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Begriffliche Abgrenzungen zum Thema Innovation

Erstellt am: 24.11.2010 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Für ein besseres Verständnis dieser Karte ist es dringend erforderlich, die grundlegenden Begriffe zum Thema Innovation definitorisch möglichst genau abzugrenzen, da gerade im allgemeinen Sprachgebrauch Begriffe synonym verwendet werden, die verschiedene Sachverhalte meinen.
Schumpeter, der als Vater der Innovationslehre gilt, legte mit seinem Werk "Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung" von 1911 den Grundstein für die moderne Innovationsforschung. Dabei unterscheidet er fünf Fälle der Innovation:
  • Herstellung eines neuen, das heißt dem Konsumentenkreise noch nicht vertrauten Gutes oder einer neuen Qualität eines Gutes
  • Einführung einer neuen, das heißt dem betreffenden Industriezweig noch nicht praktisch bekannten Produktionsmethode
  • Erschließung eines neuen Absatzmarktes
  • Eroberung einer neuen Bezugsquelle von Rohstoffen oder Halbfabrikaten
  • Durchführung einer Neuorganisation, wie Schaffung einer Monopolstellung oder Durchbrechen eines Monopols [SCHU11].
Das heutige Verständnis der Innovation baut auf genau dieser Definition von Schumpeter auf. Dabei gilt es zu beachten, dass die Begriffe Invention und Innovation im ökonomischen Kontext gesehen strikt zu unterscheiden sind. [SPBE96] Die Invention, oder auch Erfindung genannt, bezeichnet eine "technische Realisierung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse" [HASS83]. Inventionen können geplant und ungeplant auftreten. Findet die Invention ihren Weg in den wirtschaftlichen Kreislauf, so spricht man von einer Innovation. Eine Innovation ist demnach eine am Markt realisierte Invention [GRUP97]. Die "Innovation umschließt also das Entwickeln von Neuem inklusive dessen Markteinführung" [BULL94]. Die Abgrenzung der Imitation von der Innovation kann klar vorgenommen werden. Imitationen "sind konkurrierende Neuerungen, die lediglich etwas später auf dem Markt eingeführt werden und ansonsten gleich sind" [GRUP97]. Imitationen gelten häufig als einfallslose und reine Nachahmungen. Der Begriff ist dadurch negativ vorbelastet [HAUS97]. Allerdings können Imitationen durchaus genauso ressourcenintensiv sein wie die Erstinnovation. Der Imitator muss nicht zwangsläufig vom Innovator Kenntnis haben [GRUP97].

