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Installationsverfahren zum Aufbau von Offshorewindparks

Erstellt am: 26.02.2013 | Stand des Wissens: 30.06.2023
Synthesebericht gehört zu:

Grundsätzlich gliedert sich die Installation von Offshore-Windkraftanlagen in drei Phasen:
  1. Installation der Gründungsstrukturen,
  2. Errichtung der Windkraftanlage und
  3. Netzanschluss.
Im Folgenden soll am Beispiel des Offshore-Windparks Alpha Ventus (Nordsee) dargestellt werden, welche heutigen Installationsmöglichkeiten bestehen und welche alternativen Konzepte denkbar sind.
Ausgangspunkt für die Bauarbeiten eines Offshore-Windparks (OWP) bildet ein Basishafen, in welchem alle Komponenten gesammelt werden, um sie dann von dort gebündelt weiter zu transportieren. Im Fall von Alpha Ventus wurde der Hafen in der Stadt Eemshaven als Basishafen genutzt. Als Alternative kann im Zusammenhang mit der Errichtung von Offshoreparks über eine Just-in-time-Anlieferung nachgedacht werden, welche die einzelnen Komponenten von der Herstellungsfirma direkt in das Feld verschifft. Dies ist schwer zu koordinieren, da die Wetterbedingungen nicht ausreichend lang gut abschätzbar sind, was für die Planung von entscheidender Bedeutung ist. Herrscht bei Ankunft im Baufeld schlechtes Wetter, so können keine Bauarbeiten duchgeführt werden.
Im Offshore-Windpark Alpha Ventus wurden zwei Arten von Fundamenten verwendet: Jackets und Tripods. Sie wurden auf einem Ponton von Eemshaven aus in das Feld geschleppt und dort von einem Schwerlastkranschiff in bereits von einem kleineren Installationsschiff vorgerammte Fundamentpfähle eingestellt. Ein solches Feeder-Verfahren wird nicht nur in diesem Zusammenhang als Transportalternative getestet, sondern auch beim Transport anderer Komponenten der Windenergieanlagen. Die Tripods wurden einzeln mit einem Schwerlastkran von Eemshaven aus in das Feld befördert und dort an die entsprechende Position gesetzt. Um sie auf dem Meeresboden zu fixieren, wurden durch jedes Bein sogenannte Piles in den Boden gerammt. Vergleichbar mit einem überdimensionalen Nagel sorgen diese für einen festen Halt der Fundamente [DOTI10]. Es existieren zu diesen zwei genannten Fundamentypen folgende Alternativen: Monopiles, Tripiles, Suction Buckets und Schwerlastfundamente [Hoef10]. In der Erprobungsphase befinden sich schwimmende Gründungsstrukturen.
Nach Installation der Gründungsstrukturen wird begonnen, die Windkraftanlagen zu installieren. Dies geschah im Beispiel Alpha Ventus auf eine spezielle Art. Zuerst wurde das untere Turmsegment jeweils mit den Fundamenten verbunden und dann das zweite Turmsegment auf alle Anlagen aufgesetzt. Der letzte Schritt beinhaltete die Installation des obersten Turmsegments, der Gondel und des an Land vormontierten Rotorsterns. Ein Jack-up-Schiff transportierte für jeweils eine Anlage die drei Teile (oberstes Turmsegment, Gondel und Rotorstern) und installierte sie im Feld [DOTI10].
