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Verwendung von Biomasse als Flugtreibstoff

Erstellt am: 03.07.2011 | Stand des Wissens: 28.02.2024
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Biofuels oder Treibstoffe aus Biomasse sind brennbare Flüssigkeiten. Als  Rohstoffe können zucker- oder stärkehaltige Teile von Pflanzen, pflanzliche und tierische Fette sowie Teile von Pflanzen, die Lignin enthalten (ein Bestandteil von Holz), grundsätzlich genutzt werden. [NiJa23]
Samen mit einem hohen Ölanteil wie Sojabohnen, Rapssamen und Sonnenblumenkerne bilden das Basismaterial, um Bio-Öle zu erzeugen und sie mit den herkömmlichen Petroleumtreibstoffen zu vermischen. Um Bio-Öl zu gewinnen, werden die Samen gereinigt, zerkleinert und aufbereitet. Anschließend wird die Biomasse in Flocken gepresst. Das Öl wird dann von diesen Flocken extrahiert (herausgelöst).
Die Hauptbestandteile der Bio-Öle sind Fettsäuren. Um die Bio-Öle verwenden zu können, müssen die Rohöle in ein Ester gecrackt werden. Diese Ester können dann entweder direkt verwendet oder in andere Produkte umgewandelt werden. Das Ester der Sojabohne wird auch als Soy Methyl Ester (SME), während das Ester des Rapses als Rapeseed Methyl Ester (RME) bezeichnet wird. Ein großer Nachteil bei der Verwendung von SME besteht darin, dass es bei Temperaturen um -20 Grad Celsius gefriert, was den normalen Bedingungen beim Flugbetrieb entspricht. Durch die Wahl ganz spezifischer Fettsäuren und der Methode der Veresterung kann der Gefrierpunkt gezielt beeinflusst werden.
Abb. 1: Links Bio-Diesel bei Zimmertemperatur, rechts bei -20°C [Dagg]

Eine weitere Option zur Gefrierpunkterhöhung wäre das Einfügen eines zusätzlichen Trennungsprozesses, wie die nachfolgende Abbildung zeigt:
Abb. 2: Einfügen eines zusätzlichen Trennungsprozesses [Dagg]
Grundsätzlich hängt die Auswahl des Herstellungsverfahrens eines Biokraftstoffs von der Art des Ausgangsmaterials ab. Für die Herstellung von synthetischem Kerosin aus biologischen Rohstoffquellen sind von der internationalen Organisation ASTM bisher acht Herstellungsprozesse zugelassen worden. Dies umfasst Fischer Tropsch Synthetisches Paraffinisches Kerosin (FT-SPK), mit Wasser verarbeitete Ester und Fettsäuren (HEFA), synthetisiertes Iso-Paraffin aus hydro-verarbeitetem fermentiertem Zucker (HFS-SIP), Fischer Tropsch Synthetisches Kerosin mit Aromaten (FT-SKA), Alkohol zu Jet SPK (ATJ-SPK), Katalytische Hydrothermolyse Synthetisiertes Kerosin (CH-SK oder CHJ), Fischer Tropsch Co-Prozesse mit Wasser aufbereitete Kohlenwasserstoffe (HHC-SPK oder HC-HEF) sowie Co-Processing-Technologien in bestehenden Erdölraffinerien durch die Umwandlung von Lipiden und FT-Flüssigkeiten durch Hydrotreatmentsprozesse. [BACSAF20; EmMi23] Weitere befinden sich derzeit in Erprobung. Mögliche Blending-Raten sind von dem Herstellungsverfahren und den eingesetzten Rohstoffen abhängig.
Biotreibstoffe können mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrieren. Daher wird sich vermehrt auf biogene Abfälle und Reststoffe konzentriert. Diese sind jedoch nur begrenzt verfügbar. Zudem ist es auch wichtig, einen übermäßigen Einsatz von Düngemitteln sowie erhöhte Kohlenstoffdioxid (CO2) Emissionen aufgrund von direkten und indirekten Veränderungen in der Landnutzung zu vermeiden. [NiJa23]
Darüber hinaus wird an der Nutzung spezieller Algenarten geforscht. So ist im Jahr 2023 beispielsweise das von der Europäischen Union geförderte Forschungsprojekt FuelGae gestartet. Bestimmte Algenarten zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Lipiden beziehungsweise Ölen aus, idealerweise bis zu 80 Masseprozent Zudem können Algen grundsätzlich auf Flächen angebaut werden, die für die Landwirtschaft nicht geeignet sind, und stehen somit nicht im Wettbewerb mit der Nahrungsmittelproduktion. Dennoch ist nicht jeder Standort gleich optimal geeignet, da bestimmte Produktionsfaktoren wie zum Beispiel Nährstoffe, Sonneneinstrahlung und Wasser in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen sollten. [BT19]
Aktuelle Herausforderungen in der Produktion stellen, neben der Verfügbarkeit der Ausgangsstoffe, insbesondere die hohen Produktionskosten dar. [EmMi23]
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Literatur
[BACSAF20] Business Aviation Coalition for Sustainable Aviation Fuel (Hrsg.) Sustainable Aviation Fuel (SAF)
Häufig gestellte Fragen, 2020
[BT19] Deutscher Bundestag (BT) (Hrsg.) Das Potenzial algenbasierter Kraftstoffe für den LKW-Verkehr, 2019/09/25
[Dagg] Daggett, D., Hadaller, O., Hendricks, R., Walther, R. Alternative Fuels and Their Potential Impact on Aviation, 2006
[EmMi23] Elissavet Emmanouilidou,, Sophia Mitkidou,, Agapios Agapiou,, Nikolaos C. Kokkinos Solid waste biomass as a potential feedstock for producing sustainable aviation fuel: A systematic review, veröffentlicht in Renewable Energy, Ausgabe/Auflage 206, 2023/04, Online-Referenz doi:10.1016/j.renene.2023.02.113
[NiJa23] Björn Niesen,, Peter Jansohn,, Jörg Roth Nachhaltiger fliegen
Alternative Drop-in-Treibstoffe für den Flugverkehr, veröffentlicht in Physik in unserer Zeit, 2023/07/03, Online-Referenz doi:10.1002/piuz.202301665
Glossar
Biomasse Biomasse umfasst:
  • Reststoffe wie z.B. Restholz, organische Abfälle (Biomüll, Gülle etc.), Stroh sowie
  • Energiepflanzen wie z.B. Raps, schnell wachsende Baumarten, Energiegetreide, Miscanthus.
HC
= hydrocarbons, zu Deutsch: Kohlenwasserstoffe. Als Kohlenwasserstoffe werden in der Chemie Verbindungen bezeichnet, die ausschließlich Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H) im Molekül enthalten.
CO
= Kohlenstoffmonoxid. CO ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff und gehört damit neben Kohlenstoffdioxid zur Gruppe der Kohlenstoffoxide. Es ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Kohlenstoffmonoxid beeinträchtigt die Sauerstoffaufnahme von Menschen und Tieren. Schon kleine Mengen dieses Atemgiftes haben Auswirkungen auf das Zentralnervensystem.
Es entsteht bei der unvollständigen Oxidation von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Dies erfolgt zum Beispiel beim Verbrennen dieser Stoffe, wenn nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung steht oder die Verbrennung bei hohen Temperaturen stattfindet. Kohlenstoffmonoxid selbst ist brennbar und verbrennt mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid. Hauptquelle für die CO-Belastung der Luft ist der Kfz-Verkehr.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?356381

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 14:40:03