Tätigkeiten im Bereich der Forschung und Entwicklung (F&E) bilden die Grundlage für die Innovationen. Definiert wird dieser Begriff umfassend im "Frascati Manual" der OECD: "Forschung und Entwicklung ist die systematische schöpferische Arbeit zur Erweiterung des vorhandenen Wissens und die Nutzung des so gewonnenen Wissens zur Entwicklung neuer Anwendungen" [OECD02d], übersetzt aus dem Englischen). Des Weiteren lassen sich die Begriffe Forschung und Entwicklung in folgende drei Aktivitäten untergliedern:
  • Grundlagenforschung (GFL) bezeichnet experimentelle oder theoretische Aktivitäten zur Gewinnung neuen Wissens, ohne dabei auf eine konkrete Anwendbarkeit abzuzielen. Allerdings lässt sich der Anwendungsbezug nicht vollständig ausklammern, da die Ergebnisse der Grundlagenforschung durchaus potenzielle Anwendungsmöglichkeiten bieten können [CORS06].
  • Die angewandte Forschung (AF) zielt ebenfalls wie die Grundlagenforschung auf die Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ab, ist dabei aber auf eine konkrete praktische Fragestellung ausgerichtet.
  • Experimentelle Entwicklung (EE) , basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen, ist die systematische Arbeit, um neue Materialien, Produkte oder Verfahren zu schaffen oder die bestehenden inkrementell zu verbessern [OECD02d], übersetzt aus dem Englischen).
Im Gegensatz zur Grundlagenforschung und der angewandten Forschung, die vor allem an der Generierung neuer Erkenntnisse interessiert sind, ist die experimentelle Entwicklung auf die "Anwendung dieser Erkenntnisse gerichtet" [CORS06]. Diese Einteilung ist aber keineswegs trennscharf, so dass sich vor allem die Grenzen zwischen angewandter Forschung und experimenteller Entwicklung häufig überlappen [VOKA04].
Des Weiteren gilt es, die Begriffe Wissenschaft, Technologie und Technik klar voneinander abzugrenzen. Aus der Vielzahl der in der Literatur vorkommenden Ansichten hat die Definition der Wissenschaft von Stehr und Maja (1992) einen breiten Konsens, die die Wissenschaft mit den folgenden wesentlichen, zusammenhängenden Merkmalen darstellt:
  • Ein Komplex von Methoden, mit denen wissenschaftliche Wissensansprüche generiert und gesichert werden.
  • Ein spezifischer, sich ständig veränderter Wissensvorrat und
  • Eine bestimmte, von spezifischen Konventionen gesteuerte soziale Organisation wissenschaftlicher Aktivitäten, insbesondere Forschung, Lehre und Wissenstransfer [STME92].
Technologie bezeichnet "das Wissen über naturwissenschaftlich-technische Wirkungsbeziehungen, das bei der Lösung praktischer Probleme Anwendung finden kann" [SPBE96]. Technologie stellt demnach Vorschriften über die Bereitstellung von Mitteln dar, durch deren Einsatz bestimmte Wirkungen und Ergebnisse erzielt werden können. Demgegenüber steht eine enge Definition, die die Technologie lediglich als die "Wissenschaft von der Technik" [BULL94] sieht. Der Begriff Technik ist dabei ein konkretes tatsächlich realisiertes, angewandtes Element einer Technologie [BROC99]. Es beschreibt nicht nur das Wissen über die Anpassung wissenschaftlicher Ergebnisse sondern vor allem auch Arbeitsweisen und Methoden zur Nutzbarmachung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse [GRUP97]. Grupp (1997) weist weiterhin daraufhin, dass im englischen beide Begriffe häufig durch "technology" bezeichnet werden. Gerade bei der Vielzahl englischer Literatur zum Thema Innovationsforschung sei darauf besonders zu achten [GRUP97].
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Innovation und Verkehr (Stand des Wissens: 12.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?334383
Literatur
[BROC99] Brockhoff, Klaus Forschung und Entwicklung, Ausgabe/Auflage 5.Auflage, 1999
[BULL94] Bullinger, Hans-Jörg Einführung in das Technologiemanagement - Modelle, Methoden, Praxisbeispiele, B.G. Teubner Stuttgart, 1994
[CORS06] Corsten, Hans, Gössinger, Ralf, Schneider, Herfried Grundlagen des Innovationsmanagements, Vahlens Handbücher, 2006
[GRUP97] Grupp, Hariolf Messung und Erklärung des technischen Wandels - Grundzüge einer empirischen Innovationsökonomik, Springer Verlag, 1997
[HASS83] Haß, Hans-Joachim Die Messung des technischen Fortschritts , München, 1983
[HAUS97] Hausschildt, Jürgen Innovationsmanagement, Ausgabe/Auflage 2. Auflage, Vahlen, 1997
[OECD02d] OECD Frascati Manual 2002 - Proposed Standard Practice for Surveys on Research and Experimental Development. , 2002
[SCHU11] Schumpeter, Joseph Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Ausgabe/Auflage Dritte Auflage, 1911
[SPBE96] Specht, Günter, Beckmann, Christoph F&E-Management, Schäffer-Poeschel Verlag, 1996
[STME92] Stehr, Nico, Meja, Volker Wissenschaftssoziologie, Ausgabe/Auflage 2.Auflage, 1992
[VOKA04] Völker, Rainer, Kasper, Eric Interne Märkte in Forschung und Entwicklung, Physica-Verlag, 2004
Glossar
OECD Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) besteht gegenwärtig aus 30 Mitgliedsländern, die hinter Demokratie und Marktwirtschaft stehen. Aufgrund der aktiven Beziehungen zu 70 weiteren Ländern, nichtstaatlichen Organisationen und zur Gesellschaft besitzt OECD eine globale Reichweite. OECD ist durch seine Publikationen, Statistiken, ökonomischen Arbeitsabdeckungen und makroökonomischen Sozialausgaben, um Ausbildung, Entwicklung, Wissenschaft und Innovationen zu fördern, bekannt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?334168

Gedruckt am Donnerstag, 25. April 2024 02:45:18