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Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs

Erstellt am: 25.03.2011 | Stand des Wissens: 20.11.2023
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Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Im Vergleich zu den land- und wassergebundenen Verkehrsträgern verbrennt der Flugverkehr einen Großteil des Treibstoffs unter verschiedenen und wechselnden atmosphärischen Bedingungen. Den Verbrennungsprozess beeinflussen Faktoren wie atmosphärischer Druck, Umgebungstemperatur und Luftfeuchte, die aufgrund der Höhe erheblichen Variationen unterliegen. Zu den klimawirksamen Schadstoffemissionen des Luftverkehrs mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt gehören: Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxide (NO und NO2), flüchtige organische Verbindungen ohne Methan (NMVOC), Methan (CH4), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Lachgas (N2O) [UMTr05].

Seit der Verabschiedung des Sonderberichts Aviation and the Global Atmosphere des Intergovernmental Panel on Climate Change im April 1999 ist es allgemein wissenschaftlich anerkannt, dass neben den durch die Verbrennung des Flugkraftstoffes Kerosin entstehenden CO2-Emissionen auch die Stickoxidemissionen, Kondensstreifen und die sich daraus bildende Zirrusbewölkung zur Klimaerwärmung beitragen [GeWa03; IPCC99a]. Aktuelle wissenschaftliche Kenntnisse weisen darauf hin, dass die anthropogene Zirruswolkenschicht die Wärmestrahlung von der Erde abschirmt und damit zur Erderwärmung beiträgt [DLR19e]. Die anthropogene Zirruswolkenschicht schirmt die Wärmestrahlung von der Erde ab und trägt damit zur Erderwärmung bei [DLR19f]. Zudem reagiert die Atmosphäre in der am meisten genutzten Flughöhe (Übergang von der Troposphäre in die Stratosphäre) unter anderem wegen niedriger Temperaturen und langsamerer Mischungsprozesse empfindlicher auf Emissionen als in Bodennähe. Ein korrekter Vergleich zwischen dem Luftverkehr und anderen Verkehrsarten in Bezug auf die Treibhauswirkung ist daher anhand der mengenmäßigen CO2-Emissionen allein nicht möglich.
Es wird geschätzt, dass die Klimawirksamkeit des Luftverkehrs das Zwei- bis Vierfache des reinen Kohlenstoffdioxideffektes beträgt [IPCC07a].

Die Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs innerhalb der Europäischen Union, angegeben in CO2-Äquivalenten, sind zwischen 1990 und 2018 deutlich angestiegen (siehe Abbildung 1). Während die Emissionen des inländischen Luftverkehrs (domestic aviation) um 22 Prozent gestiegen sind, haben die Emissionen des internationalen Luftverkehrs (international aviation) um 141 Prozent zugenommen [EEA21a]. Der Anstieg der Emissionen resultiert aus der Zunahme der Verkehrsleistung des Luftverkehrs. Die spezifischen Treibhausgasemissionen der Flugzeuge, das heißt Gramm-CO2 pro Kilometer, konnten dagegen reduziert werden [UBA18h, S.44].


treibhausgasemissionen_luftverkehr_luftverkehr_bis_2014.PNGAbb. 1: Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs innerhalb der Europäischen Union [EEA21a]
(Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)


Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Klimawandel und Verkehr (Stand des Wissens: 06.12.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?346302
Literatur
[DLR19e] Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (Hrsg.) Kli­ma­aus­wir­kun­gen von Wol­ken aus Flug­zeug­kon­dens­strei­fen kön­nen sich bis 2050 ver­drei­fa­chen, 2019
[DLR19f] Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) (Hrsg.) Klimaauswirkungen von Wolken aus Flugzeugkondensstreifen können sich bis 2050 verdreifachen, 2019/06/27
[EEA21a] European Environment Agency (Hrsg.) Transport and environment report 2020 - Train or plane?, 2021
[GeWa03] Treber, M. , Kirchmair, A. , Kier, G. Die Subventionierung des Flugverkehrs, Büro Bonn, Dr.Werner-Schuster-Haus, Kaiserstr. 201, D-53113 Bonn, Telefon 0228/60492-0, Fax -19, 2003/05/07
[IPCC07a] Solomon, S., , D. Qin, M. Manning, , R.B. Alley, , T. Berntsen, , N.L. Bindoff, , Z. Chen, , A. Chidthaisong, , J.M. Gregory, , G.C. Hegerl, , M. Heimann, , B. Hewitson, , B.J. Hoskins, , F. Joos, , J. Jouzel, , V. Kattsov, , U. Lohmann, , T. Matsuno, , M. Molina, , N. Nic Technical Summary. In: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, 2007
[IPCC99a] Dokken, David J. , McFarland, Mack, Griggs, David, Lister, David H., Dr., Penner, Joyce E., Prof. Dr. Aviation and the Global Atmosphere, Cambridge University Press / Cambridge, UK, 1999, ISBN/ISSN ISBN: 0521663008
[UBA18h] Umweltbundesamt (Hrsg.) Szenario Luftverkehr Deutschland unter Einbezug von Umweltaspekten, 2018/12
[UMTr05] Michael Strogies, Stephan Schiller, Marion Dreher, u.a. Deutsches Treibhausgasinventar 1990 - 2003, 2005, ISBN/ISSN 0722-186X
Weiterführende Literatur
[EnEmV06] Markus Mehlin, Astrid Gühnemann, Andreas Lischke, Matthias Scheffer, Jens Borken Die Energie- und Emissionsbilanz des Verkehrs - Bisherige Entwicklung und künftige technische Reduktionspotenziale, 2006/03
[ACICl05] ACI - Airports Council International Europe Strategy on Climate Change, 2005/01/19
[SRU17a] Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) (Hrsg.) Umsteuern erforderlich: Klimaschutz im Verkehrssektor, 2017/11
Glossar
O2
= Sauerstoff. Im Normzustand ist Sauerstoff ein farbloses, geruchloses und geschmackloses Gas. Es ist sehr reaktiv, fast jedes chemische Element, abgesehen von Edelgasen, reagiert mit Sauerstoff, um Verbindungen zu bilden.
Sauerstoff ist von großer Bedeutung, weil er wesentlich an den Atmungsprozessen der meisten lebenden Zellen und an Verbrennungsprozessen beteiligt ist. Es ist das am häufigsten vorkommende Element der Erdkruste. Die Luft besteht zu fast einem Fünftel (Volumen) aus Sauerstoff. Ungebundener gasförmiger Sauerstoff besteht normalerweise aus einem zweiatomigen Molekül (O2), es gibt ihn aber auch in dreiatomiger Form (O3,) besser bekannt unter dem Begriff Ozon.
CH4
= Methan. Es ist ein farbloses, geruchloses und leicht brennbares Gas, das zu Kohlendioxid und Wasser verbrennt. Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas, Biogas, Deponiegas und Klärgas. Als Erdgas dient es hauptsächlich der Beheizung von Wohn- und Gewerberäumen, als industrielle Prozesswärmeenergie, zur elektrischen Stromerzeugung und in kleinem Umfang als Treibstoff für Kraftfahrzeuge.
Methan gehört zu den klimarelevanten Treibhausgasen. Methan entsteht bei allen organischen Gär- und Zersetzungsprozessen, wie z.B. in Sümpfen, Nassreisfeldern und Massenviehhaltung. (Der Verdauungstrakt von Wiederkäuern produziert Methan.)
Nach Kohlendioxid ist Methan mit einem Anteil von knapp 20 Prozent wichtigster Verursacher des Treibhauseffekts, wobei es ein 20- bis 30-mal wirksameres Treibhausgas als CO2 ist. Die weltweiten Methanemissionen werden auf 500 Mio. Tonnen/Jahr geschätzt, davon gehen rund 70 Prozent auf menschliche Aktivitäten zurück.
IPCC
Rolle und Auftrag
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC; auch: Weltklimarat), ist eine Institution der Vereinten Nationen (UN) mit Sitz in Genf. 1988 durch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UN Environmental Programme) und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet, ist er zugleich wissenschaftliches Gremium.
Im Auftrag des IPCC tragen Fachleute weltweit regelmäßig den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel zusammen und bewerten ihn aus wissenschaftlicher Sicht. So sollen Grundlagen für wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen geschaffen werden, jedoch ohne konkrete Lösungswege vorzuschlagen oder Handlungsempfehlungen zu geben. Dabei ist der Gewissheitsgrad zum anthropogenen (vom Menschen verursachten) Einfluss auf die beobachtete Erwärmung/die Klimaänderungen im Zeitverlauf der Arbeit des IPCC klar gewachsen (siehe hierzu unten Berichte).
Organisationsstruktur
Das etwa zweimal jährlich tagende Plenum aus Regierungsdelegationen der Mitgliedstaaten, zahlreichen Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen von Beobachterorganisationen legt das Arbeitsprogramm und weitere Verfahrensaspekte der Arbeit des IPCC fest. Es wählt für jeden Berichtszyklus einen wissenschaftlichen Vorstand und verabschiedet fertige Berichte.
Als national zuständige IPCC-Kontaktstelle ist in Deutschland das Auswärtige Amt (AA) in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) benannt. Sie wird unterstützt von der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle, die gemeinsam von AA und BMBF getragen wird. Weitere eher administrative Gremien zur Unterstützung der Projekt- und Arbeitsgruppen sind das Sekretariat und die Geschäftsstellen.

