Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Metropolregionen

Erstellt am: 27.06.2011 | Stand des Wissens: 23.11.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Metropolregionen sind "räumliche und funktionale Standorte, deren herausragenden Funktionen im internationalen Maßstab über die nationalen Grenzen hinweg ausstrahlen. Als Motoren der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung sollen sie die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit Deutschlands und Europas erhalten und dazu beitragen, den europäischen Integrationsprozess zu beschleunigen" [ARL18]. Der Begriff wurde 1995 im Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) definiert, 2005 im Raumordnungsbericht des BBR übernommen und schließlich 2006 durch die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) in den Leitbildern und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland aufgegriffen.
In Deutschland gibt es zurzeit elf von der MKRO anerkannte Metropolregionen, welche in Abbildung 1 dargestellt sind. Diese Regionen schließen sich im Initiativkreis Europäische Metropolregionen in Deutschland (IKM) zusammen.
Metropolregionen Deutschland.jpg
Abb. 1: Metropolregionen in Deutschland [IKM23]
Die Kozentration an Funktionen wird vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) mit dem Metropolfunktionsindex gemessen und in vier Typen eingeteilt:
  • Metropolräume mit umfassender funktionaler Vielfalt (mindestens vier der fünf Funktionsbereiche weisen überdurchschnittliche Indexwerte auf),
  • Metropolräume mit hoher funktionaler Vielfalt (nur noch zwei der Funktionsbereiche überdurchscnittlich besetzt),
  • Metropolräume mit eingeschränkter funktionaler Vielfalt (metropolitane Funktionsvielfalt eingeschränkt und wird zumeist von der kulturellen Funktion stark dominiert),
  • Metropolräume mit eingeschränkter funktionaler Vielfalt und hoher Spezialisierung (geringe funktionale Bedeutung und gleichzeitig hohe Spezialisierung auf einen Funktionsbereich, der den Gesamtindex zu mindestens 50 Prozent dominiert).
Kriterien sind dabei Indikatoren aus den Funktionsbereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verkehr und Kultur. [BBSR10b]. Für die unterschiedlichen Metropolräume ergeben sich wiederum unterschiedliche Handlungsbedarfe. So werden im Raumordnungsbericht 2021 die regionalen Disparitäten in der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung der verschiedenen Metropolregionen untereinander hervorgehoben. Während die Indikatoren der Metropolregion München in fast allen Kategorien Spitzenwerte aufweisen, sind "ungünstige Entwicklungen [...] vor allem in der Metropolregion Mitteldeutschland und teilweise auch in der Region Ruhr zu beobachten" [BBSR21b, S.56f.]. Es werden ebenfalls die Disparitäten in den Entwicklungen innerhalb der einzelnen Metropolregionen thematisiert. Abbildung 2 zeigt die Typisierung der Siedlungsstruktur der einzelnen Kreise innerhalb der Metropolregionen. Die positiven demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen innerhalb der Metropolregionen lassen sich auf die Großstädte und nicht auf die ländlichen Räume zurückführen.
Siedlungsstrukturelle Kreistypen.png
Abbildung 2: Siedlungsstrukturelle Kreistypen in den Metropolregionen [BBSR21b]
In den Landesentwicklungsplänen der einzelnen deutschen Bundesländer werden verschiedene Handlungsansätze zur Förderung und Stärkung von Metropolregionen aufgegriffen. Die Förderung der Kooperation der Kernstädte der Metropolen mit ihren ländlichen Kreisen und angrenzenden peripheren Räumen, die Förderung von interkommunaler Vernetzung, die Förderung der Vernetzung von nichtstaatlichen Akteuren private Unternehmen, Hochschulen etc. sowie das Erstellen, Erhalten und räumliche Vernetzen von zentralen Orten, sind Beispiele für solche Handlungsansätze. Diese Handlungsansätze werden in den vom Bund geförderten Modellvorhaben der Raumordnung (MORO) angewandt und weiterentwickelt. Mit diesem Programm werden auch grenzüberschreitende Planungen gefördert.
Der Grad der Verflechtung in Grenzregionen ist in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Dies hat sich besonders in der Zeit der Corona-Pandemie gezeigt, in der nationale Grenzen innerhalb der EU wieder eine Rolle spielten.
Auch auf europäischer Ebene ist eine Kohäsion der nationalen Fachpolitiken zur Förderung von Metropolregionen wünschenswert. "In der Gesamtschau der nationalen Fachpolitiken mit ihren Förderprogrammen zeigt sich, dass diese sowohl ländliche als auch städtische Räume mit ihren jeweiligen Herausforderungen in den Blick nehmen. Metropolregionen profitieren von diesen Politiken in vielfältiger Weise und nutzen die Möglichkeiten der Projektförderung. Es ist aber auch zu konstatieren, dass die nationalen Fachpolitiken und Förderprogramme die Metropolregionen mit ihren spezifischen Organisationsformen und räumlichen Umgriffen nicht explizit adressieren. Zu diesen Spezifika zählen vor allem die regionale Governance und Vernetzung innerhalb der Regionen" [BBSR21b; S. 61].
Die zahlreichen verschiedenen Strukturfonds und Förderprogramme der europäischen Union, an denen sich Metropolregionen beteiligen können, sind meist an spezielle städtische oder ländliche Belange gerichtet. "Themen, die explizit einen metropolregionalen Charakter haben, sind damit nicht angesprochen" [BBSR21b; S.61].

