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Problemstellung aus Sicht von Industrie- und Handelsunternehmen

Erstellt am: 29.08.2012 | Stand des Wissens: 14.12.2023
Synthesebericht gehört zu:

Laut Studien des Bundesamts für Güterverkehr birgt der Bereich des Wareneingangs der Rampe mitunter das größte Störungspotenzial. Die Abläufe der Rampe im Warenausgang sind hingegen seltener durch Störungen beeinträchtigt.[BAG11, S. 2,10; BAG16a, S. 17]

Untersuchungen des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) haben ergeben, dass bei den Industrie- und Handelsunternehmen der wesentliche Grund für lange Warte- und Standzeiten darin begründet liegt, dass die Speditions- und Transportunternehmen nicht zur vereinbarten Zeit am Abholungsort beziehungsweise Zielort erscheinen. Die Hauptgründe hierfür sind neben den Verzögerungen im Betriebsablauf auch infrastrukturelle Engpässe [BAG11, S. 12]. Nach Aussage der Unternehmen sei die Folge, dass die Einhaltung von Terminen insbesondere in Ballungsgebieten kaum zu realisieren sei [BAG11, S. 12]. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass lange Warte- und Standzeiten vor allem bei der Entladung der Fahrzeuge an den zentralen Umschlagslagern entstehen. Die anschließende Distribution der Güter zu den Filialstandorten, die teilweise mit eigenen Fahrzeugen angefahren werden, verläuft aus Sicht des Handels ohne vergleichbare Probleme ab [BAG11, S. 10f.].

Die Rampenöffnungszeiten sind speziell im Handelssektor ein Grund dafür, dass es zu Warteketten von Lkw an der Rampe kommt und Verzögerungen unvermeidlich werden. Diese variieren fallweise von Montag bis Donnerstag zwischen 6 bis 13 Uhr oder 6 bis 18 Uhr. Freitags ist in fast allen Lagern die Warenannahme bis maximal 14 Uhr möglich [BAG11, S. 12f.]. Das Problem liegt darin, dass viele Unternehmen die Warenannahme aus Kostengründen im Einschichtbetrieb durchführen. Als Vorbild können die Automobilbranche und große Speditionslager an See- und Flughäfen dienen. Hier sind nahezu überall eine ganztägige Anlieferung und Entladung an der Rampe möglich. Zudem treten meist in den frühen Morgenstunden zu Arbeitsbeginn und um die Mittagszeit Aufkommens- beziehungsweise Belastungsspitzen an der Rampe auf. Dies wird vor allem bei den Lebensmittel- und Konsumgüterhandelsunternehmen festgestellt [BGL11a].

Ein weiterer Grund für die Nichteinhaltung von Terminplänen sind laut Meinung der Unternehmen Informationsdefizite [BAG16a, S. 14-16]. Dies liegt unter anderem daran, dass durch den starken Wechsel der in- und ausländischen Transportunternehmen mangelnde Kenntnisse beim Fahrer bezüglich der Lkw-Abfertigung oder auch Sprachprobleme zu Verzögerungen führen [BAG16a, S. 23]. So sind die Fahrer regelmäßig nur unzureichend über die geplanten Abläufe an der Rampe informiert und verursachen somit Verzögerungen [BAG16a]. Auch die empfangenden Unternehmen wissen nicht rechtzeitig über die Ankunftszeit der Lieferung Bescheid, sodass spontane und kurzfristige Planung die Abläufe an der Rampe zusätzlich verzögert [HaWo14, S. 261].

