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Entwicklungsstrategien und Investitionsprogramme für Neu- sowie Ausbauvorhaben innerhalb des deutschen Schienennetzes

Erstellt am: 17.08.2011 | Stand des Wissens: 22.07.2019
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Prinzipiell richtet sich die Realisierung infrastruktureller Maßnahmen, welche eine Erweiterung oder umfassende Modifikation des bestehenden nationalen Eisenbahnnetzes zum Ziel haben, nach der im Bedarfsplan Schiene festgelegten Vorhabenspriorisierung. Dieser dem "Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes" (Bundesschienenwegeausbaugesetz) als Anlage beigefügte "Bedarfsplan für die Bundesschienenwege" fungiert seit November 1993 als Rechtsgrundlage für Investitionen in einen Fahrwegneu- und -ausbau, unterliegt turnusmäßig vorgeschriebenen Überprüfungen und wurde zuletzt im Jahre 2017 gemäß den Zielsetzung des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP) an bestehende Entwicklungserfordernisse angepasst [BMVI16d, S. 155 ff.; BSWAG, Anlage zu § 1]. Die dem sogenannten vordringlichen Bedarf zugeordneten und somit prioritär umzusetzenden Neu- und Ausbauprojekte umfassen Gesamtinvestitionen in Höhe von knapp 40,5 Milliarden Euro [BMVI16d, S. 155 ff.]. Daneben gibt es weitere verkehrspolitische Strategieansätze und Maßnahmenpakete, die darauf ausgerichtet sind, bereits im aktuellen Bedarfsplan enthalte Bauvorhaben zu beschleunigen oder ergänzende Infrastrukturprojekte zeitnah umsetzen zu können.

Seitens des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur wurde am 23. Juni 2017 der "Masterplan Schienengüterverkehr" vorgestellt. Die Vorteile, die der Verkehrsträger Schiene bietet, sollen weiter gefördert werden und noch wirtschaftlicher umsetzbar sein. Zielsetzungen sind neben dem Ausbau wichtiger Großknotenpunkte die Realisierung des Einsatzes von längeren Güterzügen mit bis zu 740 Metern Länge. Dafür sollen insbesondere neue Überholgleise gebaut werden. Die Senkung der Trassenpreise durch Bundeshaushaltsmittel soll mit 350 Millionen Euro ein weiterer Bestandteil sein. Zusätzlich soll durch die digitale Bereitstellung der Trassenbuchung sowie von Fahrplänen und Regelwerken die Beschleunigung des Netzes und des Betriebsablaufes gefördert werden [BMVI17ab].

An den Masterplan Schiene anknüpfend fördert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur seit dem 9. August 2018 den Einsatz energieeffizienter Technologien im Eisenbahnverkehr mit 500 Millionen Euro Gesamtvolumen im Zeitraum bis 2023. Eisenbahninfrastrukturunternehmen werden so bis zu fünf Jahre unterstützt, wenn sie beispielsweise vernetzte Fahrerassistenzsysteme, neue Stromrichtertechnologien oder energiesparende Hybrid-/Zweikraftlösungen für Loks anschaffen [BMVI17ab, BAV18].