Alternativen sind in allen Ausprägungen zu finden. Generell gilt jedoch, dass die Anzahl der erforderlichen Hubbewegungen auf See reduziert werden sollte. So bestehen moderne Windkraftanlagen oftmals nur noch aus zwei Turmsegmenten. Es wurde bereits getestet, ob die Gondel mit zwei Rotorblättern (Bunny-Konzept) an Land vormontiert und als Ganzes auf den Turm gehoben werden kann, sodass im Anschluss nur noch das fehlende dritte Rotorblatt installiert werden muss. Der Transport aller Alternativen findet in der Regel mit den bereits genannten Jack-up-Schiffen statt, welche jeweils Komponenten für eine oder mehrere Anlagen laden können, kann jedoch auch über ein Feeder-Verfahren erfolgen. Dieses Verfahren nutzt die Jack-up-Schiffe nur in ihrer Hauptfunktion, zum Heben und Installieren der Windenergieanlagen. Die einzelnen Komponenten werden mit Hilfe von Transportschiffen oder großen Pontons in das Feld transportiert.
Nachdem die Großkomponenten der Windenergieanlage errichtet wurden, wird die Technik im Inneren der Anlagen durch kleine Serviceteams installiert. Diese Serviceteams werden entweder mit kleinen Arbeitsschiffen an die einzelnen Anlagen verbracht und gelangen über das Fundament in das Innere des Turms oder sie werden mit einem Hubschrauber auf der Anlage abgesetzt.
Der Netzanschluss wird mit speziellen Kabellegungsschiffen durchgeführt. Diese operieren im direkten Anschluss an die Installation der Fundamente im Windpark und verlegen die Kabel der Windkraftanlagen zu einer zentralen Umspannstation. Von dieser Umspannstation aus wird dann ein Hauptkabel Richtung Küste verlegt [DOTI10].
In der Zukunft sind mehrere Varianten zur Installation von Windkraftanlagen auf See vorstellbar. Bereits heute wird getestet, ob es sinnvoll wäre, die Windkraftanlagen komplett an Land vorzumontieren, um sie dann auf See auf die bereits vorbereiteten Fundamente zu setzen [Seid07]. Ein großer Entwicklungsaufwand wird im Bereich der schwimmenden Fundamente betrieben. In diesem Fall werden Fundamente über Stahlseile mit dem Meeresboden verankert, was den Vorteil hätte, dass die Windkraftanlagen an Land vormontiert und dann schwimmend auf die See geschleppt werden könnten. Mit diesem Konzept könnten Anlagen in deutlich größeren Wassertiefen gebaut werden [Ulla12].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Logistikkonzepte (Stand des Wissens: 30.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?475763
Literatur
[DOTI10] Deutsche Offshore-Testfeld und Infrastruktur GmbH & Co. KG (DOTI) (Hrsg.) Alpha Ventus. Ein Offshore-Windpark entsteht, Berlin, Hamburg, München, Oldenburg, 2010
[Hoef10] Höflich, B. Fundamente für Offshore-Windenergieanlagen, 2010/10
[Seid07] Seidel, M. Tragstruktur und Installation der Offshore-Windenergieanlage REpower 5M in 45m Wassertiefe. , veröffentlicht in Stahlbau 76, Ausgabe/Auflage 9, 2007
[Ulla12] Ulla, T. Hywind. Experience and way forward Hywind, Lissabon, 2012
Glossar
Just-In-Time "Just-In-Time" (JIT) ist ein Transportservice, bei dem die Auslieferung von Waren zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeführt wird. Der Kunde legt vorher fest, wann und wohin die Güter geliefert werden sollen. Häufig wird JIT in der Produktions-Logistik eingesetzt, um eine produktionssynchrone Beschaffung umzusetzen. Mit diesem Prinzip lassen sich beispielsweise Zwischenlager sparen und somit Kosten senken.
Feederverkehr Unter „Feederverkehr” versteht man den Zubringer- bzw. Verteilverkehr, z.B. den straßenseitigen Vor- und Nachlauf im Kombinierten Verkehr Straße-Schiene. Ausgeprägte Feederverkehre finden sich in der Seeschifffahrt, in der die Hub-Häfen der interkontinentalen Verkehre über Feederlinien mit kleineren Schiffen ein größeres Einzugsgebiet erschließen

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?405695

Gedruckt am Mittwoch, 17. April 2024 00:17:24