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Serviceeinrichtungen des Schienengüterverkehrs

Erstellt am: 20.12.2010 | Stand des Wissens: 22.09.2020
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Im Sinne des Eisenbahnregulierungsgesetzes (ERegGa) werden nach § 10 Abs. 1 und der Anlage 2 Nr. 2 die folgenden Einrichtungen und Infrastrukturen als Serviceeinrichtungen verstanden:
  • Einrichtungen für die Brennstoffaufnahme
  • Personenbahnhöfe, deren Gebäude und sonstige Einrichtungen
  • Güterbahnhöfe und -terminals
  • Rangierbahnhöfe
  • Zugbildungseinrichtungen
  • Abstellgleise
  • Wartungseinrichtungen und andere technische Einrichtungen
  • Häfen
Der Gesetzesauszug zeigt, dass auch für den Schienengüterverkehr (SGV) eine Vielzahl von Infrastrukturanlagen notwendig sind, welche nur indirekt mit den Zugfahrten selbst in Zusammenhang stehen. Ein Beispiel hierfür ist die Infrastruktur zur Sortierung von Wagen und Kränen für den Ladegutumschlag auf das Schiff oder den Lkw. Entsprechende Vorgänge sind zumeist fester Bestandteil der Beförderungsprozesse im SGV, da ohne eine adäquate Zugbehandlung keine Transportleistungen über das Schienennetz erbracht werden können. Somit erweist sich die Verfügbarkeit betreffender Infrastrukturkomponenten speziell in Marktsegmenten jenseits des Ganzzugverkehrs, welche einer intensiveren Fahrtvor- und Nachbereitung bedürfen als kritischer Faktor für erfolgreiche schienengebundene Beförderungsangebote (ERegGa).

Das Produktionsverfahren des Einzelwagenverkehrs, welches allgemein als Knotenpunktsystem betrieben wird, bildet Güterbahnhöfe mit unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten als Satelliten-, Knoten- und Rangierbahnhöfe ab. Als sogenannter Zugbildungsbahnhof und damit als größte Ausprägung einer Serviceeinrichtung im SGV unterteilt sich der Rangierbahnhof in drei grundlegende betriebliche Elemente: Einfahrgruppe, Richtungsgruppe und Ausfahrgruppe. Die Deutsche Bahn Netz AG, als größtes deutsches Eisenbahninfrastrukturunternehmen, bezeichnet diese als Zugbildungsanlagen (ZBA). Darüber hinaus befinden sich in größeren Anlagen immer auch Serviceeinrichtungen die nicht zwingend zur Zugbildung benötigt werden, wie Werkstätten oder Lagerplätze [RLC10]. Der größte Rangierbahnhof Deutschlands befindet sich in Maschen, südlich von Hamburg. Dem Rangierbahnhof in Maschen kommt eine entscheidende Rolle im sogenannten Seehafenhinterlandverkehr des Hamburger Hafens zu. 1970 gebaut, verzeichnete dieser mit 750 Weichen, 135 Gleisbremsanlagen und 184 Förderanlagen ausgestattete Bahnhof rund 150 Ein- und Ausgangszüge pro Tag. Der Bahnhof wurde seit 2009 umfangreich saniert [DBAG09l, 8, 12; DBAG2014].

Serviceeinrichtungen speziell für den kombinierten Verkehr stellen Umschlagbahnhöfe dar. In solchen, auch als Terminals bezeichneten Anlagen (zum Beispiel Westhafen Berlin), können Ladeeinheiten in der Regel zwischen zwei verschiedenen Verkehrsträgern (zum Beispiel Eisenbahn - Lkw) ausgetauscht werden. In jüngster Zeit entstehen darüber hinaus vermehrt trimodale Terminals zur Verknüpfung der drei Verkehrsträger Eisenbahn, Lkw und Schiff, so zum Beispiel auch in Mannheim und Duisburg. Einer der größten Betreiber von intermodalen Terminals ist die Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene - Straße mbH (DUSS) [DBAG17k].