Die derzeit drei wissenschaftlichen Arbeitsgruppen (Working Groups - WG) des IPCC erstellen die Sachstandsberichte und Sonderberichte.
- Arbeitsgruppe I (WGI) befasst sich mit den naturwissenschaftlichen Ursachen des Klimawandels.
- Arbeitsgruppe II (WGII) untersucht die Verwundbarkeit von Systemen gegenüber dem Klimawandel und beschreibt Optionen zur Anpassung.
- Arbeitsgruppe III (WGIII) zeigt Optionen zur Minderung des anthropogenen Klimawandels auf.
Zusätzlich setzt der IPCC flexibel Gruppen zu spezifischen Themen, sowie zur Weiterentwicklung der Verfahren ein. (Task Forces - TF; Task Groups - TG).
Berichte
Seit seiner Gründung 1988 hat der IPCC insgesamt 6 umfangreiche Sachstandsberichte (Assessment Reports; 1990, 1995, 2001, 2007, 2013/14, 2021) veröffentlicht; daneben zahlreiche Sonderberichte (Special Reports) und Methodenberichte (Methodology Reports). Bereits 1999 entstand der verkehrsrelevante Sonderbericht Luftfahrt und die globale Atmosphäre (Aviation and the Global Atmosphere). Mit dem 4. Sachstandsbericht 2007 (Fourth Assessment Report - AR 4) fasste des IPCC den Kenntnisstand der Wissenschaft erstmals so zusammen, dass der Einfluss des Menschen auf das Klimasystem als eindeutig gewertet werden konnte.

Verwendete Quellen:
Informationen der Deutschen Koordinierungsstelle des IPCC.
Wissenschaftliche Dienste des Bundestages: Ausarbeitung Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen [WD 8 - 3000 - 028/17 27.09.2017].
CO
= Kohlenstoffmonoxid. CO ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff und gehört damit neben Kohlenstoffdioxid zur Gruppe der Kohlenstoffoxide. Es ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Kohlenstoffmonoxid beeinträchtigt die Sauerstoffaufnahme von Menschen und Tieren. Schon kleine Mengen dieses Atemgiftes haben Auswirkungen auf das Zentralnervensystem.
Es entsteht bei der unvollständigen Oxidation von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Dies erfolgt zum Beispiel beim Verbrennen dieser Stoffe, wenn nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung steht oder die Verbrennung bei hohen Temperaturen stattfindet. Kohlenstoffmonoxid selbst ist brennbar und verbrennt mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid. Hauptquelle für die CO-Belastung der Luft ist der Kfz-Verkehr.
NOx
= Stickoxide. Ist die Sammelbezeichnung für die Oxide des Stickstoffs. Die wichtigsten Stickoxide sind Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid. Es sind gasförmige Verbindungen, die sich nur wenig in Wasser lösen.
Die wichtigsten Stickoxid-Quellen sind natürliche Vorgänge, wie zum Beispiel mikrobiologische Umsetzungen im Boden, sowie Verbrennungsvorgänge bei Kraftwerken, Kraftfahrzeugen und industrielle Hochtemperaturprozesse, bei denen aus dem Sauerstoff und Stickstoff der Luft Stickoxide entstehen. Stickstoffdioxid ist ein Reizstoff, der die Schleimhäute von Augen, Nase, Rachen und des Atmungstraktes beeinträchtigt.
N2O = Distickstoffoxid (Lachgas). Ein farb- und geruchloses, leicht süßlich schmeckendes und chemisch reaktionsträges Gas. Lachgas ist ein Treibhausgas, dessen Treibhauswirksamkeit 298-mal so groß ist wie die von CO2. Menschenverursachte Emissionen stammen hauptsächlich aus der Landwirtschaft.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.
CO2-Äquivalent Das CO2-Äquivalent berücksichtigt die unterschiedliche Klimaschädlichkeit von Klimagasen und wird durch das Global Warming Potential (GWP) ausgedrückt. Methan (CH4) beispielsweise hat ein 21-fach höheres globales Erwärmungspotenzial als Kohlenstoffdioxid und dementsprechend ein CO2-Äquivalent von 21.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?345713

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 00:37:36