Verzögerung bei den Be- und Entladeprozessen können auch durch ungeeignetes oder schadhaftes Transportmaterial entstehen. Dies gilt vor allem bei den speziellen Ladungsträgern für Luftfrachtsendungen [BAG11, S. 13]. Verzögerungen beim Umschlag von Luftfracht ergeben sich beispielsweise aufgrund von ungenügender Wartung der speziell für die Beschleunigung von Be- und Entladeprozessen eingesetzten Rollensysteme auf der Ladungsträgerunterseite [BAG11, S. 13]. Auch bei der Be- und Entladung von Lkw kann es aufgrund von Materialschäden zu Verzögerungen kommen. Aus der Unternehmenspraxis wird vielfach berichtet, dass alte und verschlissene Europaletten verwendet werden, deren Festigkeit nicht mehr gegeben ist und Probleme beim Umschlag verursachen und Sicherheitsrisiken darstellen. Insbesondere beim Palettentausch kommt es hier zu Problemen, da die beschädigten Paletten nicht vom Verlader angenommen werden. Dies kann zu Verzögerungen und Störungen führen [HaWo14, S. 15].
Ein weiteres Problem an Rampen ist die für die Mitarbeitenden herrschende Gefahr.
Im Jahr 2016 hat die BG Verkehr im Bereich Güterverkehr knapp 17.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle registriert, die sich an Be- und Entladestellen beziehungsweise im Bereich Lagerung ereigneten. Im Zuge dessen kam es zu einer Branchenkonferenz, bei der über die Arbeits- und Gesundheitsbedingungen des Fahrpersonals sowie Unfälle mit Flurförderfahrzeugen an und auf den Rampen, Unfälle durch Kuppeln und Wegrollen sowie Sturz- und Absturzunfälle beim Be- und Entladen diskutiert wurde [VERDI18]. An der Situation der Mitarbeitenden hat sich seitdem dennoch wenig verändert, denn 2021 verzeichnete Deutschland 88.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle beim Be- und Entladen von Lkw im Vorjahr, 48 davon waren Todesfälle. Die BG Verkehr führt diese Umstände auf die mangelnde Qualifikation des Personals, die fehlenden Sicherheitskonzepte und Informationsdefizite zwischen den beteiligten Parteien zurück [BGV22].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Rampenmanagement (Stand des Wissens: 09.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?397693
Literatur
[BAG11] Bundesamt für Logistik und Mobilität (Hrsg.) Marktbeobachtung Güterverkehr, Sonderbericht zur Situation an der Laderampe, 2011/01
[BAG16a] Bundesamt für Logistik und Mobilität (Hrsg.) Marktbeobachtung Güterverkehr Abläufe an den Laderampen verbessern, Druckerei des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur Bundesamt für Güterverkehr, 2016/03/21
[BGL11a] Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (Hrsg.) BGL - Jahresbericht 2010/2011, 2011/09/01
[BGV22] BG Verkehr (Hrsg.) BG Verkehr fordert mehr Kooperation an der Rampe, 2022/11/16
[HaWo14] Niels Hackius, Wolfgang Kersten Truck Loading Dock Process - Investigating Integration of Sustainability, veröffentlicht in Next Generation Supply Chains - Trends and Opportunities, epubli, 2014/08, ISBN/ISSN 978-3-7375-0339-6
[VERDI18] Mehr als nur Stress an der Laderampe, 2018/10/29
Weiterführende Literatur
[Berg11] Bergrath, J. Stresszone Rampe, Handelsembargo, 2011/10
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Verlader Der Verlader ist derjenige Teilnehmer in der Transportkette, der die Ladung/Transportgut erstmals aufgibt. Unter einem Verlader versteht man ein Unternehmen, das Logistikdienstleistungen (Transport, Verladen etc.) bei einem Logistikdienstleister in Auftrag gibt.
Palette
Eine Palette ist ein Ladungsträger, auf dem eine größere Anzahl von Transportgütern zu gleichartigen (unifizierten) Ladungseinheiten zusammengefasst werden kann. Durch Normierung von Bauart und Größe jeweils verwendeter Paletten sowie korrespondierender Transport-, Umschlags- oder Lagersysteme lassen sich anfallende logistische Prozesse sowohl in zeitlicher als auch monetärer Hinsicht rationalisieren.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?397485

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 01:05:34