Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Der Flugzeugentwurf mit Äthanol

Erstellt am: 29.06.2011 | Stand des Wissens: 28.02.2024
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Generell ist es möglich, die Gesamtkonfiguration des Flugzeugs im Zusammenhang mit der Verwendung von Alkoholen als Flugkraftstoff beizubehalten. Dies wäre besonders wünschenswert, um eine möglichst reibungslose Integration zu gewährleisten. Bei Beibehaltung der unveränderten Gesamtkonfiguration des Flugzeugs ergeben sich jedoch operative Einschränkungen in Bezug auf die Charakteristika von Nutzlast und Reichweite aufgrund der niedrigeren Energiedichte von Alkoholen im Vergleich zu Kerosin. [aire22]
Äthanol ist leichter zu lagern und zu handhaben als flüssiger Wasserstoff (LH2). Seine Leistungsdaten sind allerdings schlechter als die von LH2 und Kerosin. So benötigt ein Äthanolflugzeug etwa 64 Prozent mehr Tankvolumen, für dieselbe Leistung. Damit ist eine 25 prozentige Vergrößerung der Tragflügelfläche verbunden, was wiederum das Flugzeugleergewicht (OEW) um 20 Prozent steigert.
alt1.jpg
Abb. 1 Modifikation einer B 737 mit Äthanol [Dagg]
Da Äthanol schwerer als Kerosin ist, erhöht sich das Startgewicht um 35 Prozent. Das höhere Startgewicht erfordert die Verwendung leistungsstärkerer Triebwerke, welche 50 Prozent mehr Schub liefern müssen. Alle Faktoren zusammengenommen bedeutet dies, dass ein Kurzstreckenflug (500 Seemeilen), verglichen mit einem Kerosinflugzeug, 15 Prozent mehr Energie verbraucht. Durch das größere Treibstoffgewicht verschlechtert sich die Performance über Mittel- und Langstreckenflüge zunehmend. Somit werden 26 Prozent mehr Energie auf einem 3000 Seemeilen - Mittelstreckenflug verbraucht.
Die Alkohole wie Äthanol und Methanol haben schlechte massen- und volumenspezifische Verbrennungswärmen. Allerdings könnte ihr weitreichender Einsatz im Bodentransport (zum Beispiel Zumischung zum Autobenzin) weitere Rohölreserven für den kommerziellen Luftverkehr freisetzen.
Der energetische Wirkungsgrad der Methanolerzeugung aus Erdgas liegt bei etwa 68 Prozent und damit deutlich niedriger als die Benzinerzeugung aus Rohöl (über 80 Prozent). Durch die mittelfristig knapper werdenden Rohstoffe sind Kompromisse jedoch unausweichlich. Die nicht-fossile Methanolherstellung aus Biomasse, Kohlenstoffdioxid (CO2) und regenerativ erzeugter Elektrizität (beispielsweise aus Wasserkraft oder solare Stromerzeugung) stellt eine Alternative dar. Damit kann der Kraftstoff nachhaltig bereitgestellt werden.
Die nichtfossile regenerative Methanolsynthese ist im wesentlichen CO2-neutral. Ihre Anwendung könnte zunächst noch parallel zur Herstellung aus fossilen Rohstoffen erfolgen, um einen fließenden Übergang von konventionellen zu alternativen Kraftstoffen zu ermöglichen. Langfristig wird der Einsatz von Wasserstoff als Energieträger im Verkehrssektor gesehen, so dass das regenerativ erzeugte Methanol die vorhandene Versorgungsinfrastruktur im Verkehrssektor weiterhin nutzen könnte.
