Wettbewerbshemmnisse im deutschen Schienenverkehrsmarkt
Erstellt am: 13.12.2010 | Stand des Wissens: 23.09.2020
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Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Ein geringer Liberalisierungsgrad, gemessen an der Wettbewerbsintensität im Bahnmarkt, kann unterschiedliche Ursachen vornehmlich technisch-betrieblicher und administrativer Art haben. Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland im EU-weiten Vergleich hinsichtlich des Schienennetzzugangs prinzipiell als wettbewerbsfreundlich bezeichnet werden kann, bleiben konkrete Beanstandungspunkte, welche nicht ausschließlich von privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) angeführt werden.
Obwohl die Öffnung des Schienenverkehrsmarktes in Deutschland bereits gesetzlich verankert wurde, wirken infrastrukturelle Maßnahmen einem funktionierenden Wettbewerb entgegen. Ein Drittel der Bahnhöfe wurde stillgelegt, fast 70 Prozent der Gleisanschlüsse wurden aufgegeben, die Zahl der Weichen wurde um die Hälfte reduziert und die Gesamtlänge des Netzes um 17 Prozent auf etwa 64.000 Kilometer zurückgeführt. Die Netzentwicklung Deutschlands ist immer noch durch dessen Verschlankung gekennzeichnet. Wettbewerbsbahnen beklagen Flexibilitäts- und Kapazitätsverluste. Zudem wird ein in Teilen mangelhafter Zustand der Schieneninfrastruktur kritisiert. Investitionen richteten sich zwar nach dem Bundesverkehrswegeplan, jedoch sei dieser von Fernverkehrsprojekten dominiert. Es mangele an Finanzierungsmitteln unter anderem für güterverkehrsrelevante Strecken, die zu einer Wettbewerbsintensivierung beitrügen [Röss09, S. 586 f.]. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) fordert die Regionalisierung der Infrastruktur [Henc11].
Hinsichtlich fairer Wettbewerbsbedingungen wird seitens des Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e. V. Kritik gegenüber dem Deutsche Bahn AG Konzern (DB AG) [NePr10] und Wambach et al. [WaKo17, S. 15f.] vorgebracht:
Obwohl die Öffnung des Schienenverkehrsmarktes in Deutschland bereits gesetzlich verankert wurde, wirken infrastrukturelle Maßnahmen einem funktionierenden Wettbewerb entgegen. Ein Drittel der Bahnhöfe wurde stillgelegt, fast 70 Prozent der Gleisanschlüsse wurden aufgegeben, die Zahl der Weichen wurde um die Hälfte reduziert und die Gesamtlänge des Netzes um 17 Prozent auf etwa 64.000 Kilometer zurückgeführt. Die Netzentwicklung Deutschlands ist immer noch durch dessen Verschlankung gekennzeichnet. Wettbewerbsbahnen beklagen Flexibilitäts- und Kapazitätsverluste. Zudem wird ein in Teilen mangelhafter Zustand der Schieneninfrastruktur kritisiert. Investitionen richteten sich zwar nach dem Bundesverkehrswegeplan, jedoch sei dieser von Fernverkehrsprojekten dominiert. Es mangele an Finanzierungsmitteln unter anderem für güterverkehrsrelevante Strecken, die zu einer Wettbewerbsintensivierung beitrügen [Röss09, S. 586 f.]. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) fordert die Regionalisierung der Infrastruktur [Henc11].
Hinsichtlich fairer Wettbewerbsbedingungen wird seitens des Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e. V. Kritik gegenüber dem Deutsche Bahn AG Konzern (DB AG) [NePr10] und Wambach et al. [WaKo17, S. 15f.] vorgebracht:
- Trassenpreise sollten den Kosten einer effizienten Leistungsbereitstellung angepasst werden.
- Die DB Netz AG sei für einen 40 Prozent Anstieg der Infrastrukturnutzungsentgelte im Güterverkehr seit 2003 verantwortlich.
- Die Höhe der zu leistenden Trassenpreisausgaben führe letztlich innerhalb der DB-Holding lediglich zu Gewinnverschiebungen. Für Wettbewerber der DB-Transportgesellschaften stellten hohe Preise allerdings eine Markteintrittsbarriere dar.
- Während nicht mehr rentable Strecken oder Bahnhöfe von der DB Netz AG ausgeschrieben werden müssen, dürften Neben- und Abstellgleise in Rangier- und Güterbahnhöfen ohne Kenntnisnahme der sie benutzenden EVU zurückgebaut werden.
- Weiterhin bestehe eine Diskriminierung durch die DB Energie GmbH aufgrund von Mengenrabatten beim Bahnstrom. Aufgrund der hohen Mindestabnahmemengen profitierten davon lediglich die DB-Transportgesellschaften.
