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Well-to-Wheel Betrachtung von brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeugen

Erstellt am: 04.11.2010 | Stand des Wissens: 08.03.2023
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Wasserstoff als Energieträger erlaubt eine lokal emissionsfreie Mobilität (Tank-to-Wheel, TtW System) [Grue06, S. 60f.]. Obwohl Wasserstoff auch als Treibstoff für Fahrzeuge mit konventionellen Verbrennungsmotoren verwendet werden kann, ist dieser Betrieb nicht vorteilhaft [Grue06, S. 135]. Mit seiner geringen Energiedichte muss Wasserstoff entweder bei sehr hohem Druck verdichtet (Compressed Hydrogen, CH2) oder bei niedrigen Temperaturen verflüssigt (Liquid Hydrogen, LH2) werden. Sowohl die Verflüssigung als auch die Komprimierung des gasförmigen Wasserstoffs sind mit einem hohen energetischen Aufwand verbunden [Grue06, S. 109f.]. Um in bedeutenden Größen gespeichert werden zu können, verlangt es nach einem effizienten Verbraucher wie der Brennstoffzelle [EuCo07, S. 44]. Alternativ können Brennstoffzellen mit kohlenstoffbasierten Energieträgern wie Ethanol betrieben werden. Bei dem Einsatz von Ethanol entstehen lokale Emissionen, die Speicherung im Fahrzeug ist aber aufgrund der höheren Energiedichte vergleichbar mit Benzin und Diesel [RiFu15].

Da Wasserstoff ein Sekundärenergieträger ist, sind die Treibstoffvorketten entscheidend für die Treibhausgasemissionen im Well-to-Tank (WtT) System. Auch die Kosten von Wasserstoff hängen im Wesentlichen von den Kosten der Herstellung und der Bereitstellung des Wasserstoffs ab. Die Bilanz der Emissionen, und vor allem das Ergebnis der Well-to-Wheel (WtW) Betrachtung ist somit abhängig vom gewählten Primärenergieträger und dem jeweiligen Herstellungspfad von Wasserstoff. Es existieren viele verschiedene Möglichkeiten zur Herstellung, die sich auch deutlich in ihren Kosten unterscheiden [EuCo07, S. 44]. Die Kohlenstoffdioxid (CO2)-arme Herstellung ist insbesondere mit den folgenden beiden Pfaden denkbar:
  • direkte Erzeugung aus Biomasse mittels Vergasung,
  • Elektrolyse mittels Strom aus erneuerbaren Energien.
Derzeit wird der größte Anteil mittels Dampfreformierung von Erdgas ohne CO2 Abscheidung hergestellt [AgVe19].

Die Nutzung von Biomasse zur Wasserstoffherstellung ist geeignet, um Wasserstoff CO2-arm zu gewinnen und stellt eines der kostengünstigsten Verfahren dar [WiAr10, S. 312]. Das Verfahren kann zukünftig eine wettbewerbsfähige Alternative gegenüber der Produktion von Wasserstoff aus fossilen Ressourcen darstellen [BaKi10]. Aufgrund begrenzter Potenziale und der Nutzungskonkurrenz um Biomasse, die auch zur Strom- oder Wärmegewinnung geeignet ist, ist das Wasserstoffpotenzial aus Biomasse jedoch limitiert [WiAr10, S. 313]. Aus diesem Grund wird derzeit die Elektrolysetechnologie intensiv erforscht, da die CO2-arme Wasserstoffproduktion hierbei in erster Linie von der Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom abhängt, der aus verschiedensten Quellen gewonnen werden kann. Bisher schwanken die Treibhausgasemissionen bei der Herstellung von Wasserstoff mittels Elektrolyse in Abhängigkeit vom Anteil der erneuerbaren Energiequellen am Strommix. So lagen die Emissionen bei der Elektrolyse im Jahr 2017 bei etwa 260 Gramm CO2-Äquivalent pro Megajoule Kraftstoff, in den Jahren von 2018-2030 werden sie auf durchschnittlich etwa 190 Gramm CO2-Äquivalent pro Megajoule Kraftstoff geschätzt [AgVe19, S.36]. Wenn die Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden, bietet die Elektrolyse bei 100 prozentigem Betrieb mit erneuerbarem Strom die Aussicht auf eine emissionsfreie Wasserstoffherstellung.