Speicherung
Dank ihres flüssigen Zustands unter normalen atmosphärischen Bedingungen können Alkohole problemlos in Flüssigtanks gespeichert werden, ähnlich wie Kerosin. Aufgrund der hydrophilen Eigenschaften ist möglicherweise eine intensivere Prävention vor mikrobiologischem Einfluss erforderlich. Aufgrund von Unterschieden in der Energiedichte könnten einige Komponenten möglicherweise ausgetauscht werden, aber es gibt bereits entsprechende technische Lösungen. [aire22
Einsatz
Seine Anwendungen reichen von der Beimischung zu fossilen Treibstoffen bis zur direkten Nutzung als Treibstoff für Verbrennungsmotoren mit Direkteinspritzung oder zukünftigen Brennstoffzellen-Antrieben. Turbinen müssten jedoch für einen optimalen Leistungsertrag angepasst werden. [GoSa18; SoZi21]
Herstellung
Methanol lässt sich aus praktisch allen organischen Materialien sowie anderen Primärenergiequellen herstellen.
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Literatur
[aire22] Nils Bullerdiek, Gunnar Quante, Stefan Bube, Ulf Neuling, Kaltschmitt Martin Non Drop-In Kraftstoffe im Luftverkehr - Ein gesamtsystemischer Vergleich von Nutzungs- und Einsatzmöglichkeiten, 2022/01
[Dagg] Daggett, D., Hadaller, O., Hendricks, R., Walther, R. Alternative Fuels and Their Potential Impact on Aviation, 2006
[GoSa18] Andreas Goldmann,, Waldemar Sauter,, Marcel Oettinger,, Tim Kluge,, Uwe Schröder,, Joerg R. Seume,, Jens Friedrichs,, Friedrich Dinkelacker A Study on Electrofuels in Aviation, veröffentlicht in Energies, 2018/02, Online-Referenz doi:10.3390/en11020392
[SoZi21] Nadiri Solmaz, Paul Zimmermann, Laxmi Sane, Ravi Fernandes, Friedrich Dinkelacker, Bo Shu Kinetic Modeling Study on the Combustion Characterization of Synthetic C3 and C4 Alcohols for Lean Premixed Prevaporized Combustion, veröffentlicht in Energies, 2021/09, Online-Referenz doi:10.3390/en14175473
Glossar
Biomasse Biomasse umfasst:
  • Reststoffe wie z.B. Restholz, organische Abfälle (Biomüll, Gülle etc.), Stroh sowie
  • Energiepflanzen wie z.B. Raps, schnell wachsende Baumarten, Energiegetreide, Miscanthus.
CH3OH = Methanol. Ist eine farblose, brennend schmeckende, giftige, bei Einnahme durch den Menschen zur Erblindung oder zum Tod fuehrende, leicht brennbare und sehr fluechtige Fluessigkeit. Methanol verbrennt mit blauer, fast unsichtbarer Flamme und bildet mit Luft explosionsfaehige Gemische. In der Natur kommt es in Baumwollpflanzen, Heracleum-Fruechten, Graesern und in aetherischen Oelen vor. Methanol ist eines der wichtigsten Ausgangsstoffe fuer Synthesen in der chemischen Industrie. Methanol ist giftig. Seine giftige Wirkung beruht auf der in der Leber erfolgenden Oxidation zu Formaldehyd und spaeter zu Ameisensaeure.
Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad gibt an, welcher Anteil der zugeführten Energie bei einer Umwandlung in die gewünschte Energieform umgewandelt wird, und beschreibt damit die Effizienz beispielsweise einer technischen Anlage.
H2 Wasserstoff ("H2" = grch.-lat. für hydrogenium "Wassererzeuger") ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 1. Wasserstoff stellt sowohl bezogen auf die Masse (75%) als auch bezogen auf die Zahl der Teilchen (91%) das häufigste aller im All vorkommenden Elemente dar. Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas welches in der Natur aufgrund der hohen Reaktivität nicht in seiner elementaren Form vorkommt. Wasserstoff liegt gebunden in Form von Erdöl und Erdgas, in Mineralien, in Biomasse, aber vorwiegend in Form von Wasser vor. Wasserstoff ist somit ein Sekundärenergieträger (Energiespeicher)und muss erst aus den oben genannten fossilen oder nicht fossilen Primärenergieträgern unter Einsatz von zusätzlicher Energie hergestellt werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?355795

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 01:51:30