Kritik üben nichtbundeseigene EVU (NE-Bahnen) auch an dem in Deutschland herrschenden Vertriebsmodell für Fahrausweise, bei dem die gesamten Erlöse über ein Monopol der DB Vertrieb GmbH abgewickelt werden. Die NE-Bahnen führten somit 12 bis 20 Prozent ihrer Einnahmen an die DB AG ab [Seeg11]. Durch die anhaltende Kritik eröffnete das Bundeskartellamt im Jahr 2014 ein Verfahren gegen die Deutsche Bahn AG, wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung beim Vertrieb von Fahrkarten. Durch folgende Verpflichtungszusagen der Deutsche Bahn AG wurde laut dem Bundeskartellamt [BKartA16] das Verfahren eingestellt:
- Reduzierung und Vereinheitlichung der Provisionen bei wechselseitigen Fahrkartenverkauf
- Wettbewerber dürfen in Zukunft auch Fernverkehrstickets der Deutsche Bahn AG über eigene Fahrkartenautomaten verkaufen
- Der Zugang der Wettbewerber zum Verkauf in Bahnhofsläden wird vereinfacht
- Wettbewerber haben künftig mehr Freiheiten in der Gestaltung des Vertriebs eigener Fahrkarten
Zum Liberalisierungsfortschritt Deutschlands bezog auch die Monopolkommission 2009 gemäß § 36 AEG in ihrem Sondergutachten "Wettbewerb erfordert Weichenstellung" Stellung. Sie kritisierte die zu langsame Wettbewerbsentwicklung auf den deutschen Personen- und Güterverkehrsmärkten. Zudem forderte die Monopolkommission konsequente staatliche Maßnahmen und legte ein umfassendes Konzept zur Wettbewerbsförderung im Eisenbahnsektor vor. Entsprechende Empfehlungen beinhalteten Forderungen nach einer Privatisierung der DB-Transportunternehmen, um so die Unabhängigkeit konzerneigener Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu gewährleisten, sowie eine netzbetreiberseitige Transparenzverpflichtung über Auslastung und Zustand des Netzes [HaPr09]. Im Sondergutachten von 2017 stellte die Kommission fest, dass die Deutsche Bahn AG weiterhin eine vorherrschende Rolle im Markt des SGV einnimmt sowie das unteranderem im Bereich der Trassenentgelte weitere Regulierung vorgenommen werden sollte [WaKo17, S. 3, 15f.].
In den vergangenen sowie in dem Sondergutachten "Bahn 2013: Reform zügig umsetzen!" weist die Monopolkommission zudem auf das strukturelle Problem der Fahrzeugbeschaffung und -finanzierung hin [HaKo13, S. 13, Punkt 25]. Hiervon ist der gesamte liberalisierte Schienenverkehrsmarkt (insbesondere Schienenpersonennah- und Güterverkehr) betroffen. Die "Aufgabenträger haben verschiedene Lösungsmöglichkeiten entwickelt dem strukturellen Finanzierungsproblem entgegenzuwirken. Dazu gehören einerseits Möglichkeiten die das Risiko der Weiterverwendung der Fahrzeuge verringern und andererseits Alternativen zur klassischen Fahrzeugfinanzierung durch Fahrzeugpools" [HaKo13, S. 13, Punkt 25]. Neben der direkten Einflussnahme auf den Fahrzeugmarkt durch Sicherheiten, Garantien oder die Einrichtung von Fahrzeugpools durch die EVU wird zunehmend auch die Idee der "Verlagerung der Fahrzeugbeschaffung und -vorhaltung auf einen Dritten [...]" diskutiert [Fuch13, S. 37]. Die Monopolkommission identifiziert jedoch als langfristige Problemlösung die Bestellung und Beschaffung marktgängigere und damit wiederverwendbarerer Fahrzeuge [HaKo13, S. 13, Punkt 25]. Trotz einer anfänglichen positiven Entwicklung des Wettbewerbs im SGV stagniert diese Entwicklung derzeit und daher signalisiert die Monopolkommission einen weiteren Handlungsbedarf zur Förderung des Wettbewerbs in Deutschland [WaKo17, S. 3].
In den vergangenen sowie in dem Sondergutachten "Bahn 2013: Reform zügig umsetzen!" weist die Monopolkommission zudem auf das strukturelle Problem der Fahrzeugbeschaffung und -finanzierung hin [HaKo13, S. 13, Punkt 25]. Hiervon ist der gesamte liberalisierte Schienenverkehrsmarkt (insbesondere Schienenpersonennah- und Güterverkehr) betroffen. Die "Aufgabenträger haben verschiedene Lösungsmöglichkeiten entwickelt dem strukturellen Finanzierungsproblem entgegenzuwirken. Dazu gehören einerseits Möglichkeiten die das Risiko der Weiterverwendung der Fahrzeuge verringern und andererseits Alternativen zur klassischen Fahrzeugfinanzierung durch Fahrzeugpools" [HaKo13, S. 13, Punkt 25]. Neben der direkten Einflussnahme auf den Fahrzeugmarkt durch Sicherheiten, Garantien oder die Einrichtung von Fahrzeugpools durch die EVU wird zunehmend auch die Idee der "Verlagerung der Fahrzeugbeschaffung und -vorhaltung auf einen Dritten [...]" diskutiert [Fuch13, S. 37]. Die Monopolkommission identifiziert jedoch als langfristige Problemlösung die Bestellung und Beschaffung marktgängigere und damit wiederverwendbarerer Fahrzeuge [HaKo13, S. 13, Punkt 25]. Trotz einer anfänglichen positiven Entwicklung des Wettbewerbs im SGV stagniert diese Entwicklung derzeit und daher signalisiert die Monopolkommission einen weiteren Handlungsbedarf zur Förderung des Wettbewerbs in Deutschland [WaKo17, S. 3].