Betriebsführung und erforderliche Betriebsmittel im Einzelwagenverkehr
Erstellt am: 16.05.2012 | Stand des Wissens: 22.01.2018
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Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Der Schienengüterverkehr kann in verschiedene Angebotsformen gegliedert werden. Dazu zählen der Ganzzugverkehr, bei welchem mit Gütern eines einzelnen Kunden beladene Züge ohne Zwischenbehandlung vom jeweiligen Start- zu ihrem Zielbahnhof fahren, der Einzelwagenverkehr (EWV), dessen von unterschiedlichen Verladern bestückte Güterwagenzusammenstellungen eine Nutzung vorhandener Sammel- und Verteilbahnhöfe voraussetzen, und der Kombinierte Verkehr, der sich dadurch kennzeichnet, dass die betreffende Fracht mittels genormter Ladeeinheiten von mehreren Verkehrsträgern transportiert wird.
Sowohl Bahnhöfe als auch Wagen müssen für die jeweils gewählte Angebotsform ausgelegt sein, wobei der Einzelwagenverkehr an Rollmaterial und Infrastruktur erhöhte Anforderungen stellt. So können beispielsweise nicht alle Güterwagen, die über eine Spurweite von 1435 Millimeter (sog. Normalspur) verfügen, ohne weiteres im EWV eingesetzt werden. Insbesondere eine hier zumeist für Rangierzwecke erforderliche Nutzung von Ablaufanlagen setzt voraus, dass Achsabstände nicht überschritten werden und Wagenkonstruktionen pufferstoßresistent sind. Darüber hinaus sind bei der Wahl des eingesetzten Rollmaterials die Einhaltung einer zulässigen Achslast von meist 22,5 Tonnen zu beachten und die Höchstladungsmasse in Abhängigkeit zur jeweiligen Achsanzahl zu bemessen [RiKu04, S. 574]. Mit Blick auf die größtmögliche Kompatibilität sind im EWV eingesetzte Güterwagen mit manuell zu bedienenden Schraubenkupplungen ausgerüstet. Diese sind innerhalb Europas meistverbreitet und begünstigen damit die Zusammenstellung einzelner Wagen unterschiedlicher Kunden mit ähnlichem Richtungsziel.
Bei der Zugzusammenstellung finden unterschiedliche Maßgaben Anwendung. Einerseits können sog. Ein-Wagen-Gruppen produziert werden, was der Sammlung, Gruppierung und Verbringung des Rollmaterials zum gleichen Endbahnhof entspricht; von dort werden sie im Anschluss weiterverteilt. Ist es andererseits nicht möglich, einen einzelnen Endbahnhof anzufahren, werden sog. Mehrgruppenzüge zusammengestellt. Diese können während der Fahrt betriebliche Zwischenhalte durchführen und somit ihre Gruppierung mehrfach ändern. [SiSt12]
Für die Sammlung, Sortierung und Verteilung der Güterwagen sind Knotenpunkte erforderlich, die von unterschiedlichen Satellitenbahnhöfen bedient werden [BMWI09b, S. 131 f.]. Einen Überblick über die grundlegende Struktur des hieraus resultierenden Transportnetzwerkes bietet folgendes Schema:

Knotenpunktbahnhöfe bilden die Leitstelle für Transportabläufe sowie die Einsatzzentrale für Rangierloks und -personal. Das System 200X, das seit 2006 von der DB Schenker Rail Deutschland AG praktiziert wird, bedeutet eine Modifizierung des ursprünglichen Knotenpunktverfahrens mit Hilfe von Direktverbindungen und der Konzentration auf zurzeit neun große Rangierbahnhöfe als überregionale Zugbildungsanlagen (ZBA) [Penn06; Scha11a, S. 11 f.].
Mit dem Ziel einer verbesserten Verknüpfung zwischen Auftragsabwicklung und Betriebsführung errichtete die Deutsche Bahn AG ein Kunden-Service-Zentrum in Duisburg [FeRi04]. Es ist sowohl für die Transportorganisation als auch für sämtliche Interaktionen mit den verschiedenen Einzelwagenverkehrskunden verantwortlich. Neben Aufgaben der Angebotsabgabe, Leerwagendisposition, Beladungsplanung sowie Wagenabholung und -zustellung überwacht das KundenServiceZentrum (Eigenschreibweise) den Transportablauf und informiert die jeweiligen Verlader über etwaige auftretende Verspätungen innerhalb des Versandprozesses. [NiPa09; Vogt10]