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Alternative Konzepte für den Horizontalumschlag im Kombinierten Verkehr

Erstellt am: 22.05.2010 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Zur Überwindung der Nachteile, die durch die Bauart der Niederflurwagen des Typs Rollende Landstraße (RoLa) verursacht werden, wurden für den Horizontalumschlag Straße - Schiene alternative Konzepte entwickelt. Neben den Vorteilen dieser Umschlagtechnologie - zum Beispiel Be- und Entladung unter Stromleitungen, Eignung für alle herkömmlichen Straßenfahrzeuge, die der Richtlinie [2002/7/EG] genügen - sollen sie unter anderem geringere Wartungskosten bieten.

Grundlage des Systems Modalohr sind Niederflurwagen mit drei Drehgestellen, zwischen denen herkömmliche Sattelauflieger oder Zugmaschinen in drehbaren Wagentaschen transportiert werden. Zur Be- oder Entladung werden die Wagentaschen in den Terminals mit ortsfesten Hub-Schwenk-Systemen entriegelt und zur Seite ausgedreht und von den Straßenfahrzeugen befahren [Lohr16]. Im Gegensatz zur Rollenden Landstraße ist es technisch möglich, sämtliche Wagen gleichzeitig zu be- oder entladen. Die Umsetzbarkeit hängt jedoch von der logistischen Organisation des Terminalbetriebs ab [BMBF05g]. Mit rund 380.000 Euro je Wagen sind die Investitionskosten im Vergleich zu Niederflurwagen des Typs Rollende Landstraße mehr als doppelt so hoch [Deut07a, S. 55]. Dem Vorteil der wartungsfreundlichen Standard-Raddurchmesser der Modalohr-Wagen (920 Millimeter) steht ein hohes Leergewicht von 42 Tonnen je Doppelwagen gegenüber [BAV03b, S. 12f.]. Zudem erfordern die Abmessungen der Wagentaschen einen getrennten Transport von Sattelauflieger und Zugmaschine [Lohr06a]. Das System Modalohr wird im Alpentransit zwischen Frankreich und Italien sowie auf der 1057 Kilometer langen Relation zwischen Bettembourg (LU) und Perpignan (F) eingesetzt.

Das Entwicklungsziel von CargoBeamer bestand darin, ein System für den Horizontalumschlag und Transport aller herkömmlichen Straßenfahrzeuge, Wechselaufbauten und Container zu schaffen [Schm09a]. Dadurch können weitere Marktbereiche für den Kombinierten Verkehr erschlossen werden. Die JetModules genannten Wagen, von denen erste Prototypen gebaut wurden, transportieren quer verschiebbare Waggonaufsätze. Darauf werden die eigentlichen Ladeeinheiten, beispielsweise Sattelauflieger, untergebracht. Angaben der Entwickler zufolge lassen sich die Gesamttransportkosten um etwa 20 Prozent je Kilometer senken [Beam10]. Ein weiterer Vorteil des Systems ist die Entkopplung der Be- und Entladung des Zuges mit den verschiebbaren Wagenaufsätzen und dem eigentlichen Umschlag der Sattelauflieger [BMBF05g, S. 55].

Die Systeme Modalohr und Cargobeamer eignen sich vor allem für große Verkehrsströme und längere Relationen [BMBF05g, S. 56].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Produktionskonzepte im Kombinierten Verkehr (Stand des Wissens: 12.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?321727
Literatur
[BAV03b] Müller, André, Neuenschwander, René, Lieb, Christoph Betriebs- und Investitionskostenvergleich zweier RoLa-Systeme, Bundesamt für Verkehr, Bern, 2003
[Beam10] o. A. Internetpräsentation des Unternehmens CargoBeamer AG, 2010
[BMBF05g] Oppel, Jens-Albert Ferry Rail Link - Teilprojekt RoRo-Rail, in: Innovationen für die Schiene , BMBF, 2005
[Deut07a] Deutsch, Andreas Modalohr - Neue Alternative im Kombinierten Verkehr?, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, DVV Media Group, Hamburg, 2007/06
[Lohr06a] o. A. Modalohr - Die Schiene wird zur Straße, Lohr S. A., Hangenbieten, 2006/03
[Lohr16] o. A. Die Terminals des LOHR-Systems, 2016
[Schm09a] Schmaldienst, Bernhard Alternative Umschlagtechniken für nicht kranbare Sattelauflieger, veröffentlicht in Österreichisches Verkehrsjournal, Wien, 2009/04
Rechtsvorschriften
[2002/7/EG] Richtlinie 2002/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
Glossar
Horizontalumschlag Beim Horizontalumschlag werden zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln Ladeeinheiten entlang der Waagerechten umgeladen, das heißt ohne sie in nennenswertem Umfang anzuheben.
Sattelauflieger Ein motorloses Fahrzeug für den Güterverkehr, das dazu bestimmt ist, so an eine Zugmaschine angekuppelt zu werden, dass ein wesentlicher Teil seines Gewichts und seiner Ladung von diesem Kraftfahrzeug getragen wird. Eine Anpassung der Sattelanhäger für die Verwendung im Kombinierten Verkehr kann erforderlich sein. Der Begriff Sattelanhänger wird im FIS synonym verwendet.
Hub Der Begriff Hub kommt vom englischen Begriff "Hub and Spoke", was im Deutschen "Nabe und Speiche" entspricht. Der Hub dient als Sammel- und Knotenpunkt für Hauptverkehrswegen für den Umschlag und die Zusammenfassung von Warenströmen in alle Richtungen, d.h. zur Warenübergabe an regionale Verteiler. Im Postwesen handelt es sich bei Hubs häufig um Paketzentren. Die Transportmittel zur weiteren Beförderung der Sendungen variieren (Schiffe, Flugzeuge, Lkw).
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Rollende Landstraße
Die Rollende Landstraße (RoLa) ist ein Produkt im Bereich des Schienengüterverkehrs. Sie stellt eine spezifische Form des begleiteten Kombinierten Verkehrs dar. Dabei werden Lastkraftwagen bzw. Sattelzüge mit Hilfe der Roll-On/Roll-Off-Technik auf einen Güterzug aus durchgehenden Niederflurwagen verladen und über eine bestimmte Strecke transportiert. Die Fahrer begleiten ihre Fahrzeuge i. d. R. in einem mitgeführten Reisezugwagen. In Europa wird die RoLa z. B. für alpenquerende Verkehre angeboten. Sie kann eine betriebswirtschaftliche und/oder ökologische Alternative zum Straßengütertransport sein.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?319134

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 16:37:14