Serviceeinrichtungen des SGV umfassen jedoch nicht nur für den Transportprozess selbst relevante, großflächige Infrastrukturanlagen, sondern auch maschinelle Systeme zur Vor- und Nachbereitung von Zugfahrten, sowie zur Wartung und Versorgung des Rollmaterials. Diese zusätzlichen, auf dem Gelände von Bahnanlagen zu findenden Komponenten werden seitens der DB Netz AG als sogenannte periphere Anlagen bezeichnet. Tabelle 1 bietet einen Überblick über diese entsprechenden zusätzlichen Einrichtungen [DBAG09k, S. 7].
Serviceeinrichtungen_337189.pngAbb. 1: Auszug an zusätzlichen Serviceeinrichtungen aus dem Angebot der DB Netz AG (in Anlehnung an [DBAG18k, S. 9]) (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Technische und organisatorische Rahmenbedingungen des Schienengüterverkehrs (Stand des Wissens: 24.09.2020)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?337416
Literatur
[DBAG09k] o. A. Das Anlagenpreissystem der DB Netz AG, Frankfurt/Main, 2009/04
[DBAG09l] Erschkat, Frank Cargo Zentrum Hamburg - Vorstellung, Hamburg, 2009/09/04
[DBAG17k] Deutsche Bahn AG Konzern Wir halten Ihre Transportkette zusammen, 2017
[DBAG18k] o.A. Das Anlagenpreissystem der DB Netz AG, 2018
[DBAG2014] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung
Infrasstrukturzustands- und -entwicklungsbericht 2013, Berlin, 2014/04
[RLC10] o. A. Beschreibung der Serviceeinrichtungen, Elstal, 2010/12/01
Rechtsvorschriften
[AEG] Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)
[ERegGa] Eisenbahnregulierungsgesetz
Glossar
Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ist ein Rechtsbegriff des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG). Gemäß § 2 Abs. 1 AEG sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben.
Rangierbahnhof Der Rangierbahnhof (Rbf) ist ein wichtiges (Infrastruktur-)Element im Produktionssystem des Schienengüterverkehrs und gehört, wie auch der Knotenpunktbahnhof, als Betriebsbahnhof zur Gruppe der Zugbildungsbahnhöfe. Zentraler Bestandteil eines Rbf sind die sog. Zugbildungsanlagen (ZBA), die - vornehmlich im Einzelwagenverkehr - der Auflösung und Neuzusammenstellung von Güterzügen und Wagen(-Gruppen) dienen.
Schienengüterverkehr
Unter Schienengüterverkehr (SGV) wird der Transport von Gütern mit der Eisenbahn verstanden. Diese werden in Güterzügen unter Verwendung (spezieller) Güterwagen befördert. Diese Verkehre können entweder auf gesonderten Güterverkehrsstrecken oder im Mischverkehr, auf gemeinsam durch den Güter- und Personenverkehr genutzten Strecken, realisiert werden. Leistungen des Schienengüterverkehrs werden häufig als Teil einer Logistikkette in logistische Gesamtkonzepte eingebunden.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Einzelwagenverkehr Der Einzelwagenverkehr (EWV; auch Wagenladungsverkehr, WLV) ist der Transport einzelner Güterwagen(-Gruppen) in speziell für deren jeweiligen Transportweg zusammengestellten Güterzügen. Die Güterwagen mit verschiedenen Versendern und Empfängern werden dabei in sog. Zugbildungsbahnhöfen (Zbf) zu einzelnen Güterzügen zusammengefasst.
Zugbildungsbahnhof
Zugbildungsbahnhöfe (Zbf) gehören - im Gegensatz zu den Personen- und Güterbahnhöfen - zu den sog. Betriebsbahnhöfen. Es handelt sich dabei um systeminterne, nicht öffentlich zugängliche Bahnhöfe des Produktionssystems des Schienengüterverkehrs. Dazu zählen Rangierbahnhöfe (Rbf) und Knotenpunktbahnhöfe.
Eisenbahninfrastrukturunternehmen
Zur Erhaltung des Schienennetzes zählen Maßnahmen zur Instandhaltung und für die Durchführung von Ersatzinvestitionen. Grundsätzlich tragen die Eisenbahninfrastrukturunternehmen die dabei anfallenden Kosten, werden aber nach der LuFV vom Bund mit einem bestimmten Betrag jährlich unterstützt.
Seehafenhinterlandverkehr Als Seehafenhinterlandverkehr werden im Allgemeinen der Zu- und Ablaufverkehr der Seehäfen mit den Verkehrsträgern Straße, Schiene und Binnen- bzw. Küstenschiff zu den Wirtschaftszentren im Binnenland bezeichnet.
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Ganzzug Ein Ganzzug ist ein Güterzug, dessen Ladung ohne Zwischenbehandlung vom Versand- zum Empfangsbahnhof befördert wird. Dabei erfolgen beim sog. Ganzzugverkehr (GZV) sowohl die Übergabe durch den Versender als auch die empfängerseitige Übernahme des gesamten Zuges in geschlossener, unveränderter Wagenzusammenstellung.
Umschlagbahnhof Umschlagbahnhöfe (Ubf) dienen dem Übergang von Gütern auf oder von Schienenfahrzeugen bzw. dem Wechsel von diesen zu Transportmitteln anderer Verkehrsträger. Im letzteren Fall spricht man auch von Terminals des kombinierten Verkehrs (KV-Terminal). Diese stellen typischerweise Umschlagpunkte von Ladeeinheiten wie Container, Wechselbehälter, Wechselbrücken oder Sattelauflieger dar. Bei Ubf in Häfen und Flughäfen spricht man von "Seehafenterminals" oder "Flughafenterminals".

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?337189

Gedruckt am Montag, 27. März 2023 00:01:38