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Öffentliche Fahrradverleihsysteme

Erstellt am: 15.12.2010 | Stand des Wissens: 16.06.2017
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Als öffentliches Fahrrad (auch Stadtfahrrad, Kommunalfahrrad, City-Bike und andere) wird die Möglichkeit der temporären Nutzung öffentlich zugänglicher Fahrräder bezeichnet. Diese Nutzung kann unentgeltlich sein oder eine Gebühr beinhalten. Nicht gemeint sind dabei Einrichtungen oder Institutionen zum Beispiel Hotels, Fahrradläden, welche als Zusatzangebot einen Fahrradverleih anbieten. Im Gegensatz zur traditionellen Radvermietung oder zum Radverleih deckt ein öffentliches Fahrradverleihsystem (ÖFVS) in der Regel ein bestimmtes Gebiet ab und ist 24 Stunden am Tag mit geringem formalen Aufwand zugänglich. Der Fokus liegt dabei auf Kurzzeitnutzungen, so dass eine hohe Verfügbarkeit der Räder gewährleistet werden kann [Interde10].

Öffentliche Fahrräder haben nach jahrzehntelangem, eher verhaltenem Experimentieren mit der nunmehr dritten Generation der Leihsysteme einen Durchbruch hinsichtlich Wirksamkeit und öffentlicher Beachtung erreicht. Sie sind in Metropolen zu einem Indikator für moderne und nachhaltige Stadtverkehrspolitik geworden, da sie für eine lebenswerte Stadt stehen und das Verkehrsklima insgesamt befördern [Monh09, DIFU10]. Die Städte, die bereits gute Erfahrungen mit ÖFVS gemacht haben, erweitern ihre Systeme entweder um weitere Räder und/oder auch um technisch aufwändigere Räder (zum Beispiel Pedelecs).

In Städten ohne derartige Systeme wecken die Entwicklungen Interesse. Vielerorts wird geprüft, ob und inwieweit ein Fahrradverleihsystem unter den lokalen Gegebenheiten der eigenen Stadt zweckmäßig, wirksam sowie finanziell erschwinglich eingeführt und betrieben werden könnte. Insbesondere in Kernstädten soll möglichst ohne Nutzung des Kfz die Umsetzung von Fahrradverleihsystemen geprüft, um die Nahmobilität durchgreifend zu verbessern [Interde10]. Kurze Wege können effektiv und umweltschonend bewältigt werden und gegebenenfalls lässt sich mit diesem Zusatzangebot auch die Nachfrage an innerstädtischen Pkw-Stellplätzen reduzieren.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung fördert im Rahmen eines Modellvorhabens die Einführung innovativer ÖFVS in Deutschland [BMVBS12f]. Die hierzu bereits veröffentlichten Evaluationen zeigen insbesondere zwei Hauptprobleme:
  • Finanzierung ÖFVS und
  • fehlende Sichtbarkeit der öffentlichen Fahrräder im Straßenraum [BMVI14t].
Zukünftige Entwicklungen orientieren sich zum einen an einer weitgehenden Integration ÖFVS in das System des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) [Interde10, Monh09, DIFU10] und andererseits in der Integration weiterer Produkte in bestehende Systeme (Pedelec, Lastenrad) [BMVI16b].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Öffentliche Fahrradverleihsysteme (Stand des Wissens: 02.09.2020)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?336909
Literatur
[BMVBS12f] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) , Ref UI 31, (Hrsg.) Innovative öffentliche Fahrradverleihsysteme - Modellprojekte am Start, Berlin Bonn, 2012/02
[BMVI14t] Thorsten Koska, Benjamin Rabenstein, Tilman Bracher, Martina Hertel Innovative öffentliche Fahrradverleihsysteme: Ergebnisse der Evaluation und Empfehlungen aus den Modellprojekten, 2014/11/01
[BMVI16b] Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel GmbH, Anke Schmidt TINK - AP 3 Verkehrswissenschaftliche Untersuchung
Erfolgskriterien für den Aufbau eines Transportradmietsystems aus Expertensicht, 2016/03/09
[DIFU10] Deutsches Institut für Urbanistik Fahrradverleihsysteme in Europa, 2010
[Interde10] TU Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Prof. Dr.-Ing. G.-A. Ahrens, Ahrens, Gerd-Axel, Aurich, Tanja, Böhmer, Thomas, Klotzsch, Jeannette, Pitrone, Anne Interdependenzen zwischen Fahrrad- und ÖPNV-Nutzung. Analysen, Strategien und Maßnahmen einer integrierten Förderung in Städten, 2010
[Monh09] Heiner Monheim, Christian Muschwitz, Wigand von Sassen, Markus Streng Intelligent mobil - aktuelle Trends bei Fahrradverleihsystemen, veröffentlicht in Verkehrszeichen, Ausgabe/Auflage Nr.2, 2009
Weiterführende Literatur
[OBIS09] Alberto Castro Fernández, Günter Emberger. Bike sharing in ten European countries report. Module 1: Austria., 2009/12/17
[OBIS09b] Robert Sebastien, Olivier Richard Bike sharing in ten European countries report. Module 4: France, 2009/12/17
[OBIS09a] Janett Büttner Bike sharing in ten European countries report. Module 5: Germany., 2009/12/17
[Bmvi21ad] Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Sinus - Markt- und Sozialforschung GmbH (Hrsg.) Fahrrad-Monitor Deutschland 2021, 2021/11/21
[Nich] Rupprecht Consult - Forschung und Beratung GmbH, Bührmann, Sebastian, Niches - New Seamless Mobility Services - Public Bicycles, 2011/01/26
[Obis11] Janett Büttner, Hendrik Mlasowsky, Tim Birkholz, et. al. Optimising Bike Sharing in European Cities. Ein Handbuch., 2011/06
Glossar
Pedelec
Pedelec (Pedal Electric Cycle) ist ein Begriff für Elektrofahrräder, bei welchen der Fahrer vom Elektroantrieb unterstützt wird, wenn dieser in die Pedale tritt. Das Fahrrad kommt hierbei auf eine Leistung von bis zu 250 Watt, wodurch eine Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometer pro Stunde erreicht werden kann.
Laut § 1 Absatz 3 des Straßenverkehrsgesetztes (StVG) sind Pedelecs mit dieser Leistung einem Fahrrad rechtlich gleichgestellt.
Bei schnellen Pedelecs (S-Klasse) ist dies nicht der Fall. Diese zählen zu den Kleinkrafträdern und können bei einer maximal erlaubten Nenn-Dauerleistung von 500 Watt eine Geschwindigkeit von bis zu 45 Kilometern pro Stunde erreichen. Deshalb sind für diese eine Zulassung sowie ein Versicherungskennzeichen notwendig.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?336844

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 04:12:27