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Staugebühr in Stockholm

Erstellt am: 18.04.2012 | Stand des Wissens: 12.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Die Cordon Maut in Stockholm wurde im Jahr 2006 zunächst als Testlauf eingeführt und im Jahr 2007 dann fest etabliert. Die geographische Lage begünstigt die Realisierung eines Cordon-Modells, da Stockholm aus Inseln mit 20 Zugangsmöglichkeiten in die Stadt besteht. Mit der Maut sollte vor allem der hohen Verkehrsbelastung entgegengewirkt werden.
Die City-Maut wird mittels Kamerasystemen an den 20 Stationen beim Ein- und Ausfahren automatisch erhoben. Zwischen 6:00 Uhr und 18:30 Uhr wird eine Maut erhoben. Für die Innenstadt gilt, dass ein Fahrzeug je nach Uhrzeit und Jahreszeit zwischen 11 und 45 SEK, pro Tag jedoch maximal 135 (Hauptsaison) beziehungsweise 105 SEK (Nebensaison) zahlt. Von 18:30 Uhr abends bis 6:00 Uhr morgens, an gesetzlichen Feiertagen sowie einigen weiteren Tagen müssen keine Gebühren entrichtet werden [STYR22]. Der zu zahlende Betrag wird am Ende des Monats per Post zugeschickt und kann in bar, per Überweisung oder per Einzugsermächtigung beglichen werden. Die sogenannte "Trängselskatt" wird nicht für Motorräder, Krankenwagen und für Busse (>14 Tonnen) erhoben [BörjEl12; PaLind11]. Seit dem 01. Januar 2016 wird nicht nur der Innenstadtbereich bemautet, sondern auch für die Stadtautobahn Essingeleden eine Maut erhoben [STYR22].

Das Verkehrsaufkommen reduzierte sich kurz nach Einführung der vorläufigen Gebühren im Januar 2006 um 28 Prozent, stieg in den folgenden Monaten wieder leicht an auf eine durchschnittliche Reduktion von 21 Prozent (bis Juni 2006) im Vergleich zu den Monatswerten vor Einführung der Gebühr. Nach Beendigung des Testlaufs stieg das Verkehrsaufkommen wieder an, blieb allerdings um 5 bis 10 Prozent unter dem ursprünglichen Niveau ohne Gebühr. Nachdem die Gebühr im August 2007 fest eingeführt wurde, reduzierte sich die Anzahl der Einfahrten in den folgenden Jahren um 18 bis 20 Prozent verglichen mit der Situation ohne Gebühren [BörjEl12].

Der Rückgang des Verkehrsvolumens von 2006 bis 2011 verglichen mit dem Referenzjahr 2005 ohne Gebühren wird in der folgenden Abbildung dargestellt. Dabei wird berücksichtigt, dass zwischen August 2006 und August 2007 kurzzeitig keine Gebühr erhoben wurde [BörjEl12; EliHu09].


Abbildung 1: Durchschnittliche Anzahl an registrierten Personen, die den Kordon werktags zwischen 6 und 19 überqueren [BörjEl12]
Umfragen zeigten, dass die Akzeptanz einer City-Maut in Stockholm im Jahr 2004 mit 40 Prozent an Befürwortern relativ gering war. Das anfänglich politische Versprechen, keine City-Maut einzuführen, führte zu heftiger Kritik. Allerdings befürwortete mehr als die Hälfte der Stockholmer (53 Prozent) bereits im Testlauf 2006 die Beibehaltung der Maut und nach Einführung der Maut im Jahr 2007 stieg die Akzeptanz auf 66 Prozent. Die Hauptursache der Meinungsänderung wird in der tatsächlichen Entlastung des Verkehrs in Stockholm begründet. Die Maut hat sich in Realität zudem als weniger finanziell belastend herausgestellt als vor Einführung der Maut befürchtet wurde [BörjEl12].

Der öffentliche Transport wurde um 16 neue Buslinien erweitert. Die Buslinien wurden bereits vier Monate vor der Gebührenerhebung eingeführt, um Alternativen zum Straßenverkehr zur Verfügung zu stellen. Die Kapazität des innerstädtischen Nahverkehrs sowie die Park & Ride Angebote wurden insgesamt erhöht [EliHu09].
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Erhebung von Staugebühren zum Management knapper Kapazitäten (Stand des Wissens: 17.04.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?388207
Literatur
[BörjEl12] Börjesson, M,; Eliasson, J.; Hugosson, M.; Brundell-Freij K. The Stockholm congestion charges - 5 years on. Effects, acceptability and lessons learnt, veröffentlicht in Transport Policy, Ausgabe/Auflage 20, 2012
[EliHu09] Eliasson, J.; Hultkrantz, L.; Nerhagen, L.; Smidfelt, L. The Stockholm congestion - charging trial 2006: Overview of effects, 2009/02/03
[PaLind11] Palma, A.; Lindsey, R. Traffic congestion pricing methodologies and technologies, 2011
[STYR22] Transport Styrelsen (Hrsg.) Stockholm congestion taxes modified on 1 January 2020, 2022
[SweAg12] Zeiten und Gebühren der Stockholmer City Maut, 2012
Glossar
City Der in der Stadtforschung und im allgemeinen Sprachgebrauch für die Kennzeichnung des Stadtzentrums meist größerer Städte verwendete Begriff City ist nicht eindeutig, da er im Englischen eine völlig andere Bedeutung hat. Im englischen Sprachgebrauch kann der Begriff City für drei verschiedene Varianten stehen:
  1. allgemein für eine Großstadt,
  2. für eine historische Stadt mit Bischofssitz und Kathedrale,
  3. für eine Stadt mit königlicher Urkunde und zeremoniellen Privilegien.
Der deutsch Begriff der City leitet sich aus der frühen Konzentration von Bürofunktionen in der historischen City of London ab, da sich dort bereits im 18. Jahrhundert mit dem aufkommenden und rasch entfaltenden Banken- und Versicherungswesen der neue Typ des Bürohauses herausbildete, der den Prozess der Citybildung enorm beschleunigte. In erster Linie ist City ein Funktionsbegriff. Die City ist der zentralst gelegene Teilraum einer größeren Stadt mit einer räumlichen Konzentration hochrangiger zentraler Funktionen des tertiären und quartären Sektors.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?388082

Gedruckt am Donnerstag, 18. April 2024 22:39:21