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Fußgängerüber- und -unterführungen

Erstellt am: 17.02.2011 | Stand des Wissens: 07.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Fußgängerüber- oder unterführungen, die den Fußgängerverkehr vom übrigen Verkehr räumlich trennen sind innerhalb bebauter Gebiete nicht mehr zeitgemäß (siehe Abbildung 1).
Insbesondere für mobilitätsbehinderte Personen sind derartige Anlagen in der Regel nicht oder nur umständlich nutzbar und werden aufgrund negativer Eigenschaften wie Umweg, Steigung und mangelnde soziale Sicherheit (Angstraum) auch durch andere Fußgänger teilweise gemieden.
Grundsätzlich sollte auf die Neuanlage von Unter- oder Überführungen für Fußgänger verzichtet werden. Bestehende Anlagen sollten mittel- bis langfristig durch ebenerdige Querungsanlagen ersetzt werden [FGSV02c].

Fußgängerüber- und unterführung in DresdenAbbildung 1: Fußgängerüber- und unterführung in Dresden [Kott10]

Die Ausnahmen bilden Anlagen, die im Zusammenhang mit unter- oder überirdischen Trassen/Haltestellen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), bei Straßen mit stadtautobahnähnlichem Charakter oder bei Anlagen, deren Gestaltung eine besondere Attraktivität besitzen, wie beispielsweise der Fußgängertunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal in Rendsburg [FGSV02c].
Konstruktionsbedingt ist in der Regel bei Unterführungen ein geringerer Höhenunterschied für Fußgänger zu bewältigen als bei Überführungen, da das Lichtraumprofil des fließenden Verkehrs eingehalten werden muss (beispielsweise müssen Lkw unter der Überführung hindurchfahren können). Weiterhin sind bei Fußgängerüberführungen besondere Gehwegoberflächen zu wählen und ein Witterungsschutz (Winterdienst) vorzusehen [FGSV02c].
Um die Barrierefreiheit dieser Anlagen zu gewährleisten, müssen leicht überwindbare und komfortable Rampen (gegebenenfalls mit ebenen Flächen zum Pausieren) zur Überwindung des Höhenunterschiedes angelegt sein. Ist dies nicht möglich, sind Aufzugsanlagen erforderlich [HSVV06a].
Attraktive und sichere Fußgängerunter- und -überführungen zeichnen sich durch vollständige Einsehbarkeit, gute Belüftung und Sauberkeit sowie durch Beleuchtung und gegebenenfalls die Anlage von Zusatzeinrichtungen (beispielsweise Kiosk) aus.

Der große Vorteil derartiger Querungsanlagen liegt letztlich darin, dass Unfälle zwischen Fußgängern und Kraftfahrzeugen durch die räumliche Trennung ausgeschlossen sind. Insofern können Fußgängerüber- oder unterführungen bei sehr hohen Kfz-Verkehrsaufkommen durchaus noch als Alternative berücksichtigt werden.
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Fußgängerverkehrsanlagen (Stand des Wissens: 07.12.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?300815
Literatur
[FGSV02c] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. , Arbeitskreis 2.5.2 (Fußgängerverkehr) Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA), FGSV-Verlag, Köln, 2002
[HSVV06a] Gerd Anders, Bernhard Kohaupt, Roland König, Norbert Schmitt, Armin Schulz, Martin Spindeldreher, Monika Wölfle Leitfaden - Unbehinderte Mobilität, 2006/12, ISBN/ISSN 0941-8881
[Kott10] Janett Kotte Adäquate Integration der Belange des Fußgängerverkehrs in die Planungen für die Dresdner Innenstadt, 2010/09/22
Weiterführende Literatur
[HBVA11] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen (H BVA), 2011/06
[BaBr09] Carola Bachmann, Dirk Bräuer, Andreas Schmitz Querungsanlagen für den Fußverkehr Von "A" wie Aufpflasterung bis "Z" wie Zebrastreifen, veröffentlicht in Handbuch der kommunalen Verkehrsplanung, Wichmann Verlag, 2009/11, ISBN/ISSN 978-3-87907-400-6
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Querungsanlage
Querungsananlagen beinhalten alle Maßnahmen an Fahrbahnen, die es insbesondere Fußgänger*innen ermöglichen, die Fahrbahn sicherer, schneller und komfortabler zu überqueren. Darunter fallen:
Bauliche Maßnahmen: Verschmälerung von Fahrstreifen, Rücknahme der Fahrstreifenanzahl, Verkehrsinseln, Teilaufpflasterungen, Vorziehen der Seitenräume, Gehwegnasen, Bordsteinabsenkungen, räumliche Trennung von nichtmotorisiertem und motorisiertem Verkehr, et cetera
Betriebliche Maßnahmen: Fußgängerüberwege (Zebrastreifen), Fußgängerfurten, Lichtsignalanlagen
Zusätzliche Maßnahmen: Tempolimits, Geschwindigkeitsüberwachung, Verkehrszeichen, Markierungen, gelbe Blinklichter, et cetera
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.
Lichtraumprofil Lichtraumprofil bezeichnet eine definierte Umgrenzungslinie meist für die senkrechte Querebene eines Fahrweges. Damit werden der "lichte Raum", der auf dem Fahrweg von Gegenständen freizuhalten ist, und die äußeren Maße der vorgesehenen Fahrzeuge vorgeschrieben.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?342370

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 15:50:57