Daten und Fakten zum Energieverbrauch des Schienenverkehrs
Erstellt am: 16.02.2011 | Stand des Wissens: 29.02.2024
Ansprechperson
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Grundlegende Daten zum Energieverbrauch und den Schadstoffemissionen des Schienenverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland wurden im Rahmen der Fortschreibung des Daten- und Rechenmodells "TREMOD" (Version 5.6) im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) berechnet [IFEU16]. Darin ist sowohl der Energiebedarf von Elektro- als auch von Dieseltraktionen ausgewiesen. Auffällig sind dabei die Konstanz des absoluten Energieverbrauchs bei den Elektrotraktionen respektive der bis circa 2009 kontinuierlich sinkenden Energieverbrauch bei den Dieseltraktionen (Abbildung 1). Während der absolute Verbrauch von Diesel in Europa zwischen 1990 und 2011 um 31 Prozent sank, stieg die Nutzung von elektrischen Antrieben um 14 Prozent [UIC14].
Abb. 1: Darstellung des Gesamtenergiebedarfs nach Traktionsart zwischen 1994 und 2014 [IFEU16] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Nachfolgend werden zunächst auf der Basis von Daten des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) die unternehmensübergreifenden Energiebedarfe in den Bereichen Reisezugverkehr (Schienenpersonenfern und -nahverkehr), städtischer Schienenverkehr sowie Schienengüterverkehr (SGV) erläutert. Da der Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) der Deutsche Bahn AG Konzern (DB AG) circa 99 Prozent des gesamten Verkehrsangebotes auf sich vereint, können dessen Daten als repräsentativ für diesen Sektor angesehen werden. Außerdem veröffentlichte die International Union of Railways (UIC) ab 2012, in Kollaboration mit der International Energy Agency (iea), jährlich ein Datenhandbuch, genannt "Railway Handbook", mit den Energieverbrauchs- und Kohlenstoffdioxid-Emissionsdaten des globalen Schienenverkehrssektors [UIC14]. 2017 wurde die letzte Ausgabe veröffentlicht und durch den Report The Future of Rail ersetzt. [UIC]
Die Angaben des VDV zeigen die Dominanz der elektrischen Energie als Antriebsform im deutschen Schienenpersonenverkehr: 2012 wurden 88 Prozent der Verkehrsleistung im Reisezugverkehr mit elektrischer Traktion erbracht. Für den Fernverkehr beträgt dieser Wert sogar 98 Prozent. Unter Berücksichtigung der Verkehrsleistung sowie der Angaben zum spezifischen Energieverbrauch ergibt sich für den gesamten Reisezugverkehr ein Verbrauch von etwa 215 Gigajoule (GJ) Fahrstrom beziehungsweise für de Dieseltraktion ein Kraftstoffverbrauch von 264 Millionen Liter Diesel. Die genannten Angaben wurden unter Heranziehung des sogenannten Tank-To-Wheel-Ansatzes (TtW) ermittelt. Dieser berücksichtigt lediglich den Energieverbrauch im Fahrzeug, d.h. ab Tank beziehungsweise Stromabnehmer oder Batterie [IFEU13h].
Der Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) weist im Allgemeinen einen geringeren spezifischen Energieverbrauch auf als der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und der städtische Schienenverkehr (S-, U- und Straßenbahnen). Dies ist vor allem den größeren Haltepunktabständen des SPFV geschuldet. Die hohe Haltehäufigkeit im SPNV und beim städtischen Schienenverkehr erhöht dessen Energieverbrauch durch die höhere Anzahl der energieintensiven Anfahrvorgänge sowie Energieverbräuche an Haltestellen (Öffnungs- und Schließvorgänge an Türen, Lautsprecherdurchsagen etc.). Doch durch Optimierung von Signalschaltungen kann auch im Schienenpersonennahverkehr der Energieverbrauch weiter verringert werden. Ein gutes Beispiel zeigt die Nahverkehrsplanung in Lausanne in der Schweiz [OSO15].
Einen differenzierten Überblick über den Energieverbrauch einzelner Verkehrsmittel des städtischen spurgebundenen Verkehrs bieten die Zahlen aus der VDV-Statistik (Abbildung 2). Mit Blick auf den öffentlichen Stadtverkehr in Deutschland ermittelte der Verband für 2009 den durchschnittlichen Verbrauch aller spurgebundenen Elektrofahrzeuge und setzte diesen in Relation zur erbrachten Verkehrsleistung (kWh pro 100 Personenkilometer). Abhängig von dem jeweils betrachteten Verkehrssystem variiert der betreffende Wert zwischen 5,8 kWh/100 Pkm (Bahnen besonderer Bauart, diese umfassen Seilschwebe- und Standseilbahnen, Zahnradbahnen, Kabinenbahnen und Schwebebahnen) und 12,5 kWh/100 Pkm (Stadtbahnen beziehungsweise Straßenbahnen) [VDV10].
Abb. 2: Übersicht des verkehrsleistungsspezifischen Durchschnittsenergieverbrauchs aller elektrisch betriebenen, spurgebundenen Fahrzeuge im öffentlichen Stadtverkehr in Deutschland [VDV10] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Für den deutschen Schienengüterverkehr (SGV) gibt der VDV einen TtW-Jahresenergieverbrauch von insgesamt 15,5 PJ an (Bezugsjahr: 2012). Davon entfallen etwa 22 Prozent auf die Diesel- und die übrigen 78 Prozent auf die Elektrotraktion. Die Verteilung der Verkehrsleistung betrug dabei 7.696 Millionen tkm zu 102.369 Mio. tkm (Diesel- zu Elektrotraktion). Diese Zahlen belegen auch den höheren Energieverbrauch dieselbetriebener Schienenfahrzeuge für den SGV (Abbildung 3). Der absolute Fahrstromverbrauch des elektrisch betriebenen SGV belief sich auf 12,3 GJ. Für die Dieseltraktion wurden etwa 90 Millionen Liter Kraftstoff verwendet [IFEU13j].
Abbildung 3 zeigt den Vergleich der beiden Traktionsarten in Bezug auf den spezifischen TtW- und WtW-Energieverbrauch. Unter Berücksichtigung der gesamten Energiekette verbrauchte die Elektrotraktion um etwa 27 Prozent weniger Energie als die Dieseltraktion. Auch in diesem Fall muss auf die Unterschiedlichkeit der zur Ermittlung der Verbrauchsdaten herangezogenen Verkehrsleistungen hingewiesen werden.
Für die DB AG liegt umfangreiches Material zum spezifischen Primärenergieverbrauch vor. Abbildung 4 gibt einen Überblick über den Primärenergieverbrauch aller in den Jahren 2016 bis 2018 durchgeführten Verkehrsfahrten des Unternehmens.
Abb. 4: Spezifischer Primärenergieverbrauch aller durchgeführten Fahrten des Unternehmens. Eigene Darstellung nach [DBIB18] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Einen erheblichen Einsparbeitrag leistet mit etwa 1.500 Gigawattstunden (GWh) in 2022 (17,9%) die bei Bremsvorgängen in das Stromnetz zurückgespeiste Energie [DB22b]. Bei diesem Vorgang wird kinetische Energie, welche aus Bremsvorgängen zurückgewonnen wird, wieder in die Oberleitung zurückgespeist. Die so rekuperierte Energie kann dann von Folgezügen genutzt werden.
Abb. 5: Bremsenergierückspeisung [DBIB18] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Die Deutsche Bahn gibt für das Jahr 2018 an 57,2 Prozent des für den Zugbetrieb benötigten Stroms aus regenerativen Energiequellen bezogen zu haben [DBIB18].