Abbildung 3 zeigt die Metropolraumtypen in Europa.
Metropolregionen Europa.jpgAbbildung 3: Räumliche Verteilung von Metropolfunktionen in Europa [BBSR10f]
In der Diskussion um die Zukunftsperspektiven von Städten und Regionen sind Metropolregionen ein zentrales Element. Die Ausrichtung der Strukturförderung der Europäischen Union (EU) von der bisherigen nachteilsausgleichenden Förderung strukturschwacher Räume zu einer regionalen Wachstums- und Innovationspolitik unterstreicht die stärkere Fokussierung auf Wachstumskerne bei der Entwicklung von Standorten. Metropolregionen stehen dabei einerseits untereinander in Konkurrenz, wirken andererseits zum Teil in Netzwerken arbeitsteilig zusammen. Besonders in Deutschland besteht eine ausgeprägte Funktionsteilung zwischen den Metropolregionen. So ist München beispielsweise das Versicherungszentrum und die Region Rhein-Main das Finanzzentrum Deutschlands [Mreg05].
Metropolregionen weisen privatwirtschaftliche und öffentliche Leistungsangebote hoher Qualität und Differenzierung auf. Sie verfügen damit über eine ausgesprochene politische und wirtschaftliche Steuerungsfunktion sowie eine starke Verflechtung und Integration in das internationale Städtesystem. Durch die räumliche Konzentration der verschiedenen Funktionen entstehen unterschiedliche Agglomerationsvorteile, wie etwa ein hohes Arbeitsplatzangebot, eine Vielzahl an Expertisen, die Nähe zu Infrastrukturen und Einrichtungen, um einige zu nennen. Sie ermöglichen eine höhere Produktivität und steigern die Wettbewerbsfähigkeit dieser Region. Neben den ökonomischen Vorteilen zeichnen sich Metropolregionen durch ein großes Angebot an kulturellen Einrichtungen, Veranstaltungen und Bildungsmöglichkeiten aus, die die Attraktivität der Region erhöhen.
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Raumordnung und Raumentwicklung (Stand des Wissens: 23.11.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?45947
Literatur
[ARL18] Anna Growe Metropolregion, veröffentlicht in Handwörterbuch der Stadt- und Raumentwicklung, 2018, ISBN/ISSN 9783888385599
[BBSR10b] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung Metropolräume in Europa. Kurzfassung einer neuen Studie des BBSR, veröffentlicht in BBSR-Berichte KOMPAKT, Ausgabe/Auflage 4/2010, 2010/04
[BBSR10f] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) Metropolregionen in Europa, 2010, ISBN/ISSN 978-3-87994-692-1
[BBSR21b] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) Raumordnungsbericht 2021, Bonn, 2021/03, ISBN/ISSN 978-3-87994-520-7
[IKM23] Initiativkreis europäische Metropolregionen in Deutschland (Hrsg.) Metropolregionen Deutschland, 2023
[Mreg05] Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), KoRiS - Kommunikative Stadt- und Regionalentwicklung Metropolregion Halle/Leipzig-Sachsendreieck - Handlungskonzept, 2005/04
Weiterführende Literatur
[Blot07] Blotevogel, Hans H. Die Bedeutung der Metropolregionen in Europa, veröffentlicht in MIRAktuell1/2007, 2007
[Mreg06] Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), KoRiS - Kommunikative Stadt- und Regionalentwicklung, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. Dresden Metropolregionen - Chance der Raumentwicklung durch Polyzentralität und regionale Kooperation, 2006/11
[MKRO95] Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Bonn Raumordnungspolitischer Handlungsrahmen, 1995/04
Glossar
Kohäsion Anziehungskraft zwischen Molekülen desselben Stoffes. Kohäsion zieht die Moleküle eines Stoffes zueinander. Sie hält einen Festkörper oder eine Flüssigkeit zusammen und erzeugt die Oberflächenspannung.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?355270

Gedruckt am Mittwoch, 24. April 2024 03:24:53