Forschungsinformationssystem des BMVI

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Kollektive Visualisierungssysteme für Verkehrsteilnehmende

Erstellt am: 18.01.2011 | Stand des Wissens: 26.03.2020
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck

Bei kollektiven Visualisierungssystemen werden Informationen zum Verkehrsablauf allen Teilnehmenden in gleicher Weise dargestellt. Sowohl für den Motorisierter Individualverkehr (MIV) als auch Öffentlicher Verkehr (ÖV) werden dabei statische und dynamische  Systeme unterschieden. Für den MIV wird auf Autobahnen die Verkehrssituation dynamisch den Verkehrsbedingungen angepasst und dem Verkehrsteilnehmenden über sogenannte Streckenbeeinflussungsanlagen mitgeteilt. Der Fahrzeugführende erhält Informationen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit, Warnungen und Hinweise zu Straßen- und Witterungsverhältnissen. Über kollektive Wechselwegweisungen werden die Verkehrsteilnehmenden auf Autobahnen über die möglichen Routenführungen zu verschiedenen Zielen informiert. Dabei kann die Anzeige von Routen um die voraussichtliche Dauer in Minuten (Reisezeiteninformation) ergänzt werden. Die dynamische Wegweisung mit integrierter Stauinformation (dWiSta) stellt dem Verkehrsteilnehmenden zusätzlich die Verkehrsstörung und weitere Umleitungsempfehlungen dar [STMB17].
kvs1.jpgAbb. 1: Kollektive Fahrerinformation außerorts: Wechselwegweiser auf der A8 [Quelle: Autobahndirektion Südbayern]
Innerhalb von Ortschaften können Informationen zur Verkehrs- oder Parksituation ebenfalls über dynamische Tafeln allen Verkehrsteilnehmenden zur Verfügung gestellt werden. Bei der Verkehrslenkung von Großveranstaltungen (Eventverkehr) werden die Besuchenden mittels Anzeigetafeln über die beste Reiseroute informiert. Allgemeine Verkehrslageinformationen werden meistens in Form einer grafischen Kartendarstellung mit Einfärbung der Straßen in unterschiedlichen Farben im Internet präsentiert. Die Karte dient dem Verkehrsteilnehmenden als Information vor Antritt oder während einer Fahrt. Im Gegensatz zu der individuellen Navigation werden dem Verkehrsteilnehmenden keine Vorgaben oder Empfehlungen gemacht, sondern ausschließlich Informationen über den aktuellen Systemzustand gegeben.
In dem Projekt dmotion beispielsweise wurde die aktuelle Verkehrslage in Düsseldorf inklusive Baustellen und Verkehrsstörungen, Parkplätze und Veranstaltungen dargestellt [Böhm09].
kvs2.jpgAbb. 2: Kollektive Fahrerinformation innerorts: Parkleitsystem Erfurt [Quelle: StEr17] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Bei der Nutzung des ÖV können die Fahrgäste ebenfalls dynamische Informationen über ihren Reiseablauf bekommen. Die dynamische Fahrgastinformation ergänzt die statischen Informationen um Hinweise zu Unregelmäßigkeiten, Anschlüssen oder auch um besondere Verkehrsangebote. Grundlage der dargestellten Information sind die Daten eines Betriebsleitsystems, die entsprechend für die dynamische Fahrgastinformation aufbereitet wurden. Die dazugehörigen Visualisierungssysteme sind vielfältig und in unterschiedlichen Medien integriert [VDV01b].
Die gängigsten Formen der kollektiven Visualisierung sind spezielle Anzeigen, die an Haltestellen und Stationen des ÖV installiert sind. Ihre Ausführungsformen variieren von einfarbigen Matrixanzeigen bis zu vollfarbigen, hochauflösenden Monitoren. Der Informationsinhalt umfasst dynamische Abfahrtszeiten sowie frei programmierbare Textinformationen, die weiterführende Angaben beispielsweise bei Störungen ermöglichen. Der räumliche Umgriff der Information beläuft sich im einfachsten Fall auf die Linien im jeweiligen Standort der Anzeige. Es können aber auch wichtige Information über andere Netzteile enthalten sein.
kvs3.jpgAbb. 3: Dynamische Fahrgastinformationsanzeigen an Haltestellen [Quelle: Bart10]
