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Umwelt- und Klimaschutz in Seehäfen

Erstellt am: 25.05.2010 | Stand des Wissens: 28.10.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Seehäfen sind Wirtschaftskomplexe und Verkehrsknoten mit einer Vielzahl von nationalen und ausländischen Akteuren an der Schnittstelle zwischen Land und See. Daraus ergeben sich breit gefächerte Fragestellungen und Ansätze für den Umweltschutz.

Viele Probleme lassen sich wirksam nur durch internationale Übereinkommen regeln, daneben werden Regulierungen auf Ebene der EU, der Nationalstaaten und der territorialen Selbstverwaltung wirksam. Auf der untersten Ebene agieren die Hafenverwaltungen und die Unternehmen der Hafengemeinschaft.

Der Vielfalt an Umweltproblemen in den Seehäfen entspricht einer Palette von Ansätzen zur Reduzierung von Umweltbeeinträchtigungen. Die Einflussmöglichkeiten der Häfen sind dabei angesichts der Vielzahl der Akteure in einem Hafen oftmals beschränkt und erfordern für den Erfolg ein systematisches Umweltmanagement.

Grundsätzlich lassen sich folgende Handlungsebenen unterscheiden:
  • umweltrechtlich national und international vorgeschriebene Maßnahmen, wobei den Häfen oft eine wichtige Rolle bei der Umsetzung zukommt,
  • von Hafenverwaltungen getroffene Vorschriften und Regelungen zum Umweltschutz, die sowohl durch Verbote und Normen als auch durch wirtschaftliche Anreize durchgesetzt werden
  • technische und organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung und Beseitigung von Umweltbeeinträchtigungen,
  • strategische Planungen und Hafenentwicklung zur Minimierung von Umweltbelastungen [Wen08, S.31f.].
Die Aktivitäten zum Abbau von Umweltbelastungen aus dem Hafenbetrieb konzentrieren sich besonders auf die Seeschiffe als Hauptverursacher von Belastungen und Träger von Umweltrisiken. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei die Reduzierung von Emissionen aus dem Betrieb von Haupt- und Hilfsmaschinen bei den Manövern und während der Hafenliegezeit, für die in der Landstromversorgung ein Erfolg versprechender Ansatz gesehen wird, mit dem auch die Emission von Klimagasen reduziert werden kann.

Die World Ports Climate Initiative der International Association of Ports and Harbors IAPH verfolgt neben dem Landstromanschluss die folgenden Leitprojekte zum Klima- und Emissionsschutz:
  • Carbon Footprinting,
  • Umweltindex für Schiffe,
  • intermodaler Transport,
  • umweltorientierte Pachtverträge für Hafenanlagen,
  • Umschlaggeräte.
Umweltorientierte Hafenplanung und -entwicklung wirken sich langfristig auf die Reduzierung von Umweltbelastungen aus. Ohne eingehende Umweltverträglichkeitsprüfungen sind keine Hafenentwicklungsprojekte mehr denkbar und verschiedene Projekte scheiterten an Umweltrisiken (Southampton), unterlagen Einschränkungen (London Gateway Port; Ausbau Felixstowe) oder erfuhren wegen Umweltproblemen Zeitverzögerungen (Maasvlakte II, Rotterdam; Helsinki-Vuosaari).

Angesichts der Langlebigkeit von Hafeninfrastruktur und der langen Planungszeiten sind hier weit vorausschauende Planungen und politische Maßnahmen beispielsweise hinsichtlich der Reservierung geeigneter Hafenentwicklungsflächen auch unter dem Gesichtspunkt der Reduzierung beziehungsweise Minimierung von Umweltbelastungen vorzunehmen. Hafenplanung und -entwicklung sind dabei stets als Elemente und im Kontext der Stadtplanung zu betrachten [Daa07].

Um ökologische Beeinträchtigungen beim Hafenausbau gering zu halten, fließen bereits in die Kosten-Nutzen-Bewertung von Projekten ökologische Kriterien ein. Bei der Hafenentwicklung muss zum frühesten Zeitpunkt ein Umweltreview in den Planungsprozess einbezogen werden [HaTs00]. Außerdem ist bei Bauvorhaben dieser Größenordnung in der Regel eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen.
Um den Umwelt- und Klimaschutz in den deutschen Seehäfen zu gewährleisten, veröffentlichte der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe 2017 ein Positionspapier mit Maßnahmen und Forderungen. Darin wird unter anderem gefordert, vermehrt Forschung und Investitionen zu fördern und Infrastruktur auszubauen. Als konkrete Maßnahmen werden die Verbesserung der Energieeffizienz und Strom aus erneuerbaren Energien, die Nutzung von LNG, und Förderung von Elektromobilität genannt [ZDS17b].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Umwelt- und Klimaschutz im Seeverkehr (Stand des Wissens: 28.10.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?408691
Literatur
[Daa07] Daamen, Tom Sustainable Development of the European Port-City Interface, veröffentlicht in ENHR Conference 2007 June 25-28, Rotterdam, Rotterdam, 2007
[HaTs00] Haralambides, H., Tsolakis, S., Cheung Tam He, The global outlook of liner shipping and port networks in the information society of the 21st century, Alexandria, Egypt, 2000
[Wen08] Wenske, Christian Umweltmanagement in Seehäfen , veröffentlicht in Beiträge und Infomationen aus dem Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus an der Universität Rostock, 2008/09
[ZDS17b] Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V. (Hrsg.) Umwelt- und Klimaschutz in den deutschen Seehäfen: Maßnahmen und Forderungen der deutschen Seehafenbetriebe, 2017/01/05
Weiterführende Literatur
[Bahl04] Bahlke, C., Giercke, R., Schulz-Streeck, H., Umsetzung der Agenda 21 in europäischen Seehäfen am Beispiel Lübeck-Travemünde, o.A., 2004/12
Glossar
LNG
Liquified natural gas = Flüssigerdgas (CH4) wie es zum Beispiel in Fahrzeugen getankt werden kann. Durch Abkühlen auf -164 Grad Celsius schrumpft das Volumen auf ein sechshundertstel des Normvolumens. Damit erhöht sich der Energiegehalt bezogen auf das Volumen und somit zum Beispiel die Reichweite eines Fahrzeuges bei gleichem Tankvolumen. Für die aufwendige Verflüssigung werden circa 10 bis 25 Prozent der im Erdgas gespeicherten Energie aufgewendet, daher findet man im Straßenverkehr hauptsächlich compressed natural gas = komprimiertes Erdgas (CNG).
Elektromobilität
Die Elektrifizierung der Antriebe durch Batterie- und Brennstoffzellentechnologien. Im Kontext des "Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität" wird der Begriff auf den Straßenverkehr begrenzt. Hierbei handelt es sich insbesondere um Personenkraftwagen (Pkw) und leichte Nutzfahrzeuge, ebenso werden aber auch Zweiräder (Elektroroller, Elektrofahrräder) und Leichtfahrzeuge einbezogen.
Palette
Eine Palette ist ein Ladungsträger, auf dem eine größere Anzahl von Transportgütern zu gleichartigen (unifizierten) Ladungseinheiten zusammengefasst werden kann. Durch Normierung von Bauart und Größe jeweils verwendeter Paletten sowie korrespondierender Transport-, Umschlags- oder Lagersysteme lassen sich anfallende logistische Prozesse sowohl in zeitlicher als auch monetärer Hinsicht rationalisieren.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?319157

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 16:18:32