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Problemstellung aus Sicht des Gesetzgebers

Erstellt am: 29.08.2012 | Stand des Wissens: 09.06.2023
Synthesebericht gehört zu:

Grundsätzlich schreibt der Gesetzgeber bezogen auf Lenk- und Ruhezeiten vor, dass diese mithilfe eines einbaupflichtigen (digitalen) Kontrollgeräts nach [EP06] Art. 1 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 erfasst werden müssen. Zu den Lenkzeiten/anderen Arbeiten nach [EP06] Art. 4 VO (EWG) Nr. 561/2006 gelten alle Zeiten, die mit der Fahrtätigkeit im Zusammenhang stehen und dementsprechend vom Kontrollgerät als Lenkzeit registriert werden [EP06]. Dabei ist zu beachten, dass dazu auch die Aufenthalte vor Ampeln, an Bahnübergängen und in Staus zählen. Dagegen gelten reine Wartezeiten wie zum Beispiel bei der Grenzabfertigung oder beim Be- und Entladen nicht als Lenkzeit, sondern als andere Arbeiten, sofern die Dauer der Wartezeit nicht von vornherein bekannt ist. Diese gelten nicht als Fahrtunterbrechung oder Ruhezeit, da dem Fahrer die Zeit nicht frei zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass die Wartezeit an der Laderampe, wie bereits in vorangegangenen Syntheseberichten ausgeführt wurde, zu erfassen ist und sich negativ auf die Effizienz der Be- und Entladung auswirkt. Die Ruhezeiten sind nach Art. 4 f, g, h, Art. 8 VO (EG) Nr.561/2006 geregelt und schreiben eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden oder zuerst 3 Stunden, gefolgt von weiteren 9 Stunden vor [EP06].

Aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks sind die Disponenten angehalten, die Einsatzzeiten der Fahrzeuge zu maximieren entsprechend sind die Fahrer angehalten, diese Vorgaben möglichst effizient umzusetzen [BAG11, S. 20]. Wäre eine Registrierung der Ruhezeit während des Be- oder Entladens möglich, könnte dies zu einem wesentlich effizienteren Verkehrsinfrastruktursystem beitragen. Des Weiteren wird durch die nicht abgestimmten Prozesse am Rampensystem und das daraus resultierende erhöhte Verkehrsaufkommen die ohnehin knappe Ressource der Verkehrsinfrastruktur noch stärker belastet [BDI10, S. 5-8]. Die Infrastruktur stellt jedoch einen zentralen Wachstumsfaktor für die Logistik dar. Um das Wachstum der Logistik und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland nicht zu gefährden, müssen diese Engpässe beseitigt werden [BVL12; BAG11, S. 2ff.]. Die Ineffizienzen an den Rampensystemen verursachen folglich für den Staat weitere Kosten, insbesondere durch die zusätzlichen Kapazitätserweiterungen der Infrastruktur. Diese könnten durch ein effizientes Rampenmanagement vermieden werden [BAG11, S. 9]. Allerdings geben rund 57 % der Berufskraftfahrer an, ihr Fahrzeug häufig oder immer selbst entladen zu müssen. Würde ein neues Gesetz diese Entladezeit als Ruhezeit definieren, wären die Fahrer doppelt belastet und die Effizienzsteigerung zu ihren Lasten [BAG18c, S. 7].
Rampenmanagement 397504.pngAbb. 1: Häufigkeit mit der Berufskraftfahrer ihr Fahrzeug selbst entladen müssen [BAG18c, S. 7] (eigene Darstellung) (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Ein neuer, beispielhafter Ansatzpunkt für die effizientere Auslastung der Laderampen bietet unter anderem die künstliche Intelligenz, wie sie manche Unternehmen bereits für die Planung von Touren anwenden. Dabei wird im Grundsatz verfolgt, als digitaler Spediteur die Anzahl der Leerfahrten durch die Kombination verschiedener Transportaufträge zu einer Tour zusammenzuführen, sodass der Leerfahrtenanteil gering wie möglich gehalten wird. Zudem ist ein dynamisches Slotmanagementsystem in Planung, welches die Auslastung an Rampen verbessern und feste Zeitfenster an den Rampen überflüssig machen soll [Kral19].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Rampenmanagement (Stand des Wissens: 09.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?397693
Literatur
[BAG11] Bundesamt für Logistik und Mobilität (Hrsg.) Marktbeobachtung Güterverkehr, Sonderbericht zur Situation an der Laderampe, 2011/01
[BAG18c] Bundesamt für Güterverkehr, Werderstraße 34, 50672 Köln (Hrsg.) Marktbeobachtung Güterverkehr Abläufe an den Laderampen verbessern - Ergebnisse einer Befragung von Kraftfahrern und Rampenbetreibern, 2018/02
[BDI10] Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Verkehrsinfrastruktur: Investitionen sichern, Effizienz verbessern, Wachstum stärken, 2010/09
[BVL12] Bundesvereinigung Logistik (BLV) e.V. (Hrsg.) Investitionsstau bei Infrastrukturprojekten: Logistikunternehmen befürchten gebremstes Wachstum, 2012/07/09
Weiterführende Literatur
[Kral19] Kral, Julian Mit KI gegen Leerfahrten, 2019/03
[EP06] VERORDNUNG (EG) Nr. 561/2006 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
Glossar
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.
Spediteur Spediteure fungieren als Intermediäre zwischen Versender und Transporteur bzw. Frachtführer. Sie „besorgen” den Transport. Hierunter fallen insbesondere die Festlegung auf Verkehrsmittel und die Beauftragung ausführender Unternehmen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?397504

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 12:37:53