Dynamische Visualisierungssysteme sind ebenfalls in Fahrzeugen angebracht. Die einfachste Ausführung sind Matrixanzeigen, welche die nächste Haltestelle anzeigen. Über eingebaute Monitore sind weitergehende Informationen über den Reiseverlauf, wie zum Beispiel Anschlussinformationen anzeigbar. Die weitgehende Standardisierung für die dynamischen Daten aus den Betriebsleitsystemen (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Schnittstellen 453/454) ermöglichen die Nutzung von nicht am Verkehrsbetrieb gebundenen Medien [VDVIST]. In Bayern und Sachsen-Anhalt werden auch Bildschirme öffentlicher Telefonsäulen zur kostenlosen Darstellung der dynamischen Fahrgastinformation genutzt.
detail-haltestelle.jpg
Abb. 4: Dynamische Haltestelleninfo mit Umsteigeinbeziehungen im Fahrzeug [Quelle: MVG13] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
kvs4.jpgAbb. 5: Dynamische Fahrgastinformation am Display einer Telefonsäule in Bayern [Quelle: MRK16] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Eine Verbesserung der Kundeninformation steht auch im Zentrum des Projekts "Colibri" (Coach Links for Broadband Information Exchange) der Deutschen Bahn. Dieses ermöglicht neben der Bereitstellung von Fahrplaninformationen die Erfassung der Fahrgast- und Fahrradanzahl. Über das Pilotprojekt "Digital im Regio" kann der Nutzende diese über die gleichnamige App abrufen. Zusätzlich sind neben Monitoren am Zug, welche die Auslastung im Wagen anzeigen, Bildschirme im Zug angebracht, welche mit einem neuen Fahrgastinformationssystem ausgestattet sind. Dieses zeigt nicht nur den Fahrtverlauf, sondern zusätzlich die Anschlussmöglichkeiten in Echtzeit an [DB17].
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrstelematik (Stand des Wissens: 21.08.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?340318
Literatur
[Bart10] Jan Bartelsen DFI-Anzeiger an der Haltestelle Probstendamm, 2010/12/03
[Böhm09] Heiko Böhme, Timo Finke, Frank Offermann, Torben Hilgers, Jan Körber, Kai Fehren-Schmitz, Daniel Schmidt, Christian Lüpges, Andreas Herrmann Dmotion - Düsseldorf in Motion
Mehr Mobilität mit integriertem Strategiemanagement, 2009/11
[DB17] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Digital im Regio - Neue Angebote für Fahrgäste, 2017/06/01
[MRK16] MRK Management Consultants (Hrsg.) Dynamische Fahrgastinformation am Display einer Telefonsäule in Bayern, München, 2016
[MVG13] Münchner Verkehrsgesellschaft mbH (Hrsg.) Fahrgastfernsehen - MVG und Münchner Fenster sind auf Sendung, 2013
[StEr17] Stadtverwaltung Erfurt (Hrsg.) Parken in der Innenstadt, 2017
[STMB17] Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (Hrsg.) Verkehrsbeeinflussungsanlagen, 2017
[VDV01b] Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Telematik im ÖPNV in Deutschland / Telematics in Public Transport in Germany, Alba Fachverlag, Postfach 110150, Düsseldorf, 2001, ISBN/ISSN 3-87094-648-2
[VDVIST] Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV-Schnittstelleninitiative: Ist-Daten-Schnittstellen, 2011
Weiterführende Literatur
[BMVI18t] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in der Mobilität Aktionsplan, 2018/11
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
App
Ist eine Abkürzung für den Fachbegriff Applikation (App) und bezeichnet eine Anwendungssoftware, die für mobile Endgeräte, wie Smartphone oder Tablet-PC entwickelt wurde. Apps können als Zusatzsoftware auf mobilen Endgeräten installiert werden und erweitern dadurch deren Funktionsumfang. Je nach Betriebssystem kann der Nutzer auf eine Vielzahl von mobilen Applikationen auf dem vom Betriebssystem bereitgestellten Marktplatz kostenpflichtig oder kostenlos zugreifen.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?339958

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 16:57:54