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Lösungsansätze zur Reduzierung von Leercontainertransporten

Erstellt am: 05.03.2012 | Stand des Wissens: 23.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig

Starke Ungleichgewichte im globalen Transportaufkommen containerisierter Güter und die daraus resultierende Notwendigkeit, Leercontainer zu repositionieren sind wesentliche Merkmale des Containertransportsystems [ThBo09]. Es werden sowohl praktische als auch forschungssseitige Anstrengungen unternommen, eine Reduktion der Leercontainertransporte herbeizuführen und entsprechende Lösungsansätze zu entwickeln [ThBo09]. Diese Lösungsansätze haben gemein, dass sie eine Zusammenarbeit von Akteuren in der Containertransportkette erfordern und Prozesse der Leercontainerlogistik verändert werden müssen.

Eine Maßnahme besteht in der aktiven Suche nach geeigneter Rückfracht am oder in der Nähe des Ortes der Containerentladung. Sie wird insbesondere von Reedereien und anderen Transporteuren eingesetzt, in seltenen Fällen auch direkt von Versendern [WoHe11]. Die Reichweite der Maßnahme ist durch die zugrundeliegende Unpaarigkeit der Containerströme auf Hin- und Rückweg eingeschränkt. Der Erfolg der Maßnahme ist damit stark standortabhängig. Zusätzlich ist die Suche nach Rückfracht oft sehr zeitaufwendig, was dazu führt, dass Reedereien besonders in Zeiten hoher Transportnachfrage dazu tendieren, Container eher möglichst schnell zurück in die Regionen mit hoher Nachfrage zu schicken, als langwierig nach Rückfracht zu suchen [Hütt13].

Kooperationen zwischen Reedereien können den Containerpool zum Gegenstand haben. Der direkte Austausch von reedereieigenen beziehungsweise Leasingcontainern wird "Box Swapping" genannt. Das Konzept generiert wesentliche Kosteneinsparungen sowohl für die Leercontainer nachfragende als auch die anbietende Partei [BoTh04]. Boile et al. führen aus, dass ein direkter Austausch für die nachfragende Reederei im Vergleich zu einem Leasingvertrag bis zu 50 Prozent günstiger sein kann. Der Containereigentümer spart den Rücktransport und erschließt sich eine zusätzliche Einnahmequelle [BoTh04]. So kann beispielsweise der Containerüberschuss von Reederei A reduziert werden, indem ein Mehrbedarf an Containern von Reederei B gedeckt wird [Hütt13]. Bisher werden Container zwischen Reedereien jedoch, wenn überhaupt, eher ad hoc ausgetauscht. Intensivere Kooperationen zwischen Reedereien gestalten sich als schwierig, da sie häufig arbeitsintensiv und ineffizient sind [BoTh04].

Eine besondere Form des Container-Poolings ist das sogenannte "Grey Box Pooling", bei dem neutrale Container ohne spezifische Unternehmenskennung zum Einsatz kommen [BoTh04; Pawl99; Hütt13]. Mit der zunehmenden Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien und der damit verbundenen Effizienzsteigerung beim Informationsaustausch wird das Grey Box Pooling zunehmend attraktiver. Ein vergleichbares Konzept wird heutzutage bereits erfolgreich in der Palettenlogistik eingesetzt [Hütt13]. Ein weiteres Beispiel ist das Ende 2012 im belgischen Antwerpen gegründete Unternehmen Avantida, das eine digitale Plattform für Speditionen anbietet, um den Transport von  Leercontainern schneller planen zu können [DVZ20]. Ein ähnliches Ziel verfolgt auch das Hamburger Start-up Container xChange, indem es eine neutrale Plattform zur effizienteren Vernetzung von Containereigentümern und -nutzern bereitstellt [DVZ18b]. Im Regelfall versehen Reedereien ihre Container jedoch mit dem eigenen Firmenlogo. Dies hat zur Konsequenz, dass Container mit Reedereikennung überwiegend nur von dieser verwendet werden, da es für viele Reedereien nach wie vor ein Problem darstellt, einen Konkurrenzcontainer zum Kunden zu bringen.

Eine weitere Maßnahme stellt die Optimierung der Netzwerkstruktur von Leercontainerdepots dar, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Standorte und Kapazitäten, wodurch Verkehrsströme gebündelt werden können. Hierbei müssen verschiedene Akteure in den Optimierungsprozess involviert werden, wie zum Beispiel Depotbetreiber, Hafenbehörden und Transporteure [WoHe11].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Leercontainerlogistik (Stand des Wissens: 23.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?382071
Literatur
[BoTh04] Boile, M., Theofanis, S., Mittal, N., Empty Intermodal Containers - A Global Issue, 2004/03/21
[DVZ18b] DVZ Weniger ist mehr, 2018/12/11
[DVZ20] Deutsche Verkehrs-Zeitung (Hrsg.) Marktplatz mit großen Zielen, 2020/02/25
[Hütt13] Barbara Katharina Hüttmann Empty Container Logistics in the Maritime Economy - Evidence from the North Range, 2013
[Pawl99] Pawlik, Thomas Seeverkehrswirtschaft: internationale Containerlinienschiffahrt; eine betriebswirtschaftliche Einführung, Gabler / Wiesbaden, 1999, ISBN/ISSN 3-409-11418-1
[ThBo09] Theofanis, S., Boile, M. Empty marine container logistics: facts, issues and management strategies, veröffentlicht in GeoJournal, Ausgabe/Auflage 74, Springer Science+Business Media B.V., 2009
[WoHe11] Wolff, J. , Herz, N. , Flämig, H. Report on empty container management in the Baltic Sea region - Experiences and solutions from a multi-actor perspective, Hamburg, 2011/06
Glossar
Transporteur Transporteure (auch Frachtführer genannt) führen den physischen Transport aus.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?381298

Gedruckt am Donnerstag, 18. April 2024 07:37:52