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Organisatorische Zuordnung der Regulierung

Erstellt am: 26.03.2010 | Stand des Wissens: 16.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Infrastrukturwirtschaft und -management - Prof. Dr. Thorsten Beckers
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Im Hinblick auf die organisatorische Zuordnung der Regulierung kann grundsätzlich danach differenziert werden, ob die Regulierung auf einer zentralen oder dezentralen staatlichen Ebene verankert ist und ob eine sektorspezifische oder -übergreifende Organisation für die Regulierung verantwortlich ist.

Bei einer Ansiedlung der Regulierungskompetenz auf zentraler Ebene, das heißt in Deutschland auf Bundesebene, können grundsätzlich Skaleneffekte realisiert werden, insbesondere in Bezug auf das Know-how des Regulierers. Dies betrifft weiterhin den Aufbau einer (positiven) Reputation des Regulierers bezüglich seines Verhaltens, die die dazu bestehende Unsicherheit bei den beteiligten Akteuren (unter anderem die regulierten Unternehmen) und die damit einhergehenden Kosten verringert. Ferner vereinfacht eine zentrale Kompetenzzuordnung die Standardisierung der Regulierung, was ebenfalls zu einer Reduktion von (Transaktions-)Kosten beiträgt. Darüber hinaus kann generell eine höhere räumliche Konsistenz der Regulierung erwartet werden, das heißt das unter Berücksichtigung der Regulierungsziele beziehungsweise -prinzipien vergleichbare Sachverhalte zu entsprechend vergleichbaren Regulierungsentscheidungen führen. Für eine dezentrale Struktur, das heißt in Deutschland eine Regulierung auf Landesebene, sprechen in erster Linie höhere Vor-Ort-Kenntnisse des Regulierers.
Bei Flughäfen dürften insgesamt die identifizierten Vorteile einer zentralen Regulierungsverantwortung deren Nachteile deutlich überwiegen [MoKo16]. Insbesondere aufgrund der geringen Anzahl von Flughäfen, die bei einer dezentralen Lösung in die Zuständigkeit des jeweiligen Regulierers fallen, dürfte sich der mehrfache Aufbau von Regulierungs-Know-how nicht lohnen. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass sich die Flughäfen im Hinblick auf ihre Charakteristika oftmals signifikant unterscheiden, was das Problem der geringen Anzahl von Flughäfen pro Regulierer bei einer dezentralen Struktur verschärfen kann [MoKo16]. 

Eine sektorübergreifende Regulierungsbehörde kann Synergieeffekte in Bezug auf das Know-how mit der Regulierung in anderen Sektoren nutzen, was wiederum zu einer Reduktion der Transaktionskosten der Regulierung beiträgt [HaKr04]. Ferner dürfte die Gefahr von so genanntem "Regulatory Capture" beziehungsweise der Beeinflussung durch Stakeholder grundsätzlich geringer sein, da eine sektorübergreifende Organisation weniger anfällig für branchenspezifische Verflechtungen beziehungsweise Einflussnahme sein dürfte [HaKr04 und Hauc08]. Des Weiteren dürfte eine sektorübergreifende Organisation prinzipiell eher geneigt sein, ein Unternehmen aus der Regulierung zu entlassen beziehungsweise eine geringere Regulierungsintensität zu wählen, da sich ihre Existenzberechtigung nicht ausschließlich aus der sektorspezifischen Regulierung ergibt. Für eine sektorspezifische Organisation sprechen gegebenenfalls höhere sektorspezifische Kenntnisse. Allerdings dürfte das diesbezügliche Know-how insbesondere vom Umfang der personellen beziehungsweise finanziellen Ausstattung einer Organisation abhängen. Insofern könnten derartige Kenntnisse grundsätzlich auch in einer sektorübergreifenden Organisation aufgebaut beziehungsweise angesiedelt werden.

Insgesamt dürften die Argumente vielfach eher für eine sektorübergreifende Regulierungsorganisation sprechen, die dann auch für Flughäfen zuständig sein sollte.
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Flughafenregulierung (Stand des Wissens: 16.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?302668
Literatur
[HaKr04] Hacap, J., Kruse, J. Ex-Ante-Regulierung oder Ex-Post-Aufsicht für netzgebundene Industrien?, veröffentlicht in Wirtschaft und Wettbewerb, Ausgabe/Auflage Heft 3, 2004
[Hauc08] Haucap, J., Uhde, A. Regulierung und Wettbewerbsrecht in liberalisierten Netzindustrien aus institutionenökonomischer Perspektive, veröffentlicht in ORDO - Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, Ausgabe/Auflage Band 59, 2008
[MoKo16] Monopolkommission (Hrsg.) Hauptgutachten gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 GWB - Kapitel Flughafenregulierung, 2016/09/20
Glossar
Stakeholder Stakeholders sind alle internen und externen Personengruppen, die von den unternehmerischen Tätigkeiten gegenwärtig oder in Zukunft direkt oder indirekt betroffen sind. Gemäß Stakeholder-Ansatz wird ihnen - zusätzlich zu den Eigentümern (Shareholders) - das Recht zugesprochen, ihre Interessen gegenüber der Unternehmung geltend zu machen. Eine erfolgreiche Unternehmungsführung muss die Interessen aller Anspruchsgruppen bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.
Economies of Scale Economies of Scale treten auf, wenn die Produktionskosten pro hergestellter Einheit mit zunehmender Produktionsmenge abnehmen.
Economies of Scope
Economies of Scope sind Verbundeffekte beziehungsweise Synergieeffekte, die entstehen, wenn die Kosten für die gemeinsame Betreuung zweier zusammengeführter Segmente in einem Unternehmen niedriger ist als die zweier voneinander isolierter Segmente.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?302567

Gedruckt am Mittwoch, 24. April 2024 08:20:32