Diesen Intentionen folgend und ein hohes prognostizierte Transportaufkommenswachstum speziell im globalen Hochseeverkehr in Betracht ziehend, wurden insbesondere bezüglich deutscher Hafenhinterlandverbindungen drohende Netzkapazitätsengpässe identifiziert. Der "Masterplan Schiene Seehafen-Hinterland-Verkehr" sowie das daraus abgeleitete Sofortprogramm Seehafen-Hinterland-Verkehr formulierten deshalb Infrastrukturmaßnahmen, welche eine adäquate Bewältigung der in naher Zukunft auf nationalen Nord-Süd-Relationen erwarteten Mengensteigerungen sicherstellen sollen. Die Investitionspakete liefen von 2008 bis 2013 und unterstützten 24 Projekte mit 305 Millionen Euro. Am 17.07.2015 wurde das Nachfolgeprogramm "Seehafen-Hinterland-Verkehr II" beschlossen, welches mit der ersten Tranche in der Laufzeit von 2015 bis 2020 mit einem Volumen von circa 130 Millionen Euro das Vorgängerprojekt fortsetzen soll [DeBu17a, S. 27]. Mit Hilfe wohlüberlegter Vorhabenspriorisierungen und -bündelungen wird in diesem Zusammenhang eine größtmögliche Effektivität sämtlicher Aus- und Neubauprojekte angestrebt. [DBAG07n; BeFr08; DBAG08p]
Als weitere Fördermaßnahme gibt es die "Richtlinie zur Förderung des Neu- und Ausbaus sowie der Reaktivierung von privaten Gleisanschlüssen", welche Unternehmen animieren soll, einen privaten Gleisanschluss zu bauen und diese dabei finanziell zu fördern. Diese Maßnahme unterstützt das Ziel der Bundesregierung mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Die aktuelle Förderrichtlinie gilt seit dem 31.01.2017 und wird bis zum 31.12.2020 laufen. Bis dahin können Unternehmen Anträge bei dem Eisenbahn-Bundesamt einreichen und bis zu 50 Prozent der Baukosten erstattet bekommen [EBA16].
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Literatur
[BAV18] Bundesamt für Verwaltungsleistungen (Hrsg.) Förderung der Energieeffizienz des elektrischen Eisenbahnverkehrs, 2018
[BeFr08] Belter, Bringfried, Dipl.-Ing., Fricke, Eckart, Dipl.-Ing. Nutzen für Häfen und Bahnen: Das Projekt Masterplan Seehafenhinterlandanbindung, veröffentlicht in Eisenbahntechnische Rundschau, Ausgabe/Auflage 04/2008, DVV Media Group GmbH / Hamburg , 2008/04, ISBN/ISSN 0013-2845
[BMVI16d] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Bundesverkehrswegeplan 2030, Ausgabe/Auflage März 2016, Berlin, 2016/03
[BMVI17ab] Allianz pro Schiene e.V., Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., Deutsche Bahn AG Konzern, Kombiverkehr Deutsche Gesellschaft für kombinierten Güterverkehr GmbH & Co KG , Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e. V., Studiengesellschaft für den kombinierten Verkehr e.V., Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V., Verband der Güterwagenhalter in Deutschland e.V., Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Prof. Clausen, Dr. Lucke Masterplan Schienengüterverkehr, 2017/06
[DBAG07n] o.A. Masterplan Schiene, Seehafen-Hinterlandverkehr, Berlin, 2007/08/27
[DBAG08p] o. A. Sofortprogramm Seehafen-Hinterland-Verkehr: Eine gute Investition in die Zukunft., Frankfurt (Main), 2008/10
[DeBu17a] Deutscher Bundestag Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2015, 2017/06/15
Weiterführende Literatur
[BMVBS10i] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Aktionsplan Güterverkehr und Logistik-Logistikinitiative für Deutschland , 2010
[DBAG17l] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe-Basel - Starke Verkehrsachse für Europa, 2017/01
[Sche11a] Scheuer, Andreas, Dr. Der Aktionsplan Güterverkehr und Logistik, veröffentlicht in Deine Bahn, Ausgabe/Auflage 02/2011, Bahn Fachverlag GmbH / Berlin , 2011/02, ISBN/ISSN 0948-7263
[BMVBS08d] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Masterplan Güterverkehr und Logistik, Berlin, 2008/09
[BSWAG] Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz)
[EBA16] Richtlinie zur Förderung des Neu- und Ausbaus sowie der Reaktivierung von privaten Gleisanschlüssen
Glossar
Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ist ein Rechtsbegriff des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG). Gemäß § 2 Abs. 1 AEG sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben.
Hybrid
Der Ausdruck Hybrid bedeutet "etwas Gebündeltes, Gekreuztes oder Gemischtes". Es stammt ab von dem lateinischen Fremdwort griechischen Ursprunges Hybrida. In der Technik wird ein hybrides System, aus zwei unterschiedlichen Technologien miteinander kombiniert.
Schienengüterverkehr
Unter Schienengüterverkehr (SGV) wird der Transport von Gütern mit der Eisenbahn verstanden. Diese werden in Güterzügen unter Verwendung (spezieller) Güterwagen befördert. Diese Verkehre können entweder auf gesonderten Güterverkehrsstrecken oder im Mischverkehr, auf gemeinsam durch den Güter- und Personenverkehr genutzten Strecken, realisiert werden. Leistungen des Schienengüterverkehrs werden häufig als Teil einer Logistikkette in logistische Gesamtkonzepte eingebunden.
Hinterland Das Hinterland eines Seehafen ist das landeinwärts hinter dem Hafen liegende Territorium, welches durch die Herkunfts- und Bestimmungsorte der im Hafen abzufertigen Güter und Passagiere begrenzt wird. Seine Grenzen hängen von den Hinterlandverkehrsanbindungen ab und variieren nach Gutarten, den Umschlagkapazitäten, dem Schiffstyp und der Verkehrsinfrastruktur. Das Vorland eines Seehafens ist das seewärts vor dem Hafen liegende Territorium, welches durch die überseeischen Herkunfts- und Bestimmungsorte der Güter begrenzt wird.
Bundesverkehrswegeplan
Als Instrument einer mittel- bis langfristigen Investitionsrahmenplanung für den Erhalt und Ersatz bundeseigener Verkehrsinfrastruktur erfasst der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) das zwecks zielgerichteter Ausgestaltung sowie Erweiterung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Schienenwegen des Bundes erforderliche Finanzierungsvolumen. Auf Basis verkehrsträgerübergreifender Prognosen findet in diesem Zusammenhang eine Priorisierung vorgesehener Neu- und Ausbauprojekte gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie ökologischer und raumordnerischer Einschätzungen statt. Grundsätzlich wird infolgedessen zwischen "vordinglichem Bedarf" (VB) und "weiterem Bedarf" (WB) unterschieden.

Der BVWP tritt auf Beschluss des Bundeskabinetts in Kraft und umfasst jeweils einen Zeithorizont von circa zehn bis 15 Jahren. Seit 1973 sind bereits sechs konsekutive Verkehrswegepläne verabschiedet worden. Der letzten, dem Jahr 2016 entstammenden Fortschreibung liegt ein Planungszeitraum bis 2030 und ein Investitionsvolumen in Höhe von 269,6 Milliarden Euro zugrunde, siehe auch gesonderte Wissenslandkarte "Bundesverkehrswegeplanung" hier im Forschungsinformationssystem.
Eisenbahn-Bundesamt Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) ist Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für die Eisenbahnen des Bundes und Eisenbahnunternehmen mit Sitz im Ausland für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Es nimmt darüber hinaus die Landeseisenbahnaufsicht über die nichtbundeseigenen Eisenbahnen auf Weisung und Rechnung von 13 Bundesländern für diese wahr.
Eisenbahninfrastrukturunternehmen
Zur Erhaltung des Schienennetzes zählen Maßnahmen zur Instandhaltung und für die Durchführung von Ersatzinvestitionen. Grundsätzlich tragen die Eisenbahninfrastrukturunternehmen die dabei anfallenden Kosten, werden aber nach der LuFV vom Bund mit einem bestimmten Betrag jährlich unterstützt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?358806

Gedruckt am Samstag, 2. Dezember 2023 22:50:46