Technische Inkompatibilitäten im europäischen Schienenverkehr
Erstellt am: 05.07.2010 | Stand des Wissens: 23.09.2020
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Die Notwendigkeit zur Standardisierung im Fahrzeug- und Infrastrukturbereich von europäischen Bahnen wurde bereits früh erkannt, weshalb internationale Abkommen geschlossen worden sind. Die Vereinbarungen beziehen sich lediglich auf relevante Parameter bei einem Wagenaustausch, das heißt auf die Spurweite, das Lichtraumprofil, die Kupplung, sowie die Bremse. In den folgenden Jahren konnte jedoch, aufgrund von unterschiedlichen Interessen, eine Abweichung von den Mindestanforderungen beobachtet werden [DVF97, S. 33 f.]. Somit lassen sich in der europäischen Schieneninfrastruktur weiterhin Inkompatibilitäten finden, welche einen reibungslosen, grenzüberschreitenden Schienenverkehr hemmen. So entwickelte jede Staatsbahn nach [PaFe09, S. 42; ERI04b; Pach10a; Pach03a; Pach03, S. 24 f.] isolierte Lösungen in Bezug auf
- die Traktionsenergie,
- den Zugfunk,
- die Leit- und Sicherungstechnik und
- die Fahrwege für unterschiedliche Radsatzlasten und Zuglängen.
Hinsichtlich der Schienenfahrzeuge konnten früh Wagenstandards festgelegt werden, welche einen freizügigen, transnationalen Übergang von Personen- und Güterwaggons zwischen den getrennten Netzen zuließen. Lokomotiven blieben von diesen Regelungen ausgenommen, welches sich in den staatsbahnspezifischen Alleingängen triebfahrzeugrelevanter Infrastruktur widerspiegelt [DVF97, S. 33f.]. Allerdings entwickelten zahlreiche europäische Bahngesellschaften seit den 1960er Jahren mehrsystemfähige Triebfahrzeuge, deren Bedeutung und Anzahl kontinuierlich zunimmt [Tiet04]. Dadurch können infrastrukturbedingte Kompatibilitätshemmnisse ausgeglichen werden. Unterschiedliche Bahnstromstandards beziehungsweise unterschiedliche Leit- und Sicherungseinrichtungen hervorgerufene Schnittstellen können mithilfe dieser Mehrsystemfahrzeuge, unter Vermeidung zeitintensiver Umrüstvorgänge passiert werden [Burm08a]. Beispielhaft für diese Entwicklung kann hier das Forschungsverbundprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) "TRANSEUROLOKS - Zugsicherung und Kommunikation für den durchgehenden grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr" angeführt werden [BMBF05b, S. 7ff.].
Seit den 1990er Jahren forciert die Europäische Union darüber hinaus eine Vereinheitlichung der technischen Schienenverkehrsinfrastruktur. 2008 fasste die EU-Kommission frühere Bestimmungen in einer Richtlinie über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der europäischen Gemeinschaft zusammen. Hierin wurden Regelungen in Bezug auf Bau, Inbetriebnahme, Erneuerung, Betrieb sowie Wartung des Systems getroffen. Weiterhin wurde die "Technische Spezifikationen für die Interoperabilität" (TSI) aufgestellt, welche von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen sind. Ein Kernpunkt ist dabei die Einführung des Eisenbahnmanagementsystems ERTMS, welches das einheitliche Zugsicherungssystem ETCS und das Kommunikationssystem GSM-R umfasst [Meye11; Pops11a; 2008/57/EGb]. Die Umsetzung der genannten Richtlinie in nationales Recht verläuft nur langsam. Gegen acht Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, musste die EU im November 2011 Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen, um diesen Prozess zu beschleunigen [EUKOM11j]. Im April 2017 ermahnte die EU Kommission Deutschland erneut zur Umsetzung der EU Schienenverkehrsrichtlinien in zwei Fällen. Deutschland verstieß hier insbesondere gegen die Richtlinie 2008/57/EG zur Interoperabilität. Diese Richtlinie soll dafür sorgen, dass Infrastruktur, Fahrzeuge, Signalgebung und weitere Systeme des europäischen Bahnsystems miteinander kompatibel sind. Im Detail kritisiert die EU Kommission, dass die Netze des Regionalverkehrs bezüglich der Interoperabilität ausgenommen sind [EuKo17d].
Seit den 1990er Jahren forciert die Europäische Union darüber hinaus eine Vereinheitlichung der technischen Schienenverkehrsinfrastruktur. 2008 fasste die EU-Kommission frühere Bestimmungen in einer Richtlinie über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der europäischen Gemeinschaft zusammen. Hierin wurden Regelungen in Bezug auf Bau, Inbetriebnahme, Erneuerung, Betrieb sowie Wartung des Systems getroffen. Weiterhin wurde die "Technische Spezifikationen für die Interoperabilität" (TSI) aufgestellt, welche von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen sind. Ein Kernpunkt ist dabei die Einführung des Eisenbahnmanagementsystems ERTMS, welches das einheitliche Zugsicherungssystem ETCS und das Kommunikationssystem GSM-R umfasst [Meye11; Pops11a; 2008/57/EGb]. Die Umsetzung der genannten Richtlinie in nationales Recht verläuft nur langsam. Gegen acht Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, musste die EU im November 2011 Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen, um diesen Prozess zu beschleunigen [EUKOM11j]. Im April 2017 ermahnte die EU Kommission Deutschland erneut zur Umsetzung der EU Schienenverkehrsrichtlinien in zwei Fällen. Deutschland verstieß hier insbesondere gegen die Richtlinie 2008/57/EG zur Interoperabilität. Diese Richtlinie soll dafür sorgen, dass Infrastruktur, Fahrzeuge, Signalgebung und weitere Systeme des europäischen Bahnsystems miteinander kompatibel sind. Im Detail kritisiert die EU Kommission, dass die Netze des Regionalverkehrs bezüglich der Interoperabilität ausgenommen sind [EuKo17d].