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Adressat der Regulierung: Industrie, Herstellende, Emittierende

Erstellt am: 14.11.2010 | Stand des Wissens: 20.02.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Die wichtigste Überlegung bei der Implementierung von Emissionsstandards ist die Frage, inwieweit die Einhaltung des Standards garantiert werden kann und wer die rechtliche Verantwortung für die Einhaltung übernimmt. Prinzipiell gibt es drei mögliche Adressaten. Die Adressierung der Emittierenden bei der Regulierung setzt eine verbindliche Emissionsobergrenze für alle betroffenen Wirtschaftssubjekte fest. Die Obergrenze kann dabei unterschiedlich und abhängig von der Emissionsquelle festgesetzt werden. Für die CO2-Emissionen im Straßenverkehr bedeutete dies, dass für jeden Fahrzeugtyp, beziehungsweise jede Fahrzeugklasse eine verbindliche Obergrenze festgelegt wird. Dabei kann es in der Praxis zu erheblichen Effizienzverlusten kommen, was mit einem vergleichbaren Standard innerhalb definierter Gruppen zusammenhängt. Dadurch müssen alle Emittierenden, unabhängig von Ihren individuellen Vermeidungskosten, die gleiche Emissionsreduzierung leisten. Dies hat zur Folge, dass Emissionen nicht zwangsweise dort eingespart werden, wo es ökonomisch und technisch am günstigsten ist, was zu einer ineffizienten Verteilung der Vermeidungsbemühungen führen kann.
Industrievorgaben definieren ein gemeinsames Reduktionsziel für eine gesamte Branche. Die durchschnittlichen Emissionen pro Emittierendem innerhalb der Branche dürfen dabei den festgelegten Standard nicht überschreiten. Firmen oder Branchen mit niedrigen Vermeidungskosten können somit einen höheren Beitrag leisten als Firmen oder Branchen mit sehr hohen Kosten der Emissionsvermeidung. Dies schafft in der Theorie eine höhere Flexibilität als die Adressierung der Emittierenden. Die Problematik bei diesem Ansatz liegt allerdings in der fehlenden Zuweisung von eindeutigen Verantwortlichkeiten zur Einhaltung des Zielwertes. Eine erfolgreiche Implementierung ist unwahrscheinlich, solange die Einzelnen Herstellenden für das Nichterreichen von Zielen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. So wurde die freiwillige Verpflichtung der Automobilindustrie (ACEA, JAMA, KAMA), die durchschnittlichen Emissionen bis 2008 / 2009 auf 140 g CO2/km zu reduzieren, eindeutig nicht erfüllt. Das zeigt die fehlende Effektivität von einheitlichen Zielen innerhalb einer Industrie. [BMU07f]
Ein weiterer Ansatz ist daher, Herstellende individuell für das Erreichen der Ziele verantwortlich zu machen. Diesen wird dabei ein Zielwert für die durchschnittlichen Emissionen ihrer verkauften Produkte in einem Sortiment vorgegeben. Alle Produkte einer Firma in einem Sortiment oder einer kooperierenden Gemeinschaft werden zur Erreichung des gemeinsamen Ziels berücksichtigt. Die Verteilung der individuellen Emissionen der Einzelprodukte innerhalb aller verkauften Produkte eines Sortiments ist dem Herstellenden überlassen, solange die Standards eingehalten werden. Zusätzliche Emissionsreduktionen bei Produkten mit vergleichsweise geringen Reduktionskosten können die Emissionen bei Produkten mit relativ hohen Reduktionskosten ausgleichen. Es bleibt somit eine gewisse Flexibilität für Produzierende erhalten, die gesamtwirtschaftlich die Kosten der Einhaltung des Standards reduziert. Dies ist auch der heute angewandte Ansatz für die CO2-Reduktion im Straßenverkehr. [Zimm04a]
Herstellende innerhalb der Europäischen Union hatten bei Neuwagen bereits bis 2020 einen gemittelten Emissionswert von 95 g CO2/km zu erreichen. Seit 2021 und gilt das 95 g-Ziel für die Gesamtflotte der Herstellenden. Ab dem Jahr 2025 wird eine weitere Minderung der Grenzwerte um 15 % und ab 2030 um 37,5 % gegenüber den aktuell gültigen 95 Gramm erwartet. Bei Nicheinhaltung der Grenzwerte sind Strafen von bis zu 95 Euro pro Fahrzeug und g CO2/km für Herstellende möglich. Die Strafkosten würden die Vermeidungskosten mutmaßlich deutlich übersteigen. [EUPKW; BMU20d]
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Emissionsstandards (Stand des Wissens: 20.02.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?333628
Literatur
[BMU07f] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) Klimaschutz im Verkehr: CO2-Emissionen von Fahrzeugen nach der uneingelösten ACEA-Selbstverpflichtung, 2007
[Zimm04a] Tilman Zimmer CO2-Emissionsrechtehandel in der EU: Ökonomische Grundlagen und EG-rechtliche Probleme, Verlag: Schmidt (Erich), Berlin, 2004/01/26, ISBN/ISSN 3503078126
Rechtsvorschriften
[EUPKW] EU-Verordnung zur Verminderung der CO2 - Emissionen von Personenkraftwagen

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?333616

Gedruckt am Donnerstag, 25. April 2024 18:51:09