Insgesamt zeigt die WtW-Analyse die starke Abhängigkeit der Treibhausgasbilanz vom WtT-System bei Brennstoffzellen-Fahrzeugen (Fuel Cell Electric Vehicles, FCEV). Mithilfe innovativer Herstellungsverfahren für Wasserstoff und dem Einsatz erneuerbarer Energien in der Produktion könnte in Zukunft eine sehr gute WtW-Bilanz von FCEV erzielt werden [MuZe14].
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Antriebstechnologien im Straßenverkehr (Stand des Wissens: 26.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?298940
Literatur
[AgVe19] Helms, Hinrich , Fehrenbach, Horst , Biemann, Kirsten , Kämper, Claudia , Lambrecht, Udo , Jöhrens, Julius , Meyer, Kerstin Klimabilanz von strombasierten Antrieben und Kraftstoffen, 2019/12
[BaKi10] Havva Balat, Elif Kirtay Hydrogen from biomass - Present scenario and future prospects. , 2010/04
[EuCo07] EUCAR, CONCAWE, JRC/IES Well-to-Wheels Analysis of future automotive fuels and powertrains in the European context (WELL-to-TANK Report), 2007
[Grue06] Grünwald, Reinhard Perspektiven eines CO2- und emissionsarmen Verkehrs- Kraftstoffe und Antriebe im Überblick, 2006
[MuZe14] Franziska Müller-Langer, Konstantin Zech, Stefan Rönsch, Katja Oehmichen, Julia Michaelis, Simon Funke, Elias Grasemann Assessment of Selected Concepts for Hydrogen Production Based on Biomass, in Hydrogen Science and Engineering : Materials, Processes, Systems and Technology, veröffentlicht in Hydrogen Science and Engineering : Materials, Processes, Systems and Technology, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, Germany, 2014, ISBN/ISSN 9783527332380
[RiFu15] Bernhard Rieder, Simon Funke Techno-economic evaluation of methanol fuel cell range-extended electric vehicles, 2015
[WiAr10] Wietschel, Martin , Arens, Marlene , Dötsch, Christian , Herkel, Sebastian , Krewitt, Wolfram, Markewitz, Peter , Möst, Dominik , Scheufen, Martin (Hrsg.) Energietechnologien 2050 - Schwerpunkte für Forschung und Entwicklung, 2010
Glossar
Strommix Der Strommix gibt an, zu welchen Anteilen der Strom aus welchen Energieträgern stammt. Als Energieträger gelten dabei fossile Rohstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas, daneben Kernenergie und auch erneuerbare Energien. Dazu kann eine regionale Abgrenzung vorgenommen werden, z.B. nach deutschem oder europäischem Strommix.
Biomasse Biomasse umfasst:
  • Reststoffe wie z.B. Restholz, organische Abfälle (Biomüll, Gülle etc.), Stroh sowie
  • Energiepflanzen wie z.B. Raps, schnell wachsende Baumarten, Energiegetreide, Miscanthus.
CO
= Kohlenstoffmonoxid. CO ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff und gehört damit neben Kohlenstoffdioxid zur Gruppe der Kohlenstoffoxide. Es ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Kohlenstoffmonoxid beeinträchtigt die Sauerstoffaufnahme von Menschen und Tieren. Schon kleine Mengen dieses Atemgiftes haben Auswirkungen auf das Zentralnervensystem.
Es entsteht bei der unvollständigen Oxidation von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Dies erfolgt zum Beispiel beim Verbrennen dieser Stoffe, wenn nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung steht oder die Verbrennung bei hohen Temperaturen stattfindet. Kohlenstoffmonoxid selbst ist brennbar und verbrennt mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid. Hauptquelle für die CO-Belastung der Luft ist der Kfz-Verkehr.
FCEV Brennstoffzellenfahrzeug; Die Brennstoffzelle fungiert als Energiewandler, der chemische in elektrische Energie umwandelt und damit die Batterie, bzw. indirekt den Elektromotor betreibt. Der optimale Energieträger ist Wasserstoff, der eine lokale emissionsfreie Mobilität ermöglicht.
TtW Tank-to-Wheel; Teilsystem der Well-to-Wheel Analyse, die die Treibhausgasemissionen des Fahrzeugbetriebs erfasst.
WtT Well-to-Tank, Teilsystem der Well-to-Wheel Analyse, die die Treibhausgasemissionen der Kraftstoffvorketten erfasst.
H2 Wasserstoff ("H2" = grch.-lat. für hydrogenium "Wassererzeuger") ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 1. Wasserstoff stellt sowohl bezogen auf die Masse (75%) als auch bezogen auf die Zahl der Teilchen (91%) das häufigste aller im All vorkommenden Elemente dar. Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas welches in der Natur aufgrund der hohen Reaktivität nicht in seiner elementaren Form vorkommt. Wasserstoff liegt gebunden in Form von Erdöl und Erdgas, in Mineralien, in Biomasse, aber vorwiegend in Form von Wasser vor. Wasserstoff ist somit ein Sekundärenergieträger (Energiespeicher)und muss erst aus den oben genannten fossilen oder nicht fossilen Primärenergieträgern unter Einsatz von zusätzlicher Energie hergestellt werden.
WtW Well-to-Wheel; Analyseverfahren, das zur Bewertung und zum Vergleich von konventionellen und alternativen Antriebstechnologien die vollständigen Kraftstoffzyklen erfasst. Das Gesamtsystem besteht aus den Teilsystemen Well-to-Tank und Tank-to-Wheel.
CO2-Äquivalent Das CO2-Äquivalent berücksichtigt die unterschiedliche Klimaschädlichkeit von Klimagasen und wird durch das Global Warming Potential (GWP) ausgedrückt. Methan (CH4) beispielsweise hat ein 21-fach höheres globales Erwärmungspotenzial als Kohlenstoffdioxid und dementsprechend ein CO2-Äquivalent von 21.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?332868

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 09:17:55