ralph-Christian, Dr., Sinnig, Elvira, Dr., Wagener, Norbert, Dr., , Breitzmann, Karl-Heinz, Prof. Dr. Containerlinienschiffahrt, veröffentlicht in Rostocker Beiträge zur Verkehrswirtschaft und Logistik, Ausgabe/Auflage Heft 2, Rostock, 1993, ISBN/ISSN 0944-5919
[WiKa06] Winter, H., Katzschner, T. Containerumschlag deutscher Seehäfen 1995 bis 2005, veröffentlicht in Wirtschaft und Statistik, Ausgabe/Auflage Nr.11, Wiesbaden, 2006, ISBN/ISSN 0041-6143
[Ippi00] Ippich, Michael, Kapt. Seehafenwirtschaft mit neuen Strukturen - Eigentum-Management-Organisation-Strategien, veröffentlicht in Weltseeverkehr vor der Jahrtausenwende, 7. Kieler Seminar zu aktuellen Problemen der See- und Küstenschiffahrt, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft B 227, Ausgabe/Auflage B 227, Bergisch Gladbach, 2000, ISBN/ISSN 3-933392-27-6
Glossar
dedizieren dedizieren bedeutet jemandem etw. widmen (vgl. im Englischen "to dedicate") und ist vom lateinischen dedicare abgeleitet (de+dicare, jemandem etwas zusprechen, weihen, widmen). Es wird speziell im EDV-Bereich gebraucht: So nennt man beispielsweise einen Server, der ausschließlich für die Verarbeitung einer Datenbank zuständig ist, einen dedizierten Datenbank-Server.
Suprastruktur
Gegenbegriff zu Infrastruktur. Die Suprastruktur umfasst alle Einrichtungen, die für Transport-, Umschlag- und Lager- sowie Beschaffungs- und Verarbeitungsprozesse innerhalb einer Verkehrsanlage, wie einem Seehafen, nötig sind. In einem Hafen gehören zur Suprastruktur beispielsweise Kräne, Lager- und Kühlhäuser sowie Bürokomplexe. Im Gegensatz zur Infrastruktur wird die Suprastruktur häufig nicht von der öffentlichen Hand finanziert, sondern von den Betreibergesellschaften beschafft, gewartet und entsorgt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?41000